0852 - Feuer, Asche, altes Blut
Chance. Du mußt einfach auch an dich denken. Zwar bedeuten Kinder auch Zukunft, aber deine persönliche Zukunft ist auch wichtig.«
»Das weiß ich.«
»Dann versuch mal, es den Kindern klarzumachen.«
Ellen Flint schüttelte den Kopf. »So leid es mir tut, so gern ich es auch machen würde, aber Kinder verlangen ebenfalls ihre Rechte. Da sind sie kleine Tyrannen.«
Shao nickte. »Ja, da magst du schon recht haben. Trotzdem solltest du nicht so schnell aufgeben, meine Liebe.«
»Das habe ich auch nicht. Ich mußte das nur mal sagen. Du bist die einzige Person, mit der ich darüber sprechen kann, und ich hoffe, daß du mich auch verstehst. Meine Mutter ist da anders.«
Shao nickte. »Ich freue mich, daß du so über mich denkst, Ellen. Es macht mich sogar etwas stolz.«
»Ach, hör auf.«
»Doch, Ellen, Tatsache.« Shao nickte ihr zu. »So, jetzt wollen wir noch den Rest verputzen. Ich brauche auch noch eine zweite Tasse Kaffee. Du auch?«
»Gern.«
Shao bestellte und lehnte sich dann zurück. Da konnte sie den Blick schweifen lassen. Shao hatte sich in den vergangenen Minuten auch wieder beruhigt und die Gedanken an den seltsamen Kerl zurückgedrängt. Hinzu kam die Atmosphäre in dem Café und das Gemurmel wirkte auf sie einschläfernd.
Das änderte sich, als sie die Bewegung sah.
Sie hätte sie normalerweise kaum wahrgenommen, aber sie war mit einem bunten Farbklecks verbunden.
Giftgrün!
Shao war sofort hellwach. Sie setzte sich starr hin und blickte ebenso starr nach vorn.
Da sah sie ihn!
***
Der Mann hatte das Café durch den Haupteingang betreten, es gab noch einen zweiten Ausgang, nicht weit von den beiden Frauen entfernt, aber der Gelbhaarige stand dicht an der Tür und war nur so weit zur Seite gegangen, damit er keinem Gast den Weg versperrte.
Er tat nichts.
Er stand einfach nur da und schaute. Shao verspürte sofort den Schauer, und so etwas wie eine innere Alarmglocke fing bei ihr an zu läuten. Der war nicht normal, der Typ. Der hatte etwas an sich, daß Shao zwar nicht unbedingt abstieß, sie aber warnte.
Der Mann mit dem weibischen Gesicht hatte etwas vor! Er hatte es nicht gesagt, es mit keiner Geste verraten, und doch wußte Shao Bescheid. Es war ein untrügliches Gefühl, etwas, das bei ihr einfach vorhanden war und sie den meisten Menschen voraus hatte.
Wahrscheinlich hing es mit ihrer Herkunft zusammen, sie wußte es selbst nicht, sie wußte nur, daß von dieser Person mit dem weibischen Gesicht eine irre Gefahr ausging.
»Wir müssen gehen«, sagte Shao mehr zu sich selbst, obwohl sie Ellen gemeint hatte.
»Was meinst du?«
»Laß uns gehen!«
Ellen amüsierte sich. »Warum denn? Wir haben noch etwas bestellt. Oder denkst du nur an diesen Kerl da im grünen Kaftan?«
»Ja.«
»Das ist doch Unsinn, Shao, der tut nichts.«
Wenn du wüßtest, dachte Shao. Wenn du wüßtest, was ich denke.
Verdammt noch mal, wie soll ich es ihr klarmachen?
Es schienen Stunden vergangen zu sein, bevor sich der Gelbhaarige endlich bewegte. Er ging auf die lange Theke zu, hinter der die süßen Köstlichkeiten des Konditors aufbewahrt wurden.
Auch Ellens Stimme hörte Shao wie aus weiter Ferne. »Komisch ist der schon, wahrscheinlich schwul. Einer derjenigen Homos, die eben auffallen wollen, die findest du hier zu Hunderten.«
»Das ist es nicht, Ellen.«
»Was dann?«
Shao gab keine Antwort. Sie hatte sich etwas vorgebeugt. Rational konnte sie nicht erklären, weshalb sie schwitzte und weshalb sie zudem das Wissen hatte, daß etwas passieren würde.
Der Mann legte seine Hände auf die zum Kunden hin abgerundete Glasplatte der Theke. Eine Verkäuferin trat heran. Sie lächelte und wollte nach den Wünschen fragen.
Dazu kam es nicht mehr.
Dafür stöhnte Shao und sprang mit einem Satz von ihrem eigenen Stuhl in die Höhe.
Genau da geschah es.
Von einem Augenblick zum anderen stand der gelbhaarige Mann in hellen Flammen!
***
Wir hatten uns in unser Büro verzogen, und Glenda hatte uns mit Kaffee versorgt. Auf ihre Fragen hin war sie von Jane Collins kurz eingeweiht worden, und dann hatte Jane einfach mal ausgepackt.
Auf unserem Schreibtisch lagen die Kopien der wichtigen Papiere, wie Jane meinte. Es war auch die Liste mit den fünf Bränden. Wir wollten herausfinden, ob es da einen Zusammenhang gab. Möglicherweise hatten die Häuser denselben Besitzer, der irgendwann mal einen Mieter so geärgert hatte, daß dieser jetzt auf Rachetour ging.
»Was haben wir denn da?« fragte
Weitere Kostenlose Bücher