0837 - Taran kehrt zurück
sie Zamorras Waffe direkt vor sich liegen! Blitzschnell bückte sie sich und hob den Blaster auf! Sie überlegte nicht erst lange, sondern richtete die Mündung auf die Schattenkreatur und drückte ab.
Ein trockenes Knacken erklang. Ein bläulicher Blitz tanzte aus der Mündung, entfaltete sich, flirrte in unzähligen Verästelungen auf das Schattenwesen zu. St.-Elms-Flämmchen umtanzten die Kreatur. Der Schatten wurde starr.
Sie schoss noch einmal, und noch einmal und noch einmal! Jedes Mal das Knacken, jedes Mal die zuckenden Blitze. Es roch nach ionisierter Luft.
Das Mädchen begriff nicht, was das für eine seltsame Waffe war. Sie wusste zwar, dass es Elektroschockwaffen gab, aber die mussten direkt an den Körper des Gegners gehalten werden, um ihn zu lähmen, und nach einmaligem Einsatz musste der Akku erst mal wieder aufgeladen werden. Hier aber schien die Batterie über unerschöpfliche Energie zu verfügen, und die Reichweite war enorm.
Träumte sie?
Langsam sank die Schattenkreatur in sich zusammen und rührte sich dann nicht mehr.
Aber was war mit Zamorra?
***
Lucifuge Rofocale erstarrte für einen Moment. Er hatte die Präsenz eines anderen Wesens nicht gespürt. Wie war das möglich?
Auch jetzt spürte er noch nichts.
Langsam drehte er den Kopf.
Er sah - nichts?
Oder doch?
Eine nebelhafte Erscheinung, kaum wahrnehmbar. Seine dämonischen Sinne konnten einen Teil davon erfassen, aber nicht alles. Er begriff, dass er hier einen Geist vor sich hatte. Einen, der ihm durchaus Widerstand zu leisten vermochte, zumindest bis zu einem bestimmten Grad. Da war etwas an dieser Erscheinung, das den Erzdämon überraschte und nachdenklich machte. Ihm war, als ströme so etwas wie Dhyarra-Energie durch das Geistwesen. Aber diese Energie war nicht nur Schutz, sondern tödlich zugleich. Genauer gesagt: sie hatte getötet.
Jenen, den sie schützte…
Ein Paradox!
Lucifuge Rofocale ahnte nichts von dem Dhyarra, der durch Amun-Res Frostmagie entartet war. Damals, vor Jahren… denn er entstammte der Spiegelwelt. Sein Gegenstück aus dieser Welt hätte gewusst, was sich abgespielt hatte in jenen verhängnisvollen Tagen, aber im Laufe des Geschehens war dieser Gegenpart getötet worden. Was genau geschehen war, wusste er, der Spiegelweltler, nur aus zweiter und dritter Hand.
»Wer bist du?«, fragte er leise. »Wie kannst du es wagen, deine Hand gegen mich zu erheben, gegen den Herrn der Hölle?«
»Den Herrn zweier Höllen, nicht wahr?«, kam es fast noch leiser zurück, wie ein Windhauch, der durch die Äste toter Bäume streicht. »Weißt du wirklich nicht, wer ich bin, Lucifuge Rofocale?«
»Nein.«
»Man nannte und nennt mich den ›Guten Geist von Château Montagne‹.«
Auch das sagte dem Spiegelweltler nichts. Das Château Montagne, das er von »drüben« kannte, war von anderen Personen bewohnt gewesen. Mal abgesehen von den negativen Spiegelungen Zamorras und seiner Gefährtin.
»Als ich noch lebte, war ich Raffael Bois«, hauchte der Geist. »Und ich sage dir, Dämon: Verlasse das Château, solange du noch kannst.«
»Willst du mir etwa drohen? Das ist lächerlich!«, stieß der Erzdämon hervor.
»Ich drohe nicht«, kam es zurück. »Das steht mir nicht zu. Ich warne nur, ich mahne nur.«
»Dann scher dich zurück in dein Grab, ehe ich zornig werde«, knurrte Lucifuge Rofocale. Er wandte sich ab und wollte das Buch wieder öffnen. Aber da waren erneut die Hände des Geistes, die ihn daran hinderten, das Buch abermals aufzuklappen.
»Jetzt reicht es aber!«, brüllte Lucifuge Rofocale. Er wollte einen magischen Schlag führen. Aber irgendwie konnte er das nicht. Etwas Unbegreifliches verwirrte ihn. Er war nicht in der Lage, sich auf seine Magie zu konzentrieren.
Wütend wiederholte er seinen Versuch, dann ein weiteres Mal. Da endlich hatte er Erfolg. Aber der Geist entwich ihm, floh einfach. Lucifuge Rofocales Angriff ging ins Leere.
Immerhin hatte er den Geist verscheucht.
Kopfschüttelnd ließ er sich wieder auf dem Stuhl nieder.
So etwas war ihm noch nie passiert. Er begriff es nicht so richtig. Wieso konnte ihn ein einfaches Gespenst, das keine Ruhe fand, so durcheinander bringen?
»Es ist unwichtig«, murmelte er. Er hatte nicht vor, sich mit dieser Angelegenheit weiter zu befassen. Er würde jetzt tun, was zu tun war, und das Château dann wieder verlassen.
Das würde die Dinge etwas beschleunigen.
Und wieder klappte er das Buch auf und betrachtete das neunte
Weitere Kostenlose Bücher