084 - Mord aus dem Jenseits
nicht, Müller?“ fragte Klapka, der soeben zum erstenmal von den Azteken gehört hatte. „Das weiß doch jeder. Außerdem steht es in jedem zweiten Kreuzworträtsel.“
„Ich bevorzuge Puzzle-Spiele.“
„In diesen Wattepanzer“, erläuterte Romen nochmals. „Habe ich mit der Schrotflinte zwei Löcher hineingeschossen.“
„Weshalb?“
„Um das mörderische Wesen zu töten, das Sebastian Braun ermordet hat.“
„Diese Mumie? Hören Sie, Herr Romen, es dürfte Ihnen doch wohl klar sein, daß Sie und alle andern hier im Haus unter Mordverdacht stehen. Sie sollten sich etwas Besseres einfallen lassen, als eine so hirnverbrannte These.“
„Ich sehe, Sie glauben mir nicht. Und wie erklären Sie sich das da?“
Mit zwei Fingern nahm Romen das Obsidianschwert der Mumie ganz oben am Knauf. Er zog es aus der Scheide. Die schartige Klinge war mit frischem Blut besudelt. Mit dem Blut Sebastian Brauns.
Romen und die schwarzgekleidete Gerda Link saßen Kommissar Walter in einem nüchternen Konferenzzimmer gegenüber. Sie befanden sich im Polizeipräsidium in Frankfurt, Friedrich-Ebert-Anlage 11, beim Morddezernat III. Der Kommissar war der moderne Prototyp eines Kriminalbeamten, der ganze Mitarbeiterstäbe souverän dirigierte und sich auf wissenschaftliche Analysen und Gutachten verließ, statt auf Kombinationen seiner Beamten. Im Zeitalter der Computerfahndung haben Männer, die mit der Pfeife im Mund und hochgestelltem Mantelkragen am Tatort umherschlurfen und ihre Fälle in stolzer Einsamkeit dank ihrer „kleinen grauen Zellen“ lösen, nichts mehr verloren. „Wir wollen heute den derzeitigen Stand der Ermittlungen im Mordfall Braun zusammenfassen“, sagte Kommissar Walter. „Allzu klug bin ich aus den verschiedenen Aussagen und Fakten nicht geworden, wie ich zugeben muß. Die ganze Angelegenheit ist reichlich mysteriös und verworren, obwohl der Fall auf den ersten Blick ziemlich klar gelagert zu sein scheint.“
Walter steckte sich eine Zigarette an. Er betrachtete Robert Romen und Gerda Link. Ein Topstar der Schallplattenbranche und eine hübsche junge Frau, die etliche Millionen von dem Ermordeten geerbt hatte.
„Sebastian Braun wurde am Donnerstag, den 13. Juli, um 23.14 Uhr in seiner Villa ermordet. Den Obduktionsbefund erspare ich mir hier, da die Todesursache uns allen bekannt ist. Anwesend waren der Bandleader und Schlagersänger Robert Romen, Gerda Link, die Geliebte des Ermordeten, und die Hotelierstochter Ursula Trent, Ihre Freundin, Herr Romen. Sebastian Braun wurde mit einem antiken Obsidianschwert aus dem 15. Jahrhundert ermordet. Sie bleiben bei Ihrer Definition, daß der Anstifter der Tat der mexikanische Staatsbürger Julio Calaveras war, der von Sebastian Braun eine aus dem 15. Jahrhundert stammende Mumie kaufen wollte?“
„Allerdings, Herr Walter.“
„Calaveras wurde vernommen. Er bestreitet, am Abend des 13. Sein Hotelzimmer verlassen zu haben. Das Gegenteil ist ihm nicht nachzuweisen. Für seine Aussage spricht, daß an diesem Abend verschiedene Hotelgäste Stimmen aus Calaveras Zimmer und sogar einige Flötentöne gehört haben.“
„Das kann ein Tonband gewesen sein.“
„Das ist möglich. Calaveras besitzt ein Tonband, das er erst am Tag vor dem Mord kaufte. Es ist aber auch vorstellbar, daß Calaveras und sein Diener Antonio zur Tatzeit im Hotelzimmer waren.“
„Unmöglich“, mischte sich Gerda Link ein. „Calaveras war bei der Villa und spielte die Melodie des Grauens“, sagte sie. „Sein Diener Antonio stieg durch das Kellerfenster, zerschlug den Sicherungskasten und sorgte so dafür, daß das Licht ausfiel. So glauben Sie uns doch, Herr Kommissar.“
„Liebe Frau Link, es geht nicht darum, was ich glaube oder nicht glaube, sondern darum, was sich beweisen läßt. Selbst wenn sich der Mexikaner zur Tatzeit in der Nähe der Villa befunden und diese Melodie des Grauens, wie Sie es nennen, gespielt hätte, wäre immer noch zu beweisen, ob er damit die Tat verursachte oder dazu beitrug.“
„Aber Herr Kommissar, diese Melodie ist doch der Schlüssel zu allem. Mit der Melodie hat Calaveras die Mumie Cuitlahuacs belebt und dazu gebracht, Sebastian Braun zu töten.“
„Frau Link“, sagte Kommissar Walter sehr geduldig und betont gelassen. „Ich gebe zu, daß makabre Aspekte im Fall Braun eine Rolle spielen mögen, aber Ihre Erklärung ist doch wohl etwas zu absurd. Ich weiß, Sie hatten einen schweren Schock und stehen unter einer schlimmen
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