0841 - Erst lieb ich dich, dann beiß ich dich!
diesem Augenblick ein Schatten über meinen Körper fiel.
Der Schatten eines Menschen.
Ich schaute zwinkernd hoch.
Der Mensch war Juan Sanchez. Er hielt etwas in der Hand, was ich nicht erkennen konnte, allerdings einen Gegenstand, der ziemlich schwer aussah. Wenn er damit zuschlug und meinen Kopf traf, war ich erledigt.
Ich konnte mich nicht wehren. Es hatte keinen Sinn, nach der Beretta greifen zu wollen, auch da wäre ich nicht schnell genug gewesen.
Der rettende Engel kam.
Schemenhaft erkannte ich meinen Freund Bill Conolly. Er schaffte es, den Spanier auf das Bett zurückzustoßen, so daß ich außer Gefahr war. Ich rollte mich um die eigene Achse und sah zu, aus der Nähe des Bettes zu gelangen.
Es war gut, denn wieder verließ eine Person das Bett. Diesmal war es die Malerin.
Als sie auf den Boden prallte, war das für mich ein Ansporn. Ich wußte, wer sie war, und ich wollte sie nicht entkommen lassen. Lange blieb sie nicht liegen. Mit geschmeidigen Bewegungen kam sie auf die Füße. Mir gelang ein kurzer Blick in ihr Gesicht, ich sah das Blut an ihren Lippen, dann schaute ich nur gegen ihren Körper. Ich war starr liegen geblieben, weil ich ihr keine Chance geben wollte, sich um mich zu kümmern.
Sie starrte über das breite Doppelbett hinweg.
Ich hatte schon den Arm gehoben.
Noch ein Stück weiter, dann war ich soweit, um den Saum ihrer grünen Jacke anfassen zu können.
Ich faßte nicht nur an, ich zerrte daran.
Das überraschte selbst die Untote!
Sie taumelte zurück, warf die Arme hoch, fand aber nirgendwo Halt und prallte zu Boden.
Ich kniete schon und hielt mein Kreuz in der Hand!
***
Es war nicht mehr viel Distanz zwischen uns, und wir beide starrten uns in die Gesichter.
Ihres war kalt, tot und leblos. Mit Blut verschmierte Lippen, ein Fletschen der Zähne. Ein Fauchen drang nicht aus ihrem Mund. Nun drehte ich die Hand so, daß sie genau auf mein Kreuz schauen konnte.
Der erste Blick reichte.
Panik überflutete sie. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war kaum zu beschreiben, aber ich kannte ihn, denn sie war nicht die erste Dämonin, die mein Kreuz sah.
Sie hatte sich halb hingesetzt, hielt die Arme angewinkelt und stützte sich mit den Ellbogen auf dem Boden ab. In dieser Haltung wollte sie auch rückwärts auf die Tür zukriechen, aber dazu ließ ich es nicht kommen. Sie sollte mir nicht noch einmal entwischen.
Ich war so schnell bei ihr, daß ihr nicht mal eine Alibi-Abwehrbewegung gelang. So kam ich voll durch, und natürlich auch mein geweihtes Silberkreuz.
Als es zwischen Hals und Brust festklemmte, drang ein irrer Schrei aus ihrem Maul. Ich befand mich sehr nahe bei ihr, sah in ihre Augen, und dort spielte sich plötzlich etwas ab, das ich nicht begriff. Mir wurde ein Blick in die Vergangenheit und gleichzeitig in eine andere Dimension gestattet, denn ich sah in ihrer linken Pupille huschende Bilder wie bei einem Film.
Ein Verlies, ein Vampir mit einem blutigen D auf der Stirn, einem Scheiterhaufen, der wenig später loderte, und im rechten Auge erkannte ich eine unheimliche und dunkle Welt, die ich selbst schon einmal hatte durchleben müssen.
Mallmanns Vampirwelt!
Tiefe Gräber, alte Gruften, unheimliche Friedhöfe und düstere Häuser, insgesamt ein Szenario, wie es sich Blutsauger nur wünschen können, und zugleich ein Bild, mit dem ich nicht zurechtkam.
Oder doch?
Ich wußte plötzlich, daß Dracula II hinter diesem verfluchten Auftritt steckte, daß die Malerin Cynthia Droux einzig und allein von ihm geschickt worden war, aber er hatte sich verrechnet, denn ihr Blick brach. Gleichzeitig verschwanden auch die Bilder.
Mein Kreuz lag noch immer auf Cynthias Körper. Er war einmal so verflucht perfekt und schön gewesen, zu perfekt und zu schön, eine Hülle ohne Seele, mehr nicht.
Und dieser Körper verging.
Es war der Zerfall der Blutsaugerin, wie ich es nicht zum erstenmal erlebte. Und ich konnte mit ansehen, wie die Haut dunkel wurde und sich dann aufrollte. Sie warf Blasen, sie fing an zu stinken, gleichzeitig zerkrümelte sie auch, und die Augen rutschten tiefer in die Höhlen hinein wie alte Glaskugeln.
Auch unter mir spürte ich nicht mehr den gleichen Widerstand, denn der Körper befand sich ebenfalls in der Auflösung. Als ich das Knacken hörte, da wußte ich, daß die Knochen aus ihrem Verbund gebrochen waren, und ich glitt von dem allmählich verfaulenden Körper weg, schwang herum und stellte mich hin.
Bill Conolly stand dicht neben mir. Er
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