0825 - Feuertraum
Zamorra.«
»Hat er eine Handynummer zurückgelassen oder eine andere Kontaktmöglichkeit?«
»In der Tat.« William fasste in die Tasche seines Anzugs und beförderte einen Zettel ins Freie.
»Wann werde ich jemals zur Ruhe kommen?« Zamorra seufzte theatralisch, schnappte sich das Blatt und ging in Richtung Telefon.
Es läutete nur zweimal durch, ehe sich der andere meldete. »Feeney.« Eine angenehm melodiöse Stimme.
»Professor Zamorra hier. Mein Butler teilte mir mit, dass Sie mich zu sprechen wünschten.«
»Ah, Monsieur Zamorra! Ich danke für Ihren Rückruf!« Er sprach fließend Französisch, jedoch mit einem merkbar britischen Akzent. »Ich fertige eine Doktorarbeit über den Verlauf der Loire an, und ich besuche auch alle Schlösser entlang der für mich wichtigen Strecke.«
Zamorra brummte etwas Zustimmendes. Das konnte noch nicht alles sein, denn Feeney hatte sich gezielt nach Andrew erkundigt - und das, obwohl Andrews Wohnsitz keinesfalls offiziell das Château Montagne war. Im Grunde genommen wusste niemand, wo Andrew sich zurzeit aufhielt. Eigentlich konnte es auch kaum jemanden geben, der nach ihm suchte… Andrew hatte seit Jahrhunderten einsiedlerisch und zurückgezogen gelebt und danach längere Zeit in Merlins unsichtbarer Burg Caermardhin verbracht; nicht gerade die Art von Lebenslauf, der Anrufe von alten Freunden erwarten ließ.
»Aber ich will ehrlich zu Ihnen sein, Monsieur. Ich möchte eigentlich Andrew Millings sprechen. Ich denke, er wird mich empfangen, wenn er weiß, worum es geht. Ich kenne ein Geheimnis aus seiner Vergangenheit.«
Zamorra pfiff leise durch die Zähne, und er sah, wie Andrews Augen sich verengten. Über Lautsprecher hörte der Freund alles mit. »Sind wir hier in einem Krimi?«, fragte der Parapsychologe. »Wollen Sie Andrew damit erpressen, dass er einst eine schmutzige Affäre hatte?«
Ein leises Lachen. »Ich bitte Sie, Monsieur! Ich bin nicht Ihr Feind, ganz im Gegenteil. Ich möchte Sie bitten, mich zu treffen. Bringen Sie Monsieur Millings mit. Ich wollte mir ohnehin ein Bier in der Dorfgaststätte genehmigen…«
»Können sie ins Château kommen?«, bat Zamorra. Es war ihm wichtig, für das anstehende Gespräch eine geschützte Atmosphäre zu besitzen. Außerdem konnte man nie wissen, um wen es sich bei Ron Feeney handelte… möglicherweise war er ein getarnter Dämon. Es wäre nicht das erste Mal, dass seine Feinde ihn oder einen seiner Mitstreiter in eine Falle locken wollten. Die magische Schutzglocke um das Château würde für jede schwarzmagische Kreatur oder jeden von einem Dämon Beeinflussten ein unüberwindbares Hindernis darstellen; zugleich also ein effektiver Test für die Gesinnung Feeneys.
»Gerne«, antwortete der Gesprächspartner. »Ich werde in wenigen Minuten dort sein.«
»Ich bin gespannt«, erwiderte Zamorra und beendete die Verbindung. »Ein Geheimnis aus deiner Vergangenheit«, sagte er zu Andrew. »Worum kann es sich handeln?«
Andrew hob ratlos die Schultern. »Tausend Dinge sind möglich, jedes gleich wahrscheinlich. Ich kann nichts dazu sagen. Du weißt, wie lange ich als Dämonenjäger tätig war. Im Laufe der Zeit ergeben sich vielerlei… Geheimnisse.«
***
»Täusche sie!«, sagte die weißhaarige Dämonin erneut eindringlich. »Schleiche dich in ihr Vertrauen ein. Schlag nicht einfach blind zu… das haben schon zu viele versucht. Erst wenn sie arglos sind, töte Andrew und dann die anderen.«
»Woher weiß ich es, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist?«
»Ich habe dir eine Gabe mit auf den Weg gegeben. Lies die Gedanken von Andrew Millings, und du wirst den Zeitpunkt nicht verpassen.« Ihr kam eine Idee. »Doch erst erzähle ihm meine Geschichte, die du kennst, seit mein Feuer in dich geflossen ist! Forsche in seinen Gedanken, was er noch darüber weiß… was er über meinen Gefährten weiß…«
***
Zamorra ging selbst zum Schlosstor und wartete draußen auf Ron Feeneys Ankunft. Als dieser eintraf, überquerte er die unsichtbare Linie, an der jeder Schwarzmagische unwiderruflich gescheitert wäre, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Feeney schien sie nicht einmal wahrzunehmen.
Es gab also kaum einen Zweifel. Der Besucher war ein Mensch. Was allerdings nicht notwendigerweise bedeutete, dass er ihnen wohl gesonnen war.
An die zeitweise Durchlässigkeit der Abschirmung dachte Zamorra jetzt nicht. Er hatte die Zaubersymbole ja erst heute überprüft, welche die Schutzkuppel aufrecht
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