082 - In den Katakomben der Gräfin Redziwihl
und nachweislich
einst existierenden, in Hälse beißenden Blaublütlers interessiert. Er versprach
sich davon den größten Publikumsund Werbeeffekt.
Alan W.
Cromewell machte es zu schaffen, daß sein Konkurrent eine Reise anbot, die er
nicht im Programm hatte. Zwar unternahm er auch Gespenstertouren nach Irland,
England und Schottland, aber das war wohl nicht das Richtige gewesen.
Die Leute
erwarteten mehr, und Draculas Schloß besaß zweifellos die größere
Anziehungskraft.
Cromewell
hatte sich Schriften besorgt, um in der Geschichte des alten Europa zu
schnüffeln. Da gab es manches Bemerkenswerte. Er sagte sich, daß es doch etwas
geben müsse, was noch blutrünstiger war als Dracula. Und er fand es! In einem
alten Buch stieß er auf die Legende von Silvia Gräfin Redziwihl und deren
Blutschloß. Er ließ nachprüfen, ob es dieses Schloß wirklich gegeben habe. Und
dem war so!
Cromewells
Maschinerie begann zu laufen. Er ließ seine Verbindungen spielen und das Schloß
der legendären Gräfin ausfindig machen. In Rumänien war die Ruine Prota, die
vor mehr als dreihundert Jahren laut Chronik niederbrannte - sehr gut bekannt.
Cromewell
schickte seine Reisespezialisten los, um alles in Erfahrung zu bringen, und um
eine Aktion zu starten, die Rolands Horror-Tour zum Grafen Dracula in den
Schatten stellte.
Über das
geheimnisreiche Schloß Prota gab es viele Aufzeichnungen.
Der
Reiseunternehmer erfuhr, daß man sich von diesem Anwesen weitaus mehr erzählte,
als die Chronik vermittelte. Die Gräfin Redziwihl sollte es tatsächlich gegeben
haben.
Cromewell
lachte sich ins Fäustchen, als er merkte, daß sich hier ein wahrer Knüller
ankündigte. Sein ärgster Konkurrent - Roland - war zu sehr an der Oberfläche
geblieben. Der Name Dracula hatte ihm genügt. Aber mit der Gräfin Redziwihl
konnte man noch mehr anfangen. Ihr Leben war noch geheimnisvoller. Was sich
nach ihrem Tod innerhalb der Ruinen, Jahrhunderte später abgespielt hatte,
füllte allein eine ganze Bibliothek schwarzer Literatur.
Man erzählte
sich haarsträubende Geschichten von ihr. Es wurde behauptet, daß rund ein
Jahrhundert nach den nie geklärten Vorfällen auf dem Schloß drei Männer spurlos
verschwanden, die Näheres hatten entdecken wollen. Und das, was immer
angenommen wurde, fand man schließlich. Aber erst in diesem Jahrhundert, im
Jahr 1912: die Katakombe mit den Särgen!
Aber die
Experten aus dem Ausland konnten nur feststellen, daß offensichtlich schon
andere Menschen vor ihnen hiergewesen waren. Verzierungen an den Sarkophagen und
Bronzesärgen waren abgebrochen und entfernt worden. Immer wieder hatte es
Abenteurer angelockt, die den sagenhaften Schatz an Schmuck und Perlen zu
finden hofften, den die unheimliche Gräfin angeblich besessen hatte.
Die
Untersuchungsgruppe öffnete einige Särge und fand darin die Skelette. Eindeutig
schien damit festzustehen, daß die Vermutungen Mitte des 17. Jahrhunderts im
Dorf Merdagve zu Recht bestanden hatten. Danach soll die geheimnisvolle
Schönheit die Männer auf ihr Schloß gelockt und getötet haben.
Die
Forschungsgruppe stellte aus guten Gründen ihre Arbeit ein. Der Schacht zu den
Katakomben, der schon immer offen gestanden und im Lauf von drei Jahrhunderten
nur von einer dünnen Erdschicht und Pflanzenwuchs überdeckt worden war, blieb
erhalten.
Auch die
Sarkophage ließ man laut diesem verbrieften Bericht an Ort und Stelle. Man
vermutete, daß die Männer irgendein Erlebnis hatten, das so gräßlich oder so
durchdringend gewesen war, daß sie den unheiligen Ort verließen und nie wieder
dorthin zurückkehrten.
Von
rumänischer Seite wurde nicht versucht, Licht in das Dunkel dieser Geheimnisse
zu bringen. Eine tiefe Ehrfurcht - fast Angst - saß im Herzen dieses Volkes.
Das Leben der blutrünstigen Gräfin hatte seine Spuren hinterlassen. Die
Einheimischen wollten dort nicht arbeiten. Jeder, der Näheres wußte, machte einen
Bogen um dieses verfluchte Schloß.
Aber gerade
diese Geheimnisse um die Gräfin Redziwihl und Schloß Prota waren dazu angetan,
Alan W. Cromewells Stimmung anzuheben.
Je mehr
Unsicherheitsfaktoren, desto besser. So etwas zog. Das mußte man ausnutzen.
Die Ruine
Prota war auf der gängigen Karte nicht eingetragen. Auch das imponierte
Cromewell.
Er besorgte
sich heimlich eine Lizenz, die ihm die Erlaubnis zusicherte, Touristenführungen
durch das Schloß und die Katakombe zu machen. Für eventuelle Zwischenfälle mußte
er die Verantwortung
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