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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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als Golly Oaks, der von seiner Menschlichkeit lebte.
    »Und das war's dann auch, Captain«, sagte Oaks auflachend. »Alles ist geregelt. Ich kann dir meine Pläne ruhig verraten — ich kann dir sagen, mit welchem Schiff Lila und ich reisen werden, ich kann dir unsere Kabinennummer und den Namen des Pfarrers nennen, der uns trauen wird ...« Aikness sprang mit einem Fluch auf. »Dich soll sie heiraten! Dich?« Oaks nickte. »Ich bin fast zehn Jahre jünger als du, und Lila und ich verstehen einander. Ich habe alle Dokumente und Papiere, die beweisen, daß sie Delia Pattison ist. Siniford hat mir die meisten gegeben, und ein paar habe ich mir aus der Bank geholt.«
    Mit einem gezwungenen Lachen unterdrückte Aikness seinen rasenden Zorn und setzte sich. »Du bist ein komischer Kerl«, sagte er. »Ich werde nie verstehen, wieso du dich von deiner Alten so herumkommandieren lassen konntest.« »Man soll über Tote nichts Schlechtes sagen«, entgegnete Oaks salbungsvoll. »Das war ihr Privileg. Vier Stunden täglich habe ich ihr gestattet, mir die Hölle auf Erden zu bereiten, die restlichen zwanzig durfte sie sich nur auf Zehenspitzen bewegen. Ich sag dir was, Aikness: Zwölf Jahre lang schlief sie in einem verschlossenen Zimmer, und sie hatte immer eine geladene Pistole unter dem Kopfkissen. Und weißt du auch, warum? Weil sie Angst hatte, etwas zu sagen, das mich kränkte. Einmal hat sie sich über meine Stimme lustig gemacht — und danach mußte einen Monat lang ein Dienstmädchen bei ihr im Zimmer schlafen. Sie kannte mich, o ja, sie kannte mich sehr gut!« Er lächelte, als erinnere er sich an eine glückliche Zeit. »Leute, die mich kennenlernen, machen keine Fehler mehr. Ich hoffe, du kennst mich auch, Captain.« »Klar kenne ich dich«, antwortete Aikness, aber die Freundlichkeit in seiner Stimme klang sehr gekünstelt.
    An diesem Abend wurde es im Arbroath Building lebendig. In jeder zweiten Wohnung gab es Telefon, und obwohl die Apparate monatelang nicht benutzt worden waren, hatte der Hausbesitzer die Gebühren bezahlt. Etwa von zehn Uhr an trafen in regelmäßigen Zeitabständen Männer ein und wurden in ihre Zimmer geführt: verdächtig aussehende, wortkarge Männer, die transkontinentale Fahrpläne und die Schiffslisten jener Reedereien studierten, deren Schiffe aus einem italienischen oder südfranzösischen Hafen ausliefen. Ein gewisser Ambrose, ein berüchtigter Bandenführer, erschien ebenfalls, und durch ihn verständigte sich Oaks mit seiner seltsamen Mannschaft. Aikness wurde den Leuten vorgestellt und gab Oaks spät nachts seine Eindrücke wieder. »Natürlich nehmen sie Drogen«, sagte Oaks verächtlich. »Normale Leute könnten nicht tun, was diese Männer tun.« In der Tiefgarage hinter der Stahltür, die in das ehemalige Benzinlager führte, befand sich jetzt ein ganzes Waffenarsenal. Oaks ging mit dem Captain hinunter und zeigte ihm seine Schätze. Die meisten Waffen waren noch in Ölpapier verpackt, und ein Mann war damit beschäftigt, sie auszupacken. »Wenn du dich einmal entschlossen hast, etwas zu tun«, sagte Oaks, »dann tu es in ganz großem Stil.« Nach dieser Devise hatte er sein Leben lang gehandelt. Er war ein paarmal bei Lila gewesen und hatte zufrieden festgestellt, daß sie sich mit ihrem alten Kindermädchen immer besser zu verstehen schien. Das war ganz in seinem Sinn, denn das Mädchen brauchte eine Gesellschafterin, besonders auf der bevorstehenden Reise! Komisch, daß ihm das nicht früher eingefallen war. Aber er mußte eben an so viele Dinge denken, mußte planen, planen, planen.
    Doch man mußte auch flexibel sein, durfte sich nicht in irgendeine Idee verbeißen. Er hatte es zum Beispiel ursprünglich für einen glänzenden Einfall gehalten, Lila mit Siniford zu verheiraten — und hatte es sich dann anders überlegt. Lord Siniford war tot. Keine schlechte Idee war es auch gewesen, Aikness seinen Willen zu lassen, solange er ein Schiff befehligte. Jetzt hatte er zwar kein Schiff mehr, war aber trotzdem sehr nützlich.

25
    Golly Oaks' Zimmer im Arbroath Building war sehr geräumig und wäre auch luftig gewesen, hätte man die Fenster geöffnet und die schweren Vorhänge zurückgezogen. Es enthielt ein Bett, einen Tisch und einen Stuhl. Außerdem lag in der Mitte des Zimmers noch ein geradezu lächerlich kleiner Teppich. Der Tisch bestand aus einem einfachen Brett, das auf zwei Böcken ruhte. Darauf lagen ordentlich gestapelt Pläne, Vermessungskarten, Nachschlagewerke,

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