0846 - Flucht aus Tilasim

»Sehr unwahrscheinlich. Hellstrom steht völlig unter der Kontrolle des Dämons. Ich glaube nicht, dass er auch nur noch über einen Funken freien Willen verfügt. Das Amulett müsste es spüren!«
    Sid Amos trat neben die beiden. »Mir kommt ein ganz böser Verdacht«, sagte er düster. »Ich glaube, ich kann erklären, warum das Amulett nicht reagiert.«
    »Raus damit«, forderte Zamorra.
    »Später! Zuerst müssen wir uns um Hellstrom kümmern und Kelvo aus ihm vertreiben.«
    Hellstroms Leib hing nach wie vor in Sharitas Tentakeln gefangen. Sein Atem beruhigte sich. Das Weiße seiner Augen schimmerte rot; offenbar wa ren einige Äderchen geplatzt. Sein Blick flackerte.
    »Soll ich ihn ganz freigeben?«, fragte Sharita.
    »Halt ihn fest«, bat Zamorra, »damit er hicht für weitere unangenehme Überraschungen sorgt.« Er warf Amos einen Blick zu. »Hast du eine Idee?«
    Der ehemalige Höllenfürst grinste. »Vielleicht solltest du deinem Namen wieder einmal Ehre bereiten.«
    »Zamorra?«, fragte Nicole bissig.
    Amos verdrehte die Augen. »Meister des Übersinnlichen , meine Liebe!«
    Zamorra nickte. Er hatte verstanden und hakte das Amulett zurück an die Kette.
    ***
    Er zeichnete mit einem Stein einen Kreis, als halte er Kreide in der Hand. Natürlich war nichts zu sehen, doch darum sorgte sich der Meister des Übersinnlichen nicht.
    Auch ohne dass er sichtbar war, würde der Kreis wirken, ebenso wie die Drudenfüße und anderen magischen Symbole, die folgten.
    Zamorra schloss die Augen und bot ein Bild höchster Konzentration. Ein geeignetes Szenario weißmagischer Symbolik auf diese Weise zu schaffen, verlangte genaue bildliche Vorstellungskraft.
    Wenn etwa der Kreis nicht geschlossen war oder sich ein Drudenfuß nicht an der exakten Position befand, würde dies eine Menge Schwierigkeiten verursachen. Schon mit sichtbaren Kreidestrichen war es eine schwierige Aufgabe, auf diese Weise hätte es kaum jemand leisten können. Auch für Zamorra stellte es eine Herausforderung dar.
    Doch er war zuversichtlich und überzeugt davon, alles perfekt vorbereitet zu haben. Er warf erst Nicole, dann Sid Amos einen fragenden Blick zu.
    Beide nickten.
    »Leg unseren Freund genau hier ab«, wies Zamorra Sharita an und deutete in das Zentrum des imaginären Kreises.
    Die Sharidin walzte voran, schob ihre Tentakel nach vorn. Hellstroms Gewicht bereitete ihr keine Schwierigkeiten.
    Plötzlich begann der Besessene zu toben. Abgehackte, panische Schreie entrangen sich seiner Kehle, je mehr er sich den weißmagischen Symbolen näherte.
    Sharita kannte keine Gnade. Sie schob die Tentakel voran, stockte jedoch unvermutet. »Werde ich keinen Schaden davontragen?«
    »Die Zeichen werden auf dich nicht wirken«, beruhigte der Meister des Übersinnlichen sie.
    Das Schleimmonstrum schenkte ihm Vertrauen. Sie fuhr die Tentakel noch weiter aus, ohne den harten Griff um Hellstrom zu lockern.
    Die Augen des Besessenen weiteten sich, als er die unsichtbare Linie des Kreises überquerte. Sie rollten in den Höhlen, drehten sich nach oben, bis nur noch das Weiße zu sehen war, das sich plötzlich schmutzig gelb verfärbte.
    Ein unheimlicher Anblick, der Zamorra einen Schauer über den Rücken jagte. Er achtete nicht darauf. Es gab Wichtigeres zu tun.
    Noch wenige Sekunden zuckte der Körper des Schweden, dann lag er stocksteif, die Augen nach wie vor verdreht, den Mund halb geöffnet. Speichel rann über die Mundwinkel, Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn.
    Zamorra sprach die erste Formel, die das Austreibungsritual einleitete.
    Die Wirkung folgte sofort.
    Hellstroms Zunge schoss aus dem Mund und ragte hart und spitz in die Höhe. Gleichzeitig gab er ein hohes Kreischen von sich, und ohne dass die Zunge sich bewegte, formulierte er Worte. Widerliche, abstoßende Flüche.
    Der Parapsychologe gab sich davon völlig unbeeindruckt. »Vade!«, begann er einen lateinischen Bannspruch. Die nächsten Worte flossen glatt und von unglaublicher Macht durchtränkt über seine Lippen.
    Hellstroms Hände verkrampften sich, die spitzen, klauenartig gewachsenen Fingernägel schrammten über den Stein, als wollten sie ihn zerfetzen. Tatsächlich kratzten sie Spuren in den Fels.
    Dieser unter natürlichen Gesetzmäßigkeiten völlig unmögliche Anblick riss Zamorra für einen Augenblick aus der Konzentration.
    Hellstrom, lachte, sprang auf und schlug mit den Fäusten nach dem Parapsychologen. Seine Attacke stoppte genau über der unsichtbaren Linie des