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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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hervorragend geeignet, ich hätte es auch nicht besser planen können.« »Aber hattest du denn achttausend Pfund, Onkel Golly?« »Ein Freund hat mir das Geld zur Verfügung gestellt.« Oaks war nie um eine Ausrede verlegen. »So stelle ich mir das ideale Heim vor: Man ist ungestört, kann kommen und gehen, wenn man will, niemand interessiert sich dafür, wer oder was du bist. Man könnte zehn Jahre hier wohnen, ohne aufzufallen.« Lila hatte es aufgegeben, sich zu wundern. Sie war müde, trotz der nur kurzen Fahrt, und sie wollte allein sein, um in das Chaos der jüngsten Ereignisse ein wenig Ordnung zu bringen und irgendwie eine Beziehung zur Realität herzustellen. »Du kannst hier tun und lassen, was du willst«, sagte Oaks, bevor er sie verließ. »Aber laß die Vorhänge geschlossen, es ist besser.«
    Die Fenster von Lilas Wohnung gingen auf den Hof hinaus, und sie hatte überhaupt keine Aussicht. Im Augenblick verspürte sie allerdings auch wenig Lust, sich ihre neue Umgebung näher anzusehen. Oaks hatte Lila eingeschlossen, und nach einer halben Stunde kam der kleine, ewig grinsende chinesische Diener und brachte ihr auf einem Tablett eine warme Mahlzeit. Als er den Tisch deckte, kam Oaks zurück. Er wirkte bekümmert. Kaum war der Diener hinausgegangen, fragte er: »Hast du jemanden schreien hören?« »Nein«, antwortete Lila.
    Sein Gesicht kam ihr blasser vor. Er war um eine plausible Erklärung verlegen.
    »Wir haben eine Frau hier, die nicht ganz richtig im Kopf ist«, sagte er schließlich und tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Sie spinnt. Wenn ich Frauen gegenüber nur nicht so weich wäre . ..« Er schüttelte den Kopf über seine Gefühlsduselei. »Wohnt sie hier?« Er sah Lila merkwürdig an. »Nein, sie wohnt nicht hier. Sie war auch auf dem Boot, hat uns dort aber keine Schwierigkeiten gemacht.« »Wer ist sie?« fragte Lila. »Eine Frau eben«, antwortete er unbestimmt. »Sie war früher mal Dienstmädchen. Sie hat sich über Aikness so aufgeregt.« »Ist er auch hier?«
    »Sie sind alle hier«, fuhr er sie an, wurde aber sofort wieder heiter und sanft. »Die Frau hat Aikness nach zwanzig Jahren wiedergesehen. Damals war sie in ihn verliebt. Was sie ihm alles an den Kopf geworfen hat! Mörder hat sie ihn genannt und auch sonst noch alles mögliche. Ich habe ihm gesagt, er soll ihr aus dem Weg gehen. Verrückte haben oft ein erstaunliches Gedächtnis.«
    »Hat Captain Aikness sie wirklich gekannt?« »Ja, vor zwanzig Jahren, wie ich schon sagte. Anscheinend hat er ihr den Kopf verdreht und sie dann sitzenlassen. So ist er nun mal, ihm ist jede gut genug, sogar ein Dienstmädchen. Sie heißt Anna.« Er beobachtete Lila genau, als er das sagte, doch der Name hatte für sie keine besondere Bedeutung. »Kann ich irgendwie helfen?« fragte sie nur. Er rieb sich nervös die Nase, nahm die Brille ab, putzte sie sehr energisch und setzte sie wieder auf.
    »Das habe ich mir auch schon überlegt«, erwiderte er. »Warum sollte sie dich eigentlich nicht sehen? Sie bildet sich ein, sie hätte dich gekannt, als du noch klein warst. Dir sagt der Name Anna nichts? Du erinnerst dich nicht zufällig an ihn?« Lila schüttelte den Kopf. »Angenommen, ich bringe sie heute abend her?« schlug er zögernd vor. »Hättest du etwas dagegen? Vielleicht kannst du sie beruhigen. Ich könnte sie auch gleich holen. Ihr Anfall ist vorbei, und sie tut keinem Menschen was ...« »Ich fürchte mich nicht«, sagte Lila lächelnd. »Ich bin froh, daß noch eine Frau hier ist.« »Natürlich«, murmelte Oaks vor sich hin und entwickelte plötzlich einen ganz ungewöhnlichen Zartsinn. »Macht es dir wirklich nichts aus? Iß aber zuerst, sonst vergeht dir womöglich der Appetit.« Sie lachte über seine Besorgnis, aß aber trotzdem die ausgezeichnete Mahlzeit. Oaks wollte nicht mitessen, sah ihr jedoch zu. Als sie fast fertig war, schnitt er ein anderes Thema an. »Es war ein großer Fehler, Siniford in den Vorstand zu berufen«, sagte er unvermittelt. »In den Vorstand unserer kleinen Firma, meine ich. Wirklich eine alberne Idee, doch Aikness glaubte, es werde ihn bei Laune halten. Vielleicht forschen sie bei der Handelskammer nach, um festzustellen, was für Geschäftsverbindungen er hatte . . .« »Hat er sie jetzt nicht mehr?« fragte Lila. Oaks hüstelte verlegen. »Er - er ist ins Ausland gegangen«, antwortete er und kam wieder auf Anna zu sprechen. »Ich hole sie jetzt.« Er stand auf, schien jedoch nicht gehen zu

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