084 - Im Schatten der Guillotine
Bauten in der Umgebung. Es stammte aus der Vorkriegszeit und hatte viele Mieter gehabt. Zu den ältesten gehörte zweifellos Mr. Theodor Hopkins. Hopkins war Steuerberater und lebte seit zehn Jahren in dem etwas düster aussehenden Haus. Er war verheiratet, hatte keine Kinder und führte ein zurückgezogenes, biederes Dasein.
Der Besuch des Privatdetektivs Fred Archer war ihm sichtlich peinlich - obwohl er selbst den Mann beauftragt hatte, gewisse Nachforschungen anzustellen. Hopkins stellte sich unablässig die Frage, ob die Nachbarn wohl bereits im Bilde waren, und er fürchtete, für alle Zeiten seinen guten, unbescholtenen Ruf zu verlieren.
Fred Archer saß in einem bestickten Polsterstuhl, trank heißen Tee und musterte seinen Auftraggeber. Fred war ein mittelgroßer, durchschnittlich aussehender Mann Mitte der Dreißig. Sein Gesicht war rosig. Das rotblonde Haar trug er kurz. Seine blauen Augen blickten forschend drein.
Mehr als vier Jahre hatte er für das Detektivunternehmen „Observer" gearbeitet, dann hatte er sich selbständig gemacht; erstens, weil er es satt gehabt hatte, dauernd Scheidungsfälle zu bearbeiten, zweitens, weil Dorian Hunter ihn zu dem Schritt ermutigt hatte. Der Dämonenkiller und die „Mystery Press" ließen ihm laufend kleinere und größere Aufträge zukommen.
Archer setzte die Tasse ab, ein wenig zu hart, so daß sie laut klirrte. „Mr. Hopkins! Es hat keinen Zweck, lange um die Sache herumzureden. Ihre Frau Maureen ist Lehrerin, und alle Welt bescheinigt ihr eine überdurchschnittliche Intelligenz, ein gepflegtes Aussehen, ein freundliches Auftreten und eine bescheidene, eher zurückhaltende Art."
„Im Prinzip stimmt das", bestätigte der Mann zerknirscht.
„Aber eben nur im Prinzip, Offenbar sind die Pferde mit Ihrer Gemahlin durchgegangen, denn sie hat gestern nach der letzten Unterrichtsstunde alles stehen und liegen lassen. Statt nach Hause zurückzukehren, nahm sie ein Taxi, fuhr zum Flughafen und stieg in eine Maschine nach Nairobi. Das endgültige Flugziel lautete Tananarivo, wie ich herausbekommen habe."
Mr. Theodor Hopkins, ein schlanker und farbloser Mann Ende der Vierzig, fuhr hoch. „Tananarivo? Madagaskar? Das geht über mein Fassungsvermögen, Mr. Archer."
„Das Geld für den Flug hat Ihre Gattin gestern von Ihrem gemeinsamen Girokonto abgehoben", fuhr Fred unbeirrt fort. „Durch Zufall bin ich auf einen Mann gestoßen, der in der Abfertigungshalle für internationale Flüge ein Gespräch zwischen Ihrer Frau und einer offenbar unbeteiligten Reisenden aus den Vereinigten Staaten mithörte. Mrs. Maureen Hopkins gab zu verstehen, daß sie vorhabe, als eine Art Missionarin auf die Insel zu gehen."
Hopkins, sonst ein reservierter Mann, explodierte. „Missionarin?
Das ist eine - eine aberwitzige Farce! Ich wette, es steckt ein Mann dahinter. Jawohl, ein Mann. Maureen hat die Moral einer streunenden Katze."
„Na, na, Mr. Hopkins!" wandte Fred tadelnd ein.
Der schlanke Mann baute sich vor ihm auf. Er stemmte die Fäuste in die Seiten und holte tief Luft. „Ich ermächtige Sie, meine Frau zu verfolgen, notfalls bis ans Ende der Welt. Und wenn Sie sie gefunden haben, tragen Sie bitte Indizien zusammen! Anschließend werde ich der Dame die Rechnung präsentieren."
„Eigentlich befasse ich mich nicht mehr mit Scheidungsfällen", sagte Fred.
Schließlich willigte er aber doch ein. Weniger wegen des Honorars - es überschritt den üblichen Satz nicht -, als wegen der Tatsachen, daß er die ersten Recherchen bereits getätigt hatte.
Er fuhr nach Hause, telefonierte mit dem Flughafen und buchte bei der BEA einen Nonstopflug nach Nairobi. Von dort aus würde er mit der nächstbesten Maschine nach Madagaskar weiterfliegen. Wo er Maureen Hopkins eigentlich suchen sollte, war ihm bislang noch ein Rätsel.
Fred Archer legte auf und hörte den automatischen Anrufbeantworter ab. Er vernahm die wohlvertraute Stimme von Trevor Sullivan. Sullivan bat um einen Anruf bei der „Mystery Press". Fred meldete sich sofort. Als er das Stichwort „Madagaskar" vernahm, setzte er sich unverzüglich in sein Auto und fuhr in die Baring Road. Kurze Zeit später stand er im Keller der Jugendstilvilla Sullivan, Dorian Hunter und Coco Zamis gegenüber. Er berichtete über den Fall Hopkins.
„Das könnte ein brauchbarer Hinweis sein", bemerkte Dorian und grinste. „Was sagt Ihnen der Begriff Okulationskolonie, Fred?"
„Nichts."
„Dann vergessen Sie ihn vorerst. Übernehmen Sie
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