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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Sie Mr. Wade?« Der Inspektor nickte. Sie zögerte einen Moment. »Warten Sie«, sagte sie dann und ging hinaus.
    Es dauerte ein paar Minuten, bis Lila kam. Als sie vor Wade stand, konnte er es kaum fassen, daß sie es war. Keine Spur mehr von der Magd mit den schiefgelaufenen Absätzen. Aschenputtel war erstaunlich gut angezogen und trug hübsche Schuhe.
    »Hallo, Lila«, sagte er, und dann sah er ihr Gesicht. Sie hatte geweint. Bevor er eine Frage stellen konnte, kam sie hastig ans Fenster und legte ganz unerwartet ihre kühle Hand auf die seine.
    »Sie dürfen nicht bleiben, bitte!« sagte sie leise. »Mrs. Oaks ist nicht zu Hause. Es geht mir gut, ich werde eine Schule besuchen, um Deutsch und Französisch zu lernen.« Sie sprach rasch, beinahe mechanisch. Er hatte den Eindruck, daß sie etwas Auswendiggelerntes wiederholte. »Was für eine Schule?« fragte er sofort. Lila schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Sie ist in Frankreich, glaube ich. Ich habe Mutter Oaks versprochen, nicht mit Ihnen zu reden, aber ich mußte es einfach tun. Deshalb bat ich das Mädchen, mir Bescheid zu sagen, sobald Sie kämen. Sie haben mich neulich abends gesehen?« Wade nickte.
    »Das war ›das Erlebnis‹. Es war albern von mir, ein solches Geheimnis daraus zu machen, nicht wahr? Aber ich mag es nicht besonders gern, es macht mir Angst. Ich weiß nicht, warum.«
    Immer wieder wandte sie den Kopf und lauschte angestrengt. »Was hat das alles zu bedeuten, Lila? Wer ist ›Mr. Brown‹?« »Ich weiß nicht. Er ist immer sehr lieb zu mir, aber ich fürchte mich entsetzlich vor ihm. Halten Sie das für möglich? Früher hab ich es einfach herrlich gefunden, die schönen Sachen anzuziehen. Doch das letzte Mal, da. ..« Lila schüttelte den Kopf. »Ach, ich weiß nicht, ich hatte eben Angst, glaube ich.« »Wer ist er?« Sie holte tief Atem. »Mutter Oaks sagt, es sei ein Verwandter von mir, und wahrscheinlich stimmt das auch.« Wade überlegte einen Augenblick. »Wäre es möglich, daß wir uns irgendwo allein treffen? Wenn ich eines Abends auf die Werft käme ...« »Nein, nein, nein!« wehrte sie fast leidenschaftlich ab. »Sie dürfen am Abend nicht herkommen!« Sie wußte etwas, vor dem sie sich noch mehr fürchtete als vor dem »Erlebnis«. Etwas, das ihr echte Angst einjagte. »Sie dürfen nicht herkommen! Versprechen Sie es mir?« »Und wenn Sie zu mir kämen? Gehen Sie nie allein aus?« Lila zögerte.
    »Sie könnten mir eine kurze Nachricht schicken. Mir wäre jeder Treffpunkt recht.« Sie sah ihn fest an. »Warum?« Die Frage machte ihn unsicher, denn er wußte nicht, was für einen Vorwand für dieses heimliche Rendezvous er ihr nennen sollte. Die Erklärung, die eigentlich auf der Hand gelegen hätte, fiel ihm nicht ein. »Ich möchte Ihnen helfen, Lila, möchte etwas für Sie tun, ich denke nämlich, daß Sie Hilfe brauchen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, daß Sie das können — und ich möchte mich auch nicht mit Ihnen treffen.« Das Sprechen fiel ihr schwer, sie war außer Atem, sah blaß und müde aus.
    »Wissen Sie, wo ich wohne?« fragte Wade. »Ja, das weiß ich.« Sie sah ihm in die Augen. »In dem kleinen allein stehenden Haus. Man kann über das Flachdach der Küche einsteigen, und am Ende des Gartens ist ein alter Brunnen.«
    Er sah sie sprachlos an, und plötzlich machte sie kehrt und lief aus dem Zimmer.
    Leise vor sich hinpfeifend, wanderte Inspektor Wade gemächlich den Pier entlang. Das flache Küchendach und das Fenster darüber hatten ihm schon oft Sorgen gemacht. Dort konnte man wirklich leicht bei ihm eindringen. Er hatte geglaubt, niemand wisse von dem Brunnen hinten im Garten, der schon zu Lebzeiten seines Vaters mit dicken Eichenplanken abgedeckt worden war. Später harte sein Vater dort ein Beet angelegt. Wade ahnte, warum Lila ihm eine so genaue Beschreibung geben konnte. Sie mußte sie von jemanden gehört haben, der einen guten Grund hatte, sich das Haus und den Garten ganz genau anzusehen.
    Wade ließ die Barkasse eine halbe Meile stromaufwärts fahren, stieg dort aus und ging zu Fuß zurück zum »Mekka«-Club. Der Club hatte einen winzigen Vorgarten mit zwei uralten Holzbänken. Dort saßen fast zu jeder Tageszeit zwei oder drei Offiziere der Handelsmarine, die keine Heuer gefunden hatten, mit ihren Freunden. Sie musterten Wade gelangweilt, als er an ihnen vorüber ins Haus ging und den alten Pförtner fragte, ob Mrs. Oaks zu Hause sei.
    »Ja, Inspektor, sie ist eben

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