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0843 - Tunnel der hungrigen Leichen

0843 - Tunnel der hungrigen Leichen

Titel: 0843 - Tunnel der hungrigen Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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diesem Hochhaus vor wie ein Fremder, der feindliches Terrain betrat. Zweimal hatte ich die Begegnungen erlebt, und ich wartete darauf, zumindest eine der beiden Gestalten ein drittes Mal zu sehen.
    Den Gefallen taten sie mir nicht. Es war vielleicht auch gut so, denn ich brauchte Zeit, um über diese Phänomene nachzudenken. Als ich die Wohnungstür aufschloß, drängte sich die Erinnerung wieder in mein Bewußtsein, und ich lauerte förmlich darauf, daß mich jemand in meiner Wohnung erwartete.
    Es war niemand da.
    Ich durchsuchte alle Zimmer, öffnete dabei die Fenster, um frische Luft hereinzulassen, schaute über zahlreiche Dächer hinweg und in die Dunkelheit des klaren Himmels hinein.
    Da funkelten die Sterne in einer herrlichen Pracht, und der halbe Mond kam mir vor wie eine scharf gezeichnete Gondel, die jemand aus Venedig entführt hatte.
    Niemand hatte die Wohnung durchsucht, es sah alles so aus wie am Morgen.
    Ich schloß die Fenster wieder und dachte daran, eine Dusche zu nehmen. Das Tuten des Telefons brachte mich von diesem Vorsatz zunächst ab. »Aha«, zwitscherte eine weibliche Stimme, bevor ich mich melden konnte, »du bist also schon da.«
    »Ja, Shao, gerade angekommen.«
    »Wunderbar. Wann kannst du nebenan sein?«
    »In einer Viertelstunde?«
    »Ich bereite alles vor.«
    »Was gibt es denn?«
    »Laß dich überraschen. Bis gleich dann.«
    »Ja, bis gleich«, murmelte ich und legte ebenfalls auf. Ich hatte mich auf den Abend und auf das Essen mit den beiden Freunden gefreut. Nach den Erlebnissen jedoch war meine Stimmung abgestürzt. Ich war längst nicht mehr so locker, und froh und würde es auch in naher Zukunft nicht mehr werden. Außerdem wollte ich die Erlebnisse nicht für mich behalten. Shao und Suko mußten eingeweiht werden, denn das, was da auf mich zukam, konnte auch sie treffen.
    Ich ging ins Bad, wusch mein Gesicht und auch die Hände, trocknete beides ab und dachte daran, daß sich mein Freund Wladimir Golenkow längst in der Luft befinden mußte. Bei seiner Verabschiedung hatte ich nicht damit gerechnet, wie schnell das Schicksal umschlagen konnte. In meinem Job war man eben vor Überraschungen nie sicher.
    Die nächste erlebte ich, als ich das Bad verlassen hatte und mein Wohnzimmer betrat.
    Mitten auf dem Teppich, zwischen Schrank und Sitzgarnitur lag der Tote!
    ***
    Ein Morgen in Amsterdam!
    Ein sehr kalter Morgen, das spürte auch der junge Mann mit den langen Ohrringen, als er aus seiner Koje geklettert war und das schmale Fenster an der Backbordseite des Wohnkahns geöffnet hatte.
    Die Kälte traf ihn wie eine Eisdusche, und er fror in seinem dünnen Schlafpullover.
    Seine Freunde lagen noch auf den Matratzen, eingewickelt in die Schlafsäcke. Vor elf würden sie die warmen Inseln nicht verlassen, er aber mußte aufstehen, denn er war dazu ausersehen, das Frühstück zuzubereiten.
    Das gefiel Eric gar nicht.
    Leise fluchend stieg er über die Lager seiner Freunde hinweg, stieß eine Tür auf, die früher einmal ein Schott gewesen war, und betrat einen kleinen Raum, in dem sie sich am Abend versammelten, aßen, tranken und sich unterhielten.
    Sie alle fühlten sich wohl auf diesem alten Wohnkahn, der in einer der zahlreichen Grachten dümpelte. Es war eines dieser offiziell zugelassenen Boote, und es wurde deshalb auch mit Strom und Wasser versorgt.
    Eric wischte durch seine Augen. Auch er war noch nicht richtig wach, und als er vor der Unordnung stand, wäre er am liebsten wieder in seinen Schlafsack gekrochen.
    Das wäre den anderen gegenüber unfair gewesen. Er würde etwas zu essen holen, Kaffee kochen, sich den ersten Becher allein genehmigen und dann seine fünf Freunde wecken.
    Im Moment lebten sie nur zu sechst auf dem Kahn. Sie waren auch schon acht und zehn Personen gewesen, da war es dann schon eng geworden.
    Die Morgentoilette bestand aus einer Katzenwäsche. Anschließend besuchte er die Haken, so wurde die Garderobe von ihnen genannt, und Eric nahm seinen gefütterten Parka ab. Er hatte sich inzwischen die Jeans angezogen und auch einen dicken Pullover übergestreift, nur so war er gegen die Kälte gewappnet.
    Mit noch immer müden Schritten bewegte er sich den Niedergang hoch und betrat das Deck.
    Dort erwischte ihn die Kälte für seinen Geschmack so stark, daß er sich duckte, die Arme um den Körper schlang und sich selbst wärmte. Wie viele andere fluchte er auf den Winter und sehnte sich den Frühling herbei.
    Die an den Ufern der Grachten wachsenden

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