0845 - In der Gewalt der Shariden
schauspielerische Begabung. Nun war er alles andere als ein plumper, einfach gestrickter Mensch.
Ihm ging es nur um eins: Der Wärter musste die Zellentür öffnen, ihm einen Weg ins Freie ermöglichen.
Ursprünglich hatte sein Meister ihn als doppelte Sicherung vorgesehen. Wenn die Shariden den verhassten Professor Zamorra und seine Begleiter nicht erledigten, würden diese früher oder später zu Hellstrom kommen, um ihn einer Befragung zu unterziehen - die ideale Ausgangsposition, einen heimtückischen Angriff zu starten. Die Dämonenjäger hätten sich dann in trügerischer Sicherheit gewogen.
Aber die Lage hatte sich geändert.
Die Hellstrom-Kreatur spürte, dass etliche Kilometer entfernt reihenweise Shariden starben. Kelvo hetzte seine Sklaven auf die Feinde, doch die Schleimmonster erwiesen sich als minderwertig. Zamorra und seine Begleiter setzten ihnen hart zu.
Also beschloss Dolf Hellstrom, als zusätzliche aktive Waffe gegen Kelvos Feinde einzugreifen. Da der Besessene nach wie vor das unscheinbare Aussehen eines Menschen besaß, konnte er Zamorra täuschen. Ihn hinterrücks in einem unbeobachteten Moment vernichten!
»Brauchen Sie medizinische Hilfe?«, fragte der Wärter.
»Ich… kriege keine…« Hellstrom brach in sich zusammen.
Seine Show wirkte.
»Bleiben Sie ruhig«, befahl der Aufseher, der genau wusste, dass Hellstrom nur wegen eines geringen Vergehens hier einsaß. Es galten keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen.
In der nächsten Sekunde beging der Aufseher den letzten Fehler seines Lebens. Er öffnete die Zelle.
Und starb.
Hellstrom sprang in einer eigentlich unmöglichen Bewegung aus dem Liegen auf die Füße, packte Schulter und Kopf des anderen und brach ihm das Genick.
Achtlos ließ er die Leiche fallen und lauschte. Es war nicht der geringste Lärm entstanden. Niemand war aufmerksam geworden.
Hellstrom fischte die Codekarte des Getöteten aus dessen Hosentasche. Er wusste, dass noch einige verschlossene Türen vor ihm lagen, aber das bereitete ihm keine Sorgen. Notfalls würde er auf seinem Weg nach draußen noch die eine oder andere Leiche hinterlassen
***
Zamorra jagte Kelvos Dienern Blitz um Blitz entgegen. Das Amulett legte einen flirrenden Schutzschirm um ihn und Nicole, die dicht bei ihm stand.
Sid Amos nutzte die magischen und technischen Möglichkeiten seiner künstlichen Hand, um den Angreifern ebenfalls schwer zuzusetzen.
Dennoch lichteten sich die Reihen der Bestien nur spärlich.
»Das ist ein völlig sinnloses Gemetzel«, stieß Zamorra aus und schickte einen Fluch hinterher.
Nicole standen vor Anstrengung kleine Schweißperlen auf der Stirn. Dhyarra-Magie anzuwenden, forderte höchste Konzentration. Unter diesen chaotischen Bedingungen würde sie nicht mehr lange dazu in der Lage sein.
Plötzlich übertönte ein Sirren den Kampflärm. Zamorra wandte den Blick und bemerkte überrascht, dass Sharita etliche Tentakel ausgefahren und kreisförmig in die Höhe gestreckt hatte. Die Spitzen rotierten so schnell, dass das Auge die Bewegung kaum verfolgen konnte.
»Was tut sie?« Die Verblüffung stand dem Meister des Übersinnlichen ins Gesicht geschrieben.
Gleichzeitig klangen kehlige Laute auf, gefolgt von blubbernden Geräuschen, als stiegen Blasen in einem überhitzten Moor an die Oberfläche und zerplatzten.
Zamorra lief ein Schauer über den Rücken.
Bislang war er froh gewesen, dass sich die Kräfte des Amuletts nicht gegen Sharita gewandt hatten, was er wohl nicht hätte verhindern können. Er hatte ihr keinen Schaden zufügen wollen, da ihre einzigartige Geschichte sie tatsächlich als höchst ungewöhnliche Verbündete prädestinierte. Aber jetzt fragte er sich, welche Teufelei die Sharidin plante.
Nicole löste sich aus der Konzentration und warf Zamorra einen verwirrten Blick zu. »Die Shariden ziehen sich zurück!«
Tatsächlich - keines der Monster griff noch an. Nacheinander verschwanden sie durch den Dimensionsriss, der sie kurz zuvor ausgespuckt hatte.
»Hinterher!«, rief Amos. »Mit etwas Glück führt dieser Spalt direkt zu Kelvo!«
»Warte!« In Sharitas Ruf lag so viel Überzeugungskraft, dass sogar der ehemalige Höllenfürst stockte. »Ich habe meinen Brüdern gesagt, sie sollen sich zurückziehen, damit nicht noch mehr von ihnen abgeschlachtet werden. Sie haben auf mich gehört.«
»Wir dürfen diese Chance nicht ungenutzt lassen!« Amos setzte sich wieder in Richtung des Dimensionsrisses in Bewegung. Nur noch etwa ein Dutzend
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