084 - Mord aus dem Jenseits
ist mit Abstand die absurdeste. Ich weiß nicht, ob Sie mir in gutem Glauben oder in böser Absicht dieses Mumienmärchen auftischen. In der Presse hat die Horrorstory auch bereits Furore gemacht. Ich habe Ihnen gesagt, wie ich den Fall sehe. Die Ermittlungen sind in vollem Gange und ich werde ihn aufklären, Herr Romen, verlassen Sie sich darauf. Calaveras Reisepaß wurde eingezogen, so daß er das Land nicht verlassen kann. Sie möchte ich ebenfalls bitten, sich zur Verfügung zu halten. Dasselbe gilt für Frau Link und Fräulein Trent.“
„Warum verhaften Sie Calaveras nicht?“ rief Gerda Link aufgebracht. „Er ist schuld an Sebastian Brauns Tod. Warum verdächtigen Sie uns, und dieses Ungeheuer läuft frei herum?“
„Aus welchem Grund sollte ich ihn verhaften? Weil er Flöte gespielt hat? Sie sind die Erbin des Ermordeten, Frau Link. Sie hätten ein wesentlich einleuchtenderes Motiv als Julio Calaveras, um hier einmal deutsch zu reden. Sie könnte ich ebensogut verhaften wie diesen Indio! Ich habe Sie jetzt über den Stand der Ermittlungen informiert. Sie wissen, daß Sie sich zur Verfügung halten müssen. Wie ich meine Untersuchungen führe und wen ich verhafte, überlassen Sie bitte mir.“
Gerda Link schluchzte auf. Wütend blickte sie auf den Kommissar, der ihr einen Mord an ihren Geliebten zutraute.
„Muß ich mir das gefallen lassen, Robert? Ich hätte doch mit einem Anwalt herkommen sollen. Ich habe Sebastian geliebt, Sie … Sie unverschämter Mensch.“
„Ich wollte nur die Tatsachen klären, Frau Link. Sie zu beleidigen, war nicht meine Absicht. Ermittlungen in einer Mordsache kann man nun einmal nicht mit Glacehandschuhen führen. Dafür bitte ich um Verständnis Frau Link, Herr Romen, Sie müssen sich sicher noch auf die Beisetzung Sebastian Brauns vorbereiten, und ich will Sie nicht länger aufhalten.“
Gerda Link war bereits draußen, als Robert Romen sagte: „Sie werden noch Ihr blaues Wunder erleben, ehe dieser Fall abgeschlossen ist, Herr Walter. Ich bin kein Mann, der an übernatürliche Mächte glaubt, aber ich sage Ihnen, Sie werden diese Mächte sehr schnell akzeptieren müssen.“
„Ist schon recht Herr Romen. Einen Rat möchte ich Ihnen noch geben: Wenn Sie in der Plattenbranche einmal keinen Erfolg mehr haben sollten, versuchen Sie es doch mit Horrorromanen. Die Verlage sind dankbar für derartige Geschichten. Aber ich nicht, verdammt noch eins. Und wenn Sie weiter solche Schauermärchen an die Presse geben, kann es leicht sein, daß Sie sich eines Tages in einer Gummizelle wiederfinden! Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“
Romen ging. Hier war jedes weitere Wort überflüssig.
Am Mittwoch der nächsten Woche erfolgte die Testamentseröffnung. Brauns Haupterbin war seine Lebensgefährtin Gerda Link. Seine geschiedene Frau Elvira erhielt lediglich ein paar tausend Mark und eine geringe Rente.
Zu seinem Erstaunen sah auch Robert Romen sich mit zwanzigtausend Mark bedacht. Es folgten verschiedene Legate für Universitäten und gemeinnützige Organisationen.
Der Notar erledigte die Formalitäten schnell. Brauns frühere Frau war maßlos enttäuscht und zeigte das auch deutlich.
„Über dieses Testament ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagte sie zu dem Notar. „Ich werde es anfechten.“
Der Notar betrachtete angelegentlich seine Fingernägel. Er war ein jüngerer Mann mit einem gepflegten Bart.
„Das bleibt Ihnen überlassen, Frau Braun“, sagte er. „Ihr ehemaliger Gatte hat dieses Testament schon vor einigen Monaten mit mir aufgesetzt. Ich kann Ihnen versichern, daß alles seine Richtigkeit hat. Aber wenn Sie Ihr Glück versuchen wollen, möchte ich Sie nicht abhalten.“
Elvira Braun rauschte hinaus. Gerda Link sprach noch über die notwendigen Formalitäten hinsichtlich der Erbschaft mit dem Notar. Danach fuhr sie mit Robert Romen sofort zu einem Makler, denn sie wollte die Villa, in der sie drei Jahre mit Braun verbracht und in der sie so Schreckliches erlebt hatte, verkaufen. Brauns Sammlung beabsichtigte sie aufzulösen. Die Mumie Cuitlahuacs sollte später ein Museum bekommen.
Julio Calaveras hatte seit Brauns Tod nichts mehr von sich hören lassen, aber er wohnte nach wie vor in dem Städtchen.
Es sprach sich schnell herum, daß Gerda Link den Millionär beerbt hatte. Die junge Frau wohnte seit ein paar Tagen ebenfalls im Hotel‚ Zum Hessischen Hof’. Sie hatte nicht einen Tag länger in dem Haus bleiben wollen.
Die
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