0839 - Ruhe sanft und komm nie wieder
gegen ihre vor der Brust hängenden Tasche. »Wer hätte gedacht, daß wir uns so verschlechtern. Ich hoffe nur nicht, daß wir den Rest der Strecke auf einem Schwein reitend zurücklegen müssen.«
Ich wunderte mich. »Wie kommst du auf ein Schwein?«
»Weil es auf dieser Ladefläche nach Schwein riecht. Diese niedlichen Tierchen wurden auf diesem Wagen transportiert. Dafür habe ich eine Nase, John…«
Diesmal mußte auch ich lachen. Und es tat in einer Lage wie dieser verdammt gut…
***
Elohim hatte sich nach dem Kampf wieder ins Haus begeben. Er fühlte sich irritiert und aufgeputscht zugleich. Er war in eine für ihn neue Lage geraten, denn in seinem Körper hatten sich Kräfte ausgebreitet, mit denen er nicht zurechtkam. Irgend etwas war anders geworden. Er hatte einen Menschen getötet, und er hatte dafür noch einmal seine Hände zu Hilfe nehmen müssen.
War er deswegen ein Mörder?
Elohim durchwanderte die Zimmer des Hauses, allein mit sich und seinen Gedanken.
Mörder! Mörder! hämmerte es durch seinen Kopf, als wollte ihn dieser Gedanke foltern.
Er aber stemmte sich dagegen. Ich bin kein Mörder! Es war nicht anders zu machen! Ich habe das Böse aufgespürt! Ich habe es vernichten können! Es ist einfach über mich gekommen! Hätte ich es nicht vernichtet, wäre ich an der Reihe gewesen!
Mit diesen und ähnlichen Gedanken versuchte Elohim, sich zu beruhigen. Er war die beiden Treppen hochgestiegen und hatte sich in das leere Zimmer des Dachaufbaus gestellt, von dem aus er einen freien Blick bis weit über den Zaun hinaus hatte.
Das weiße Gatter bildete eine Grenze. Damit schloß das Grundstück praktisch ab, aber es war nicht die Trennlinie zwischen Gut und Böse.
Jenseits des Gatters lag noch etwas anderes. Ein unheimlicher Ort, in dem das Böse brodelte. Die Geister der Toten hausten hier.
Der Sichtwinkel des Jungen war nicht steil genug, um die Grabsteine zu erkennen, die wie Relikte aus einer alten, schlimmen Vergangenheit die Zeiten überdauerten. Wer dort ruhte, war tot, er sollte nicht wieder zurückkehren, aber würden sich diese Gestalten auch daran halten? Elohim wußte es nicht. Man hatte ihm einfach zu wenige Informationen gegeben, und wer ihn da genauer darüber aufklären konnte, der hatte ihn leider bisher im Stich gelassen.
Noch immer wartete Elohim auf seinen Beschützer Raniel. Der Gerechte hatte ihm versprochen, noch in der Nacht einzutreffen, aber er hatte keinen Zeitpunkt genannt.
So mußte er warten.
Dunkel die Kleidung, bleich sein Gesicht, so stand er am Fenster.
Elohim bewegte sich nicht. Er hielt die Hände vor der Brust verschränkt, und nur allmählich ebbte der Sturm der Gefühle in seinem Innern ab. Daß er etwas Besonderes war, das wußte er genau, aber er schaffte es noch nicht richtig, seine Kräfte so einzusetzen, daß sie auch für ihn kontrollierbar waren.
Diesen Mann hatte er getötet.
Damit war er auch zufrieden.
Und trotzdem quälten ihn Gewissensbisse. Während er in die Tiefe schaute, sah er immer wieder die letzten Bilder dieses schaurigen Vorgangs, als Rabanew durch seine Tat verbrannte.
Er hatte keine Chance gehabt. Es war plötzlich alles anders geworden. Das Feuer war als dunkle Flammenarme in die Höhe geschossen und hatte die Gestalt vernichtet.
Ein Mensch?
Ja und nein, denn letztendlich hatte sich innerhalb des Feuers noch das wahre Gesicht dieses Wesens gezeigt. Eine Kreatur der Finsternis, ein grauenvolles Geschöpf, noch aus der Urzeit stammend und eigentlich kein Wesen, mit dem Elohim eine Gemeinsamkeit verband.
Dennoch waren sie Feinde.
Dafür mußte es einen Grund geben, der ebenfalls tief in der Vergangenheit verborgen lag und durch geheimnisvolle Fäden des Schicksals zusammengeknüpft worden war.
Wo befand sich der Knoten, den er lösen mußte?
Raniel hätte ihm mehr sagen können und müssen, aber Raniel war nicht nur sein Beschützer und eigentlicher Vater, er war auch die Gestalt, die nicht viel redete und lieber schwieg.
Erst wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, würde er sich offenbaren, das aber dauerte dem Jungen zu lange. Er fühlte sich in seiner Rolle unwohl und auch überfordert, obwohl er stärker war als ein normaler Mensch. Von den verschiedenen Elternteilen mußte er etwas mitbekommen haben, was ihm trotz allem nicht paßte, wenn er daran dachte, wer seine Mutter gewesen war.
Lilith!
Eine Dämonin, eine Gestalt, die zu den Urdämonen zählte, und um die sich ein Kreis der Mystik wie eine Wolke
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