0841 - Erst lieb ich dich, dann beiß ich dich!
Antwort war nicht mal gelogen. Nun wußte ich zumindest, wo sie nicht war, und ich konnte mir sehr gut vorstellen, daß sie so reagiert hatte, wie es Marias Meinung nach normal gewesen wäre.
Sie wollte Juan, und der war von seiner Frau ins Schlafzimmer gebracht worden.
Den Weg kannte ich.
Und ich hoffte stark, nicht zu spät zu kommen. Vampire sind in ihrer Blutgier unberechenbar…
***
Da stand sie nun, und Maria Sanchez starrte sie an. Der Speichel in ihrem Mund trocknete aus. Dafür legte sich der Schweiß auf ihre Handflächen, und sie stellte fest, daß von der Schönheit des anderen Gesichts nichts mehr zurückgeblieben war. Zumindest in der unteren Hälfte hatte es sich zu einer Fratze verzerrt.
Das alles schien Marias Mann nicht zu stören. Er hatte auch seine Frau vergessen, er wollte sie und bettelte darum, daß Cynthia sich endlich zu ihm legte.
Maria hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Was sie hier erlebte, war einfach abwertend für sie, gleichzeitig sagte sie sich, daß andere Mächte die Regie übernommen hatten und sie ihrem Mann keinen direkten Vorwurf machen konnte.
»Erst werde ich mich um Maria kümmern!« versprach die Blutsaugerin flüsternd.
Blitzschnell setzte sie ihr Versprechen in die Tat um. Bevor Maria sich versah, war die andere bei ihr. Hände packten ihre langen Haare, rissen daran und schleuderten die Frau herum.
Maria kam nicht einmal dazu, nach Hilfe zu schreien. Sie war zu überrascht und fiel gegen die Vorhänge, hinter denen sich das Fenster befand. Wenn der Drall stark genug war, bestand durchaus die Möglichkeit, daß sie durch die Scheibe fiel, aber das Glas hielt. Die Vorhänge waren nach innen gebeult, der großzügig angelegte Stoff hatte sich um ihren Körper gewickelt, als sollte sie eine Mumie werden. Maria hatte Mühe, sich zu befreien, und sie bewegte dabei die Hände wie Dreschflegel, um mit den Fingern den Stoff zu fassen.
Es gelang ihr nur halb. Sie rutschte wieder ab und fiel zu Boden. Vor ihr bewegte sich der Stoff.
Brutal wurde er zur Seite gerissen, und wie ein tödliches Gespenst erschien die Blutsaugende Malerin.
Sofort griff sie zu und ließ Maria Sanchez nicht die Spur einer Chance.
Sie zerrte sie auf die Füße, dann wuchtete sie ihren Kopf vor und traf das Gesicht der Frau in der Mitte. Maria spürte den Schmerz wie die Einschläge verschiedener Blitze, und die Welt um sie herum versank in der Dunkelheit.
Sie sackte zusammen. Dabei versuchte sie, sich an der Malerin festzuhalten, aber ihre Hände rutschten immer wieder ab, und Cynthia verfolgte mit einem satanischen Lächeln die Bemühungen der Frau.
Vor den Füßen der Vampirin brach sie zusammen. Maria war wehrlos, das wußte Cynthia. Sie erinnerte an einen Boxer, der durch harte Faustschläge ausgeknockt worden waren.
Die Malerin streckte ihre Arme aus und hob Maria an. Leblos hing sie in ihrem Griff.
»He, he…«, protestierte Juan schwach. »Was hast du mit ihr vor? Du wolltest zu mir kommen…«
»Gleich, mein Lieber, gleich.« Cynthia hob ihr Opfer an und wuchtete es über die untere Kante hinweg auf das Bett. Dort federte Maria noch zweimal nach, dann blieb sie starr liegen, und die Wiedergängerin knurrte in wilder Vorfreude.
Mit geschmeidigen Bewegungen kletterte auch sie in das Bett, schob ihr Opfer noch ein Stück höher, damit der Kopf wie drapiert auf dem Kissen lag.
Juan hatte sich gedreht. Er konnte noch nicht fassen, was da ablief. Dabei war er doch derjenige, um den sich die Malerin kümmern wollte, aber jetzt beschäftigte sie sich mit seiner Frau. »Was willst du denn mit ihr machen?« keuchte er.
»Sei ruhig.« Cynthia lag schon halb über ihrem Opfer. Maria hatte die Augen geöffnet. Sie mußte eigentlich alles mitbekommen, doch über die Pupillen hatte sich ein seichter Schleier gelegt, als Zeichen, daß sie noch nicht wieder richtig da war.
Cynthia lächelte grausam und in wilder Vorfreude. Mit beiden Händen schaufelte sie das störende Haar zur Seite. Mit der Zunge leckte sie über die Lippen. Sie dachte daran, was sie alles durch die Folter erlitten hatte, nun stand sie vor dem Abschluß ihrer Rache. Sie würde beißen, sie würde das Blut trinken und durch ihren Biß dafür sorgen, daß sich die Vampire vermehrten.
Sie riß den Mund weit auf, senkte den Kopf, stand kurz vor dem Biß.
Da hörte sie die Stimme.
»Laß es sein!«
***
Ich hatte gesprochen, denn mir war es gelungen, lautlos das Zimmer zu betreten. Keiner hatte mich gesehen, alle
Weitere Kostenlose Bücher