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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Licht. Sie waren in der Mitte des Flusses, als sein Sergeant ihm scharf ins Ohr flüsterte: »Ein Boot legt vom Kai ab.« Der Beamte hatte ungewöhnlich scharfe Augen. Er sah im Dunkeln, was für die meisten Menschen unsichtbar war, und es dauerte ziemlich lange, ehe Wade die dunklen Umrisse eines Bootes entdeckte, das sich quer über den Fluß davonschleichen wollte. Es war ein Boot von ganz ungewöhnlicher Länge, und obwohl es inzwischen bis auf fünfzig Meter herangekommen war, hörte er kein Motorengeräusch, sondern nur ein leises Summen, das erst jetzt deutlicher wurde. Ein sehr starkes Elektroboot, dachte Wade und ließ beidrehen, um es abzufangen. Erst in diesem Moment wurde ihm bewußt, wie außerordentlich schnell es war. Rascher als er denken konnte, raste es auf sie zu, er sah die breite V-förmige Bugwelle heranrauschen und schrie eine Warnung. Es war kein Unfall. Der schnittige Bug rammte sein Heck, und hätte er sich nicht an der Reling festgehalten, wäre er über Bord gegangen. Die Motoren der Barkasse setzten sofort aus, und sie begann stark zu schlingern. Alles ereignete sich innerhalb weniger Sekunden. Das unbeleuchtete Boot raste vorbei, und Wade erhaschte einen flüchtigen Blick auf das Gesicht eines Mannes, der auf dem Brunnendeck — dem versenkten Teil des Oberdecks — saß und von dem nur der Kopf zu sehen war. Es war Aikness.
    Captain Aikness, der in diesem Moment irgendwo auf hoher See sein sollte. Wade blieb jedoch keine Zeit, sich zu wundern. Das Heck der Barkasse war schon unter Wasser. »Wir haben ein Leck«, sagte eine atemlose Stimme neben ihm. »Wir sinken!« Auf den beiden anderen Barkassen war die Kollision natürlich nicht unbemerkt geblieben. Die nächste kam mit aufheulendem Motor angerast, drehte neben dem beschädigten Boot bei und schlug einen Enterhaken in die Bordwand. Im nächsten Augenblick landete Wade mit einem Riesensatz auf dem anderen Bootsdeck, und die Besatzung rettete sich genauso schnell wie er.
    Wade sah sich um, konnte das schwarze Boot jedoch nirgends entdecken, und die Crew der zweiten Barkasse war so mit der Bergung ihrer Kameraden beschäftigt gewesen, daß keiner bemerkt hatte, wohin es verschwunden war. Doch sofort begannen die Signallampen zu blinken, und flußauf, flußab wurde zurückgeblinkt.
    »Wir müssen beidrehen, Sir«, sagte ein junger Beamter zu Wade.
    Vom Kai des »Mekka« gab eine grüne Signallampe das verabredete Zeichen. Die beiden Polizeilaster waren eingetroffen. Die Barkassen rückten näher zum Ufer vor, ließen die vor Anker liegenden Leichter hinter sich und machten am Kai fest. Wade vergaß, daß er nasse Füße hatte und die Hosenbeine ihm an der Haut klebten. Die Flut war hoch, die Strömung sehr stark. Als die beiden Boote einliefen, stand das Wasser nur noch etwa dreißig Zentimeter unterhalb der Pollernische. Wade sprang an Land und packte eine dunkle Gestalt, die sich auf der Kaistraße aus dem Staub machen wollte. Der Mann wehrte sich wie besessen, und im ersten Augenblick dachte der Inspektor, es sei Golly Oaks, bis jemand den Strahl einer Taschenlampe auf den Festgenommenen richtete.
    »Ja, Schnüffel«, sagte Wade, »Sie kommen aber wirklich überall herum!«
    »Ich habe nichts getan«, winselte der kleine Ganove. »Sie können mir nichts in die Schuhe schieben, Inspektor Wade. Natürlich bin ich gerannt, als ich die Bullen sah. Man weiß ja nie, was für Lügen sie sich aus den Fingern saugen.« »Nehmt ihn mit«, sagte Wade und lief auf das Haus zu. Trotz der leichten Unruhe, für die der fliehende Schnüffel-Offer gesorgt hatte, lag das »Mekka« ruhig und friedlich da. Die einzigen beiden Polizeibeamten, die sich sehen ließen, waren Inspektor Elk und sein Assistent, obwohl Wade auf der dunklen Straße mehrere Männer in Zivil entdeckte, die vermutlich Kriminalbeamte waren. Elk stand mit Mrs. Oaks unter der Haustür. Wade fand, daß ihr reizloses Gesicht sehr blaß war. Und noch etwas Ungewöhnliches fiel ihm an ihr auf: Sie war weder aufsässig noch beschimpfte sie die Beamten, die sie in ihrer Ruhe störten. Vielleicht war ihr der Ernst der Lage bewußt. Sie warf Wade, als er näher kam, einen kurzen Blick zu, wandte sich dann aber sofort wieder an Elk. »Ich bitte Sie nur um eines«, sagte sie ganz ruhig zu ihm. »Keiner meiner Mieter soll etwas von dieser Razzia erfahren. Es könnte meinen Club ruinieren, und ich habe ohnehin schon genug Sorgen. Was wollen Sie sehen? Ich gebe Ihnen die Schlüssel für jedes

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