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083 - Das Ende der Unschuld

083 - Das Ende der Unschuld

Titel: 083 - Das Ende der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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oder…«
    »Verzeiht!« Einer der Narod’kratow verbeugte sich tief; nicht vor dem Ältesten der Seher, sondern vor Bulba’han. Der registrierte es wohlwollend. »Verzeiht, Schwertkrieger. Taqua’floydan ist erregt, müsst ihr wissen. Nehmt ihm sein Geplapper nicht übel. Wie geht es der Sippe? Wie dem Stamm und den Geschäften? Ihr kommt sicher von weit her…«
    »Geplapper?« Taqua’floydan schnitt eine wütende Miene.
    »Ich spreche vom Untergang der Welt…!« Der kleine verwachsene Maulwurfsmann schob ihn einfach beiseite. Unbeirrt spulte er seine Phrasen ab. »Woher kommt ihr? Wohin führt euch der Weg? Ich hoffe, es geht euch wohl, Schwertkrieger…«
    Ein fahriges Begrüßungsritual, alles andere als stilecht, aber immerhin - der Narod’kratow gab sich Mühe. »Es geht mir wohl«, sagte Bulba’han. »Und die Vorratskammern meiner Sippe sind voll…« Er beantwortete die Fragen des Zwerges knapp aber höflich.
    »Die Welt geht nicht so schnell unter, Schwertkrieger, die Macht im See möge es verhüten«, sagte der Narod’kratow.
    »Wir sprechen euch an, weil wir in Schwierigkeiten stecken.«
    »Welcher Art? Rede.«
    »Wir waren auf der Heimfahrt vom Markttag in Ma’an’tschech, als wir auf See die Lesh’iye mit dem Grünen Eisenherz sichteten. Dann sahen wir die Schiffe der Rriba’low vor Anker liegen und entdeckten das Lager. Einen halben Mond ist das her. Wir gesellten uns zu ihnen, und ich wettete einen halben Laderaum Erzbarren gegen zwanzig Sklaven, dass die Welt noch lange nicht untergeht. Deswegen bin ich noch hier. Vor zwei Tagen nun wurde einer meiner neuen Sklaven wahnsinnig. Einer aus dem Volk der Geistmeister, ihr wisst schon.« Er drehte sich um und deutete zurück zum Getümmel am Strand. »Der dort oben auf dem Felsvorsprung steht.«
    »Wahnsinnig?« Bulba’han fiel auf, dass die Musik verstummt war. »Was tut er Wahnsinniges?«
    »Unseren Frauen setzt er nach, meine sämtlichen Sklaven hat er befreit, die meisten Geistmeister wie er selbst. Er verrät meine Gedanken, die Gedanken aller verrät er!« Der verwachsene Zwerg kam noch einen Schritt näher und senkte die Stimme. »Er lässt Schuhe, Kleider, Zelte umherschweben und Flammen auflodern. Und als er dich sah, weißt du, was er sagte?«
    Der lederhäutige Zwerg plapperte nicht weniger als der Fischer. Bulba’han wusste nicht, worauf das alles hinauslaufen sollte. Er hatte gute Lust, den Narod’kratow und seine Begleiter links liegen zu lassen und einfach weiter zu gehen.
    Warum er es nicht tat? Später, als es kein Zurück mehr gab, fragte er sich das auch.
    »Sprich und dann geh!«, sagte Bulba’han mit kalter Stimme.
    Der Narod’kratow zuckte zusammen, sah sich Hilfe suchend nach seinen Gefährten um, erntete aber nur einen spöttischen Blick des Fischers, der sich Taqua’floydan nannte.
    Trotzdem redete er weiter. »Mur’gash sagte: ‚Seht nach Sonnenaufgang. Dort kommen die Schwertkrieger, und unter ihnen ist einer, der auf Bluterde gekämpft und gesiegt hat.’« Der Narod’kratow schluckte. Halb lauernd, halb ängstlich hingen seine großen, schwarzen Augen an Bulba’han. Als er dessen versteinerte Miene sah und merkte, dass seine Worte den fremden Schwertkrieger beeindruckten, wagte er es fortzufahren.
    »Und wisst ihr, was er dann sagte? Er sagte: ,Bringt ihn her zu mir, den Sieger auf Bluterde! Wenn er mich besiegt, will ich wieder Sklave sein. Wenn ich ihn besiege, seid ihr meine Sklaven.’ Ja, Schwertkrieger, genau das sagte Mur’gash, so heißt der wahnsinnige Sklave.«
    Er verbeugte sich ein paar Mal, hielt die zusammengelegten Handflächen vor die Brust und versuchte zu lächeln. »Wärt ihr so liebenswürdig, ihn zu töten, Schwertkrieger? Ich schenke euch auch zehn Barren Erz und einen Sklaven eurer Wahl.« Bulba’han stand starr, als füllten zehn Barren Erz seinen Brustkorb und seinen Schädel aus. Woher wusste der Geistmeister von seinem Sieg auf Bluterde? An seinen Fähigkeiten, Gedanken zu lesen, konnte es nicht liegen.
    Bulba’han wusste genau, woran er die ganze letzte Stunde gedacht hatte: an Tata’ya, an ihre Küsse, an ihre Brüste, an ihre Schenkel. Daran und an sonst nichts.
    Neben ihm räusperte sich der Älteste der Seher. Der Greis stellte sich auf die Zehenspitzen und beugte sich an Bulba’hans Ohr. »Das ist eine Herausforderung zum Kampf«, flüsterte er.
    »Wer jemals Bluterde als Sieger verlassen hat, muss jede Herausforderung annehmen. So will es das altehrwürdige Gesetz der

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