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083 - Der Mann aus der Retorte

083 - Der Mann aus der Retorte

Titel: 083 - Der Mann aus der Retorte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Innere Islands ist kaum bewohnt. Vielleicht hat er sich irgendwo versteckt. Nicht einmal wenn man Suchflugzeuge einsetzen würde, hätten wir eine Chance, ihn zu finden. Wir können nur abwarten."
    „Ich könnte zu Gunnarssons Landgut fahren", meinte Coco.
    „Das läßt du hübsch bleiben. Es ist zu gefährlich. Wir wissen nicht, wer sich hinter Gunnarsson verbirgt."
    „Trotzdem kann es nichts…"
    „Nein!" sagte Dorian heftig. „Du bleibst hier."
    „Ich mache mir Sorgen um Don", flüsterte Coco.
    „Ich fürchte, daß Don völlig durchdrehen wird", sagte DorIan leise. „Alles deutet darauf hin. Ich bin ziemlich sicher, daß er innerhalb kurzer Zeit ein fürchterliches Monster geworden sein wird."
    „Wie kannst du so etwas sagen? Das ist eine durch nichts bewiesene Behauptung."
    Der Dämonenkiller lächelte unglücklich. „Vor langer Zeit begegnete ich einmal einem Geschöpf, an das mich Don erinnert."
    „Wann war das?"
    „1584", antwortete Dorian. „Das Geschöpf war künstlich erschaffen worden. Das ist der Unterschied zwischen Don und dem Monster von damals."
    „Erzähle!" bat Coco. „Wo hast du dieses Geschöpf getroffen?"
    „In Prag", sagte Dorian. „Ich war damals vierundvierzig Jahre alt. Mein Vater war schon lange tot. Ich hieß Michele da Mosto und war in Venedig geboren. Mein Vater war ein reicher Kaufmann gewesen. Nach seinem Tod blieb ich einige Zeit mit meinem Diener Franca Marzi in meiner Geburtsstadt. Zwölf Jahre waren seit der Bartholomäusnacht vergangen, doch ich hatte mich kaum geändert. Ich war noch immer ruhelos und hielt es nur kurze Zeit an einem Ort aus. Was ich in diesen zwölf Jahren erlebte, ist jetzt nicht so wichtig. Zu einem anderen Zeitpunkt werde ich dir davon erzählen."
    Coco nickte. „Du warst also 1584 in Prag. Wenn ich mich recht erinnere, regierte dort zu jener Zeit Rudolf II., der alles andere als der geborene Herrscher war."
    „Richtig", stimmte der Dämonenkiller ihr zu. „Rudolf II. wurde am 18. Juli 1552 in Wien geboren.
    Er war der Sohn von Geschwisterkindern."
    „Rudolf II. saß sechsunddreißig Jahre auf dem Thron", sagte Coco. „Wenn man den Historikern glauben darf, war er eine faszinierende Persönlichkeit - aber vor allem als pathologische Studie. Unter ihm schlitterte das Reich in ein Chaos."
    „Die Historiker haben recht", sagte Dorian bitter. „Rudolf II. war ein eigenwilliger Mensch. Ich wage sogar zu behaupten, daß er verrückt gewesen war. Das Unheil begann mit dem Tod seines Vaters. Maximillian II. starb 1576. Er hatte Rudolf 1572 zum König von Ungarn krönen lassen, 1575 wurde Rudolf nach einigen Schwierigkeiten mit dem böhmischen evangelischen Adel auch König von Böhmen. Im Oktober 1576 wurde Rudolf zum römischen König und deutschen Kaiser gewählt. Seine Wahl verdankte er vor allem der Unterstützung des Kurfürsten August von Sachsen. Rudolf machte Prag zur Reichshauptstadt. Seine Jugend hatte Rudolf zusammen mit seinem Bruder in Spanien verbracht. Er war von Jesuiten erzogen worden. Wann sich Rudolf für die Alchimie und Astrologie zu interessieren begann, konnte ich damals nicht feststellen. Zeitweilig hielten sich aber bis zu zweihundert Alchimisten an seinem Hof auf. Der Däne Tycho de Brahe zog nach Prag. Sein junger Assistent war Johannes Kepler. Gegen Ende seines Lebens verließ Rudolf den Hradschin - die königliche Burg über der Moldau - überhaupt nicht mehr. Er lebte in einer eigenen Welt und hielt sich exotische Tiere - darunter auch Löwen und Tiger. Rudolf wurde von Wahnvorstellungen verfolgt. Aber 1584 war er noch halbwegs normal."
    „Und weshalb bist du damals nach Prag gekommen?"
    „Ich hatte gehört, daß John Dee zusammen mit seinem Schüler Edward Kelley in Prag eingetroffen war. Dee hatte ich vor vielen Jahren in London kennengelernt und ihn seither nicht mehr gesehen. Ich wollte Dee wiedersehen. Außerdem interessierte es mich, wie es in Prag zuging. Ich wollte von den vielen berühmten Alchimisten lernen."
    Der Dämonenkiller schloß die Augen und konzentrierte sich ganz auf die Vergangenheit. Coco blickte ihn interessiert an. Sie war über Dorians Erzählung dankbar, da sie so einen Augenblick ihre Sorgen um Don Chapman zur Seite schieben konnte.

    Prag, 1584
    Die ungefederte Kutsche rüttelte uns ordentlich durch. Immer wieder hörte ich den Kutscher schreien und das Knallen seiner Peitsche. Er trieb die Pferde an, als ob ihn der Leibhaftige verfolgen würde. Die Straße war schlecht, voller

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