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083 - Das Ende der Unschuld

083 - Das Ende der Unschuld

Titel: 083 - Das Ende der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Verlangen.
    Ein Gedankensplitter aus der Aura der ungeduldigen Lan berührte den Sol. (Er sieht fast wie unsere ehemaligen Körper aus, Ora’sol’guudo!)
    (Sieh hin, Liob’lan’taraasis, sieh hin und warte es ab.) Die Gestalt des Bildes veränderte sich: Die schwarzgrüne, großschuppige Haut färbte sich heller, die Schuppen wurden kleiner, der halslose, spitze Schädel kürzer und runder, die große Rückenflosse schrumpfte und der Hinterleib teilte sich zu zwei Beinen. Ein Hals bildete sich, ein Gesicht, das an jene der Primärrasse erinnerte, und bald schimmerte die Haut silbrig-weiß, von winzig kleinen Schuppen bedecktet wie von einem geschmeidigen Kleid.
    So schwebte er ein paar Augenblicke durch das Lauschen der vereinigten Auren. Von allen Seiten wogten Bilder voller Staunen durch die Aura des Sol, und auch Ora’sol’guudo selbst konnte sich nicht satt sehen an der Matrize des Pilotmodells.
    (Fünfhundertsieben Gestirnumkreisungen!) Bilder aus der langen Schaffenszeit lösten sich aus den Tiefen seiner Speichereinheit und brandeten in die Auren der anderen.
    (Fünfhundertsieben Gestirnumkreisungen lang haben wir an ihm gearbeitet!)
    Es waren Bilder der unzähligen biotischen Modelle, die sie während der globalen Synapsenblockade erdacht und erschaffen hatten: Primärrassenvertreter, Reptilien, Fischwesen, Insekten, verwachsene, knotige Gestalten, die in der Erde nach Metall gruben, Telepathen und Telekineten, und wieder Reptilien, und wieder Primärrassenvertreter: grauhäutig und knochig, oder dünn und gestreckt, als hätte man sie in die Länge gezogen. Und dann noch einmal groß und leuchtend das biotische Pilotmodell.
    (Das Ziel, meine Berufenen!) Ein Empfindungsstrom, der ihn selbst erhitzte und erregte, löste sich aus Ora’sol’guudos Aura und berührte die anderen: Stolz. Er ließ es geschehen.
    (Fünfhundertsieben Gestirnumkreisungen gegrübelt und gespielt, Neuronen verknüpft und Gen-Codes kombiniert.
    Fünfhundertsieben Gestirnumkreisungen gewartet und gehofft.
    Und nun seht ihn euch an - er ist das Ziel.) (Wie lange noch, Ora’sol’guudo!?) Die Lan aus der symbiotischen Einheit der Liob stimmte den immer gleichen Fragechor an, und alle anderen fielen nacheinander ein, bis sämtliche Auren ihn berührten und bedrängten.
    (Nur noch ein kleiner Schritt, bis er dir gehört, Liob’lan’taraasis. Nur noch den Bruchteil einer Gestirnumkreisung, bis wir mit diesem Modell bekleidet den Zielplaneten zu einem Spielplatz unserer Wünsche gestalten werden. Denkst du noch an unseren Aufbruch von Daa’mur?) (O ja! Wie könnte ich Daa’mur vergessen? Wie die schmerzlichen Gestirnumkreisungen, als wir die Wandler aus der Lava schufen und immer mehr von uns erst ihren Körper und dann die Heimat verließen?) Bilder- und Empfindungsströme voller Sehnsucht und Verlangen pulsierten aus der Aura der Lan.
    (Gemessen an der Zeit, die seit damals vergangen ist, braucht es weniger als den Moment zwischen zwei Pulswellen deiner Aura, bis du durch seine Augen blicken, mit seinen Händen greifen und mit seinen Beinen gehen wirst, wohin du willst.)
    Genug. Die Aufgabe rief, die nächste Kontrollphase. Das Bild des Zielmodells verblasste, der silbrig schimmernde Körper streckte sich, wand sich, zog sich zu einer Kugel zusammen. Und dann erlosch das Bild.
    Das war die Zeit, als das Muttermodell in die Seitenkammer des Brutlabors verschwand, um seinen Hunger zu stillen.
    Später sank das Gestirn des Zielplaneten. Die biotischen Modelle erster Ordnung - eine ausnehmend gut gelungene Wassergattung, die auch fliegen konnte -brachte den neunundvierzigsten Berufenen, einen Sil aus der symbiotischen Einheit der Est.
    (Willkommen im Kreis der Berufenen, Est’sil’bowaan), begrüßte ihn der Sol. Und aus den Auren der anderen pulsierte es erregt: (Willkommen am Ziel, Est’sil’bowaan!)
    ***
    Tata’ya…
    Kein Schlaf, kein Ausruhen. Bulba’han wollte nach Hause.
    Tata’ya…
    Nicht länger durfte Ungewissheit sie quälen, nicht länger wollte er warten, bis er sie endlich unter den Augen der Seher und Ältesten in seine Hütte führen konnte; oder in Mir’puts Haus. In Mir’puts ehemaliges Haus.
    Er gönnte sich und den Zeugen und Sehern eine kleine Mahlzeit, danach gebot er das Lager abzubrechen und den Heimweg anzutreten.
    Einer, der Bluterde lebend und als Sieger verlassen hatte, durfte gebieten unter den Schwertkriegern.
    Noch in den Morgenstunden verbrannten sie Mir’puts Leiche an der Stelle, wo er

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