0837 - Im Bann des Neutronensterns
Defätismus huldigst. Aber ich habe Hunderttausende von Soldaten bei der Stange zu halten. Ich muß sie jeden Tag von neuem davon überzeugen, daß wir uns heil aus diesem Schlamassel retten werden! Sprich nicht zu ihnen davon, daß sie so oder so sterben müssen!"
Abrupt wandte er sich um und schritt hinaus.
*
Kempah, der Aufpasser, hatte einige Mühe gehabt, sich Zutritt zu einem der Gebäude zu verschaffen, in denen er Sauerstoff und Nahrung zu finden hoffte. Es gab überall Eingänge, aber sie waren verriegelt.
Und die Verriegelung war das Produkt einer Technik, deren Denkweise Kempah völlig fremd war.
Also hatte er schließlich Gewalt anwenden müssen. Es war ihm gelungen, einen Zugang zu öffnen.
Damit aber waren seine Schwierigkeiten noch nicht überwunden. Er spürte, daß sich hinter der jenseitigen Wand des kleinen Raumes, in den er gelangt war, atembare Luft befand. Aber die Luft blieb im Innern des Gebäudes eingesperrt.
Schließlich kam er auf den Gedanken, dies müsse mit dem Eingang zu tun haben, den er gewaltsam erbrochen und dann nicht hinter sich geschlossen hatte. Das erschien sinnvoll, wenn man es genau betrachtete. Denn wenn die Luft hier einströmte, würde sie durch die Öffnung sofort wieder hinausstreichen, bis das ganze Gebäude luftleer war. Sinnvoll allerdings war es nur, wenn man Zugangsmechanismen wie diesen hier bereits akzeptiert hatte. Kempah wurde allmählich neugierig. Er wollte die Erbauer dieses Gebäudes kennenlernen und herausfinden, warum ihre Architektur so grotesk war.
Er schob die beiden Hälften des Eingangs also wieder zusammen, und siehe da: Von irgendwoher ertönte ein hohles Brausen, und der kleine Raum füllte sich mit Luft. Gleichzeitig entstand auf der anderen Seite eine Öffnung. Kempah schritt hindurch, nachdem er sich vergewissert hatte, daß es jenseits des Durchgangs keine Gefahr gab. Er nahm zur Kenntnis, daß sich die Öffnung, die er soeben passiert hatte, alsbald wieder hinter ihm verschloß. Auch das empfand er als seltsam.
Daß das äußere Schott, dessen Riegel zerbrochen war, sich kurze Zeit später wieder öffnete - zwar nicht ganz, sondern nur einen Spalt weit - blieb ihm verborgen. Er hätte es wahrnehmen können. Aber er achtete eben nicht darauf. Seine Aufmerksamkeit beschäftigte sich mit ganz anderen Dingen.
Zunächst sog er sich voll frischer Atemluft. Dann stellte er fest, daß dieses Gebäude nicht nur verlassen, sondern zuvor auch ausgeräumt worden war. Er erschrak darüber. Aber schließlich fand er unter den wenigen Dingen, die die unbekannten Eigentümer des Bauwerks zurückgelassen hatten, doch etwas, womit er seinen inzwischen recht kräftig gewordenen Hunger stillen konnte.
In irgendeiner Ecke entdeckte er ein paar quaderförmige Behälter, die ziemlich leicht zu öffnen waren.
Wenn man sie öffnete, erwärmten sie sich von selbst. Das erschreckte Kempah zunächst, aber er begriff bald, daß ihm daraus keine Gefahr erwuchs. In dem Behälter befanden sich andere, kleinere Behälter.
Die waren es, für die Kempah sich interessierte. Ohne sie zu öffnen, wußte er, daß ihr Inhalt für ihn völlig wertlos war.
Die Umhüllung dagegen enthielt fast alle Minerale, die er brauchte.
Er legte sich flach auf den Boden und plazierte einen der kleinen Behälter auf seinem Leib. Der Absorptionsprozeß begann sofort. Die Umhüllung zerfloß und wurde vom Körper aufgesogen. Kempah spürte, wie seine Kräfte sich wieder belebten.
Der Inhalt des Behälters dagegen, breiig und übelriechend, blieb auf der Körperoberfläche haften und erstarrte dort zu einer unansehnlichen Kruste. Das, meinte Kempah, mußte in Kauf genommen werden.
Auf diese Weise absorbierte er mehrere Umhüllungen der kleinen Behälter und verschmierte sich immer mehr mit dem widerlichen Inhalt - bis er plötzlich registrierte, daß er sich nicht mehr allein in diesem Gebäude befand.
Sein Wahrnehmungsvermögen bestand aus einer Unmenge höchst komplizierter Mechanismen.
Ein Mensch, der Kempahs Fähigkeiten kannte, würde ohne weiteres behaupten, der Aufpasser könne durch Wände sehen.
Das war auch der Fall, aber eben nur dann, wenn gerade der Wahrnehmungsmechanismus, der das Durch-die-Wand-Sehen beherrschte, Kontrolle über Kempahs Bewußtsein hatte.
Es gab nämlich der Mechanismen so viele, daß sie sich manchmal um Beachtung durch das Gehirn als Zentralsitz des Bewußtseins streiten mußten. Nicht wirklich streiten - in eine Warteschlange einreihen,
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