083 - Das Gasthaus an der Themse
waren die Maurer schon fleißig dabei, die Mauerlücke zu schließen, denn es lag überall Baumaterial herum.
»Die haben's aber eilig, das Loch wieder bewohnbar zu machen«, fuhr Elk nachdenklich fort. »Haben Sie noch einen Moment Zeit?«
Widerstrebend folgte Wade ihm die Stufen zur Kellertür hinunter. Sie war wieder abgeschlossen. E lk leuchtete mit der Taschenlampe in die Stahltonne. »Mit frischem Sand gefüllt«, sagte er, griff hinein, tastete nach dem Hebel und zog daran. Sofort schwang die Geheimtür auf. Dahinter brannte Licht. Wade betrat den langen Kellerraum, in dem er die schrecklichste Stunde seines Lebens verbracht hatte. Am entgegengesetzten Ende, bei der Zelle, in der die geheimnisvolle Anna gehaust hatte, bewegte sich etwas. Für einen Sekundenbruchteil tauchte eine Gestalt auf. Wade erhaschte einen Blick auf einen Arm und eine Schulter, die durch die Tür verschwanden. »Kommen Sie dort raus!« rief er befehlend. Keine Reaktion. Er rief noch einmal, ließ Elk auf der Schwelle der Geheimtür zurück und näherte sich langsam dem kleinen Verschlag. Er hörte ein Scharren und Kratzen, lief los und stürmte genau in dem Moment in den Raum, in dem zwei Schuhsohlen in dem schmalen Luftschacht verschwanden.
Wade machte kehrt, rannte zurück, an Elk vorbei und die Stufen hinauf auf den Kai. Er wußte, wo der Schacht ins Freie mündete, und hoffte, den Flüchtigen dort abfangen zu können.
Doch so schnell er auch war, der andere war schneller und flog an ihm vorbei. Wade versuchte, ihn zu packen, verfehlte ihn jedoch. Im nächsten Augenblick war die Gestalt ins Wasser gehechtet und verschwand in der Dunkelheit.
Atemlos kam Wade zu Elk zurück, der bei der Kellertreppe auf ihn gewartet hatte.
»Wenn mich nicht alles täuscht, war das Golly Oaks«, sagte Wade. »Ein erstaunlicher kleiner Kerl. Ich wußte nicht einmal, daß er schwimmen kann.« »Können Sie ihn nicht herausfischen und festnehmen lassen?« fragte Elk.
»Wie denn? Weit und breit ist keine Polizeibarkasse zu sehen. Lassen wir ihn. Fordern Sie im Yard ein Überfallkommando an. Wir müssen Lila finden - noch heute nacht. Wenn wir Mrs. Oaks nicht zum Reden bringen, holen wir uns Siniford. Er wird bestimmt den Mund aufmachen.«
Während sie in die Stadt zurückfuhren, ging Wade mit Elk noch einmal die einzelnen Punkte seiner Unterredung mit dem Anwalt und seines letzten Gesprächs mit Lila durch.
Lila war den Gummimännern in die Hände gefallen, und trotzdem hatte er kaum Angst um sie. Schließlich war sie immer in ihrer Gewalt gewesen. Elk erschien weniger ruhig und stellte, während der Polizeiwagen durch die fast leeren Straßen raste, eine besorgte Frage nach der anderen.
»Hoffentlich passiert dem Mädchen nichts! Hören Sie, Wade, alter Junge, wenn diese Gummikerle ...« »Ach, halten Sie bloß den Mund!« stieß Wade hervor. Seine Phantasie brauchte nicht angeregt zu werden, sie war lebhaft genug.
»Ich glaube, dß ich Siniford morgen um halb elf am Schlafittchen habe«, sagte er. »Nein, ich mache mir keine Sorgen um Lila, der ganze Plan ist so leicht durchschaubar und ganz primitiv. Siniford will sie heiraten, und aus irgendeinem Grund unterstützt Aikness diese Absicht - es bringt ihm wahrscheinlich eine schöne Stange Geld ein. Lila ist Delia Pattison, was bedeutet, daß niemand ihr etwas tun wird. Was nach der Heirat passieren wird, steht auf einem anderen Blatt, aber die Ehe muß rechtsgültig geschlossen werden. Siniford wird kein Risiko eingehen.« »Was erwarten Sie, in der zweiten Kassette zu finden? Wo ist sie übrigens?«
»Bruder hat sie bei einer Bank deponiert.« »Bei welcher Bank?« erkundigte sich Elk. Wade mußte zugeben, daß er vergessen hatte zu fragen. »Mir ist nämlich eben eingefallen«, sagte Elk, »daß Lila Ihnen erzählt hat, sie habe etwas über eine Bank und Graveure in --wo war es doch gleich? — ach ja, Lothbury gehört.« Wade beugte ich zum Fahrer vor. »Halten Sie bei der nächsten Telefonzelle«, sagte er. »Ich muß sofort Bruder anrufen«, wandte er sich wieder an Elk. »Es war sehr leichtsinnig von mir, daß ich mich nicht mit der Bank in Verbindung gesetzt habe, nachdem Lila mir das gesagt hatte.« Er wurde sofort mit Bruders Nummer verbunden, und der Anwalt war selbst am Apparat. »Ich bin Kunde der ›Medway Bank‹«, antwortete er auf die Frage des Inspektors. »Und zwar bei der Filiale in Lothbury.« »Also doch!« sagte Wade. »Hören Sie, Mr. Bruder, gibt es irgendwo in der
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