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082 - Die Zeit der Zwerge

082 - Die Zeit der Zwerge

Titel: 082 - Die Zeit der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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benommen und konnte nicht mehr schlichtend eingreifen. Ein Blutbad schien unvermeidlich. Als sich mein Blick wieder klärte und ich mich auf einen Dieb stürzte, um ihn daran zu hindern, einem Bettler den Schädel einzuschlagen, tat sich zu meinen Füßen auf einmal die Erde auf. Etwas wie ein Maulwurf kroch heraus. Aber das Tier hatte keinen Pelz, sondern eine menschliche Haut - eine Haut so dünn, daß man die Äderchen durchscheinen sah. Es wirkte harmlos, bis es sein Gebiß zeigte. Das Wesen stürzte sich auf den Bettler und biß ihn ins Hinterteil. Ich erschlug das Untier. Aber da kamen weitere aus dem Loch, und rundum entstanden Löcher in der Friedhofserde, und immer mehr solche Untiere stürzten ins Freie.
    Im Schein der Fackeln waren die Bestien nicht genau zu erkennen, so daß ich nicht alle beschreiben kann, aber eines ist gewiß: keiner dieser Kobolde sah so aus wie der andere, jeder unterschied sich vom anderen - und irgendwie wirkte jeder menschlich. Ja, wirklich, Herr, sie sahen alle wie kleine Menschlein aus.
    Diese Untiere schwärmten aus und fielen wahllos über Bettler und Diebe her. Zuerst erkannte keine der beiden Parteien die Gefahr, und als ich sie schließlich darauf aufmerksam machen konnte, daß ihr eigentlicher Feind aus den Tiefen des Friedhofs kam, waren etliche Bettler und Diebe bereits eine leichte Beute für die Kobolde geworfen. Die Kobolde fraßen ihre Opfer bei lebendigem Leibe auf.
    Ich hatte mir eine handliche Schaufel ergriffen und erschlug die Bestien reihenweise. Aber sie schienen nicht weniger zu werden. Kaum drehte ich mich um, da fielen sie über mich her. Ich erdrückte ein halbes Dutzend, indem ich mich einfach rückwärts gegen einen Grabstein fallen ließ. Dennoch bekam ich unzählige Wunden ab. Aus meiner Hinterbacke haben sie mir ein faustgroßes Stück Fleisch herausgerissen.
    Dann entsann ich mich Eures Rates, Herr, daß man Dämonen und deren Geschöpfe am besten mit Feuer ausrotten kann. Ich sammelte also einige mutige Bettler und Diebe um mich, und wir legten Feuer rund um die Stelle, aus der die Kobolde geschlüpft waren. Es war ein kreisrunder Platz mit etwa zehn Armlängen Durchmesser. Ich schickte Männer aus, die Kessel mit Pech holen sollten. Die Kessel hingen wir über das Lagerfeuer. Als das Pech zu brodeln begann, schütteten wir es über die aufgewühlte Erde. Und es drang durch die Löcher, aus denen die Kobolde ins Freie gelangt waren und durch die sie sich wieder in ihre Verstecke zurückgezogen hatten. Das war ein Fest, zu sehen, wie das siedendheiße Pech in die Friedhofserde einsickerte, und zu hören, wie es brutzelte, als das Pech die Kobolde erreichte. Diese schrien fürchterlich, und es stank bald nach ihrem verbrannten Fleisch.
    Endlich kamen sie wieder aus ihrem Versteck gekrochen und versuchten, dem brodelnden Pechsee zu entfliehen, indem sie durch den Flammenkreis sprangen. Doch die wenigen, die nicht im Pech geschmort wurden, kamen in den Flammen um.
    Wir haben die Brutstätte der Kobolde ausgeräuchert. Aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen, daß uns nicht schon zuvor einige entkamen und in die Stadt geflüchtet sind. Wer kann wissen, ob sich diese nicht vermehren und bald schon zu einer neuen Plage für Paris werden? Wie dem auch ist - Bettler und Diebe haben geschworen, in den nächsten Tagen nicht auf Beutezug zu gehen, sondern statt dessen die finsteren Winkel von Paris zu durchkämmen und jeden Kobold, den sie aufstöbern, mit Pech und Schwefel zu vertilgen.
    Und so gesehen, hat diese Geschichte auch noch eine Moral: Denn Bettler und Diebe liegen einander nicht mehr in den Haaren, und der krumme Soisson und Narbengesicht Becheres streiten nicht mehr um die Regentschaft, weil sie erst einmal den gemeinsamen Feind bekämpfen müssen, auf daß nicht etwa die Kobolde die Herrschaft über die Unterwelt von Paris übernehmen."

    Das Unheil warf seine Schatten voraus.
    Am 22. August, also zwei Tage vor der Hochzeit zwischen dem hugenottischen Heinrich von Navarra und Katharinas Tochter, wurde das Gerücht laut, auf Admiral Coligny, den Führer der Hugenotten, sei ein Mordanschlag verübt worden, der jedoch fehlschlug. Es war ein offenes Geheimnis, daß die Königsmutter dahintersteckte. Sie hatte nun eine Untersuchung gegen ihre Person zu befürchten, was sehr peinlich für Katharina von Medici werden konnte.
    Ich erinnerte mich der Prophezeiung des Astrologen Bourgogne, der dieses Attentat vorausgesagt hatte: „… Zwei Tage vor

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