0830 - Das Vampirloch
schaffte es nicht, eine weitere Spur zu finden. Ich ließ ihn in Ruhe, schon oft genug hatte ich von Sukos hochsensiblen Sinnen profitiert, auch jetzt glaubte ich fest daran, daß er sich nicht getäuscht hatte.
Wieder nahm er seinen Weg auf. Er durchwanderte die Küche, ich schuf ihm Platz und stellte mich auf die Schwelle der offenen Tür. Suko blieb abrupt stehen.
»Hast du es gefunden?«
Er warf mir einen knappen Blick zu. Sein Gesicht zeigte einen todernsten Ausdruck. »Du wirst lachen, John, aber ich habe das Gefühl, direkt daneben zu stehen.«
»Da ist die Spüle.«
»Ja, und ein Papierkorb.«
Ich konnte mir nur schwer vorstellen, daß der Blutgeruch aus dem Korb drang, aber Suko war da anderer Meinung, denn er bückte sich der Korböffnung entgegen, streckte den Arm aus, und seine Hand tauchte durch die Öffnung in den Korb.
Ich hörte es rascheln, als er die einzelnen Blätter der Zeitung glättete, dann erstarrte und sich für einen Moment nicht von der Stelle rührte.
Die Frage blieb mir auf den Lippen stecken, denn plötzlich bewegte sich Suko und zog den Arm und die Hand wieder hervor. Er bewegte sich dabei sehr langsam, uns als seine Hand voll und ganz die Tiefe des Korbes verlassen hatte, da drehte er sie mir zu.
Ich starrte sie an.
Ich wollte es nicht glauben, aber es stimmte hundertprozentig. Seine Finger waren bis zum Beginn des Rückens hin blutverschmiert, als wäre roter Schleim dabei, die Hand zu verschmieren.
»Das ist doch… das ist doch…«
»Sag nicht, daß wir einer Halluzination erlegen sind, John. Ich habe tatsächlich in Blut gefaßt.«
Ich gab keine Antwort, sondern eilte auf den Papierkorb zu. Nein, auskippen wollte ich ihn nicht, aber ich holte die Zeitung hervor, deren Blätter im unteren Drittel blutverschmiert waren. Ich legte sie auf die Spüle, zog noch weitere hervor und konnte dann, gemeinsam mit Suko den Boden des Korbes sehen.
Es war nicht zu fassen.
Auf dem Boden zeichnete sich ein regelrechter roter Schmierfilm ab. Aus einer Schublade holte ich ein Messer hervor und rührte in dem roten Film herum.
Suko wartete auf einen Kommentar, den er auch bekam. »Es ist, glaube ich, kein Menschenblut.«
»Wie kommst du darauf?«
»Das hier ist anders.«
»Und wie anders?«
Ich rührte noch einmal, zog das Messer wieder hervor, und auch Suko konnte es kontrollieren.
»Menschenblut ist dünner, dieses hier ist wie gestockt, so kompakt, als wäre es noch der Rest eines Papierklumpens, den wir nicht mehr hervorziehen konnten.«
»Das reicht mir nicht, John.«
»Es ist so. Du brauchst nur herumzurühren. Da gibt es einen gewissen Widerstand, den wir sonst nicht haben. Das Blut hier ist, meiner Ansicht nicht flüssig genug. Das ist alles.«
»Es gefällt mir nicht.«
»Mir auch nicht.«
»Und was jetzt.«
Ich hob die Schultern. »Zunächst einmal werde ich davon ausgehen, daß es sich nicht um Glendas Blut handelt. Das ist schon viel wert, denn wäre es aus ihrem Körper geflossen, sähe es anders aus.«
»Eine andere Frage. Ist es überhaupt Blut?«
Ich riß ein Stück Papier von einer Küchenrolle ab und beschmierte es mit dem Zeug aus dem Eimer.
Suko schaute sich den Vorgang genau an, bevor er einen Kommentar abgab. »Du hast recht, John, nach Menschenblut sieht das wirklich nicht aus.«
»Richtig.«
Der Inspektor bückte sich und hob den Eimer an. Über der Spüle kippte er ihn aus. Es dauerte seine Zeit, bis die schleimige Flüssigkeit in die Spüle gelaufen war.
Ich konzentrierte mich derweil auf den Geruch, den ich als sehr intensiv empfand. Es war der Geruch von Blut, aber nicht der normale. Dieser hier war einfach viel zu stark, zu hart, und er wollte zudem aus meinem Mund nicht verschwinden. Ich hatte sogar den Eindruck, als würde er mir in den Kopf steigen, um alles andere zu verdrängen, was mich sonst an Gedanken beschäftigte.
»Nun?«
»Es stimmt etwas nicht, Suko.«
»Da hast du recht.«
»Nein, es geht um den Geruch. Der ist zu intensiv, als daß er normal wäre. Ich habe den Eindruck, als wäre er dabei, mich zu umgarnen und mich regelrecht einzufangen.«
Suko kippte noch weiter. »Da kannst du recht haben, John. Ähnliches passiert auch bei mir. Ich denke, wir sollten ein Fenster öffnen.«
Das tat ich. Es war eine gute Idee gewesen. Die kalte Luft fuhr in mein Gesicht. Sie erfrischte und schien meinen Kopf zu reinigen.
Suko kippte weiter. Ich bekam es aus dem rechten Augenwinkel mit. Die Masse, die sich in der Spüle sammelte,
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