083 - Der Tod trägt eine Maske
das nicht. Unsere Beziehung scheint sich abgenützt zu haben. Wir sollten ihr eine Erholungspause gönnen und später sehen, wie's mit uns weitergeht.«
»Du darfst mich jetzt nicht verlassen, Vicky. Ich brauche dich.«
»Eine merkwürdige Art hast du, mir das zu zeigen«, sagte meine Freundin kühl und legte zwei bunt gemusterte Blusen und einen Rock in den Koffer. Dann kehrte sie zum Schrank zurück.
Ich stellte mich vor den Koffer, und als sich Vicky mit einem grob gestrickten Pullover in den Händen umdrehte, stieß sie gegen mich.
»Ich muß mit dir reden, Vicky.«
»Bitte, Tony, dafür ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Laß uns erst Abstand gewinnen, okay? Oder willst, du den Streit von vorhin fortsetzen?«
»Ich brauch dich«, wiederholte ich.
»Du hast genug Freunde. Wenigstens vorläufig noch. Aber wenn du so weitermachst, werden sie sich alle von dir zurückziehen.«
»Ich hatte gehofft, einen günstigeren Moment als diesen abwarten zu können«, sagte ich ernst. »Doch nun darf ich es nicht länger vor dir verheimlichen. Du mußt es erfahren. Wenn du mich dann noch verlassen willst, werde ich dich nicht daran hindern.« Ich schob den Koffer auf die andere Bettseite hinüber, griff wieder nach meiner Freundin - allerdings wesentlich sanfter - und bat sie, sich neben mich aufs Bett zu setzen. Der Klang meiner Stimme veranlaßte sie, mir diesen Gefallen zu tun.
»Vicky«, begann ich leise. »Ich habe ein Problem, und zwar ein sehr ernstes. Ich wollte dich damit nicht belasten und dir keine Angst einjagen, doch nun muß es heraus. Es darf nicht länger etwas zwischen uns stehen, wovon du keine Kenntnis hast.«
Meine Vorrede schien sie zu beunruhigen. Ihr Blick war nicht länger kalt und unnachgiebig. Sie schaute mich besorgt an. »Was ist mit dir, Tony? Was hast du?«
»Ich bin krank!«
»Krank?« fragte Vicky Bonney erschrocken. »Aber du siehst kerngesund aus.«
Ich lächelte gallig. »Beinahe hätte ich gesagt, ich würde mich großartig fühlen. Aber nur körperlich.«
»Heißt das, deine Seele ist krank?«
»Du weißt, was Marbu ist.«
»Ja. Ein Geist, eine Kraft, eine ungeheuer starke Magie.«
»Dein Kollege, der Schriftsteller Paul Bordman, wurde dazu ausersehen, das Buch der Bücher, die schwarze Bibel schlechthin, zu schreiben«, sagte ich, obwohl dies meiner Freundin bekannt war. Ich erwähnte es nur der Vollständigkeit halber. »Was Bordman schrieb, wurde ihm von Marbu eingegeben. Um seinen Geist für Marbu weiter zu öffnen; rauchte Bordman eine gefährliche Satansdroge, das Geisteropium. Er wird daran zugrunde gehen.«
Vicky musterte mich. »Worauf willst du hinaus? Was hat das alles mit dir zu tun?«
»Das Geisteropium ist ein schleichendes schwarzes Gift, Vicky. Es frißt die Menschen bei lebendigem Leibe auf. Es ist fast wie Lepra… Vicky - ich habe dieses schwarze Gift in mir.«
***
Meine Freundin starrte mich entgeistert an. »Tony, um Himmels willen… Wie konntest du nur so etwas tun? Warum hast du das Geisteropium geraucht?«
»Oh, ich tat es in keine Pfeife, mit der Absicht, mal einen schönen aufregenden Höllentrip zu erleben. Ich bekam es auf eine andere Weise in die Lunge: Lance Selby entdeckte in der Höhle des Mannes, der das Geisteropium anfertigte, ein Päckchen mit diesem Teufelszeug. Er schleuderte es wütend ins Feuer, damit es verbrannte, und so bekam ich was von dem Opiumqualm ab. Seither befindet sich das Marbu-Gift in meinem Körper, und es hat angefangen, mich zu verändern. Diese Unbeherrschtheiten sind ein deutliches Zeichen dafür. Ein schrecklicher Weg ist mir vorgezeichnet, Vicky. Ich bin gezwungen, ihn zu gehen. Er führt mich vom Licht ins Dunkel. Es besteht die Gefahr, daß ich die Seiten wechsle, zu einem Höllenkämpfer werde. Die Zauberin Arma hat als erste gemerkt, was mit mir los ist. Lange Zeit verfolgte sie mich mit ihrem Haß und wollte mich töten, doch plötzlich will sie das nicht mehr. Und Asmodis löste das Höllengericht auf, vor das man mich geschleppt hatte, weil ich in den Augen des Höllenfürsten kein Feind der schwarzen Macht mehr bin oder es jedenfalls nicht mehr lange sein werde.«
»Tony, das ist grauenvoll«, sagte Vicky erschüttert. »Du hättest das nicht so lange für dich behalten dürfen. Es muß dich schrecklich gequält haben. Und ich hatte keine Ahnung, wie schlimm es um dich steht.«
»Verstehst du jetzt, wie sehr ich die Hilfe aller meiner Freunde brauche, ganz besonders deine?«
Vicky
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