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0855 - Spektrum des Geistes

Titel: 0855 - Spektrum des Geistes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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das bläulich schimmernde Ei.
    „Willst du wissen, auf welche Weise diese Kunstwerke entstanden sind, Virna?" sagte Harzel erregt. „Weißt du, woraus die Prä-Zwotter sie erschaffen haben?"
    „Nein, ich will es nicht hören!" rief sie verzweifelt. „Ich möchte fort. Bring mich hinaus, Harzel."
    „Sie haben sie aus sich selbst erschaffen", fuhr der Vincraner unbeirrbar fort. „Sie haben die Plastiken und Tiefenbilder und Reliefe nicht manuell erarbeitet, sondern allein kraft ihres Geistes erschaffen. Deshalb nenne ich sie Psychode. Und der Stoff, aus dem die Plastiken geformt und die Bilder komponiert wurden, wurde ebenfalls durch bloße Geis-teskraft entwickelt. Deshalb diese starken psionischen Sendungen, Virna. Das ist der Sieg des Geistes über die Materie. Das Material dieser Kunstwerke ist weder organischer noch synthetischer Natur - das ist Paraplasma - ein Stoff, der die Ewigkeit überdauert. Sage selbst, ist es dann, wenn man an diesem Punkt angelangt ist, noch abwegig zu glauben, daß die Prä-Zwotter auch die Provcon-Faust erschaffen haben?"
    „Ja, sicher, Harzel", sagte sie. „Ich bin überzeugt, daß du mit deiner Theorie recht hast. Aber, bitte, laß uns jetzt gehen."
    „Verstehst du denn nicht, Virna", sagte er leidenschaftlich. „Ich möchte, daß du das alles mit mir teilst. Ich brauche dich. Ich liebe dich."
    „Aber nicht hier, Harzel. Überall sonst, nur nicht hier!"
    Ihr Flehen verhallte ungehört, und ihr Widerstand war nur kurz und nicht besonders hef-tig. Es fiel ihr auch nicht schwer, in seinen Armen die gespenstische Umgebung zu vergessen. Denn Harzel-Kold war zärtlich und einfühlsam und trotzdem von einer Leidenschaft, die sie einem Vincraner nie zugetraut hätte.
    In diesen Minuten begann sie zu hoffen, daß doch noch alles gut werden würde.
    Doch bald mußte sie erkennen, daß seine Leidenschaft nur Strohfeuer gewesen war.
    Es war das einzige Mal, daß er ihr seine Zuneigung bewies.
     
    4.
     
    Virna wollte sich nicht eingestehen, daß es ein Fehler gewesen war, Harzel nach Zwot-tertracht zu folgen. Sie versuchte, das Beste aus der Situation zu machen, und redete sich ein, daß sich noch alles zum Guten wenden würde.
    Sie bekam Harzel nur selten zu Gesicht. Die meiste Zeit über sperrte er sich in seinem Museum ein, und wenn er für kurze Zeit herauskam, etwa, um sich mit Proviant zu versor-gen oder Blinizzer nach Kunstangeboten zu fragen, dann war er nur noch schwermütiger.
    Virna versuchte alles Mögliche, um ihn aufzumuntern. Sie bat ihn, ihr die weitere Umge-bung der Oase zu zeigen, wollte ihn zu Expeditionen ins Landesinnere überreden, doch er ließ sich nicht dazu bewegen.
    Es war eine Woche nach dem Vorfall in der musealen Halle, als sich Harzel dazu über-reden ließ, das Frühstück mit ihr auf der Dachterrasse seiner Burg einzunehmen.
    Blinizzer war ein perfekter Koch und Diener. Er servierte gedörrtes Kakteenfleisch zu Blütentee und Molchlaich. Es schmeckte Virna vorzüglich. Harzel saß nur brütend da, er rührte nichts an.
    „Laß uns heute hinausfahren", brach Virna schließlich das Schweigen. „Blinizzer ist sicher, daß heute kein größerer Sturm zu erwarten ist."
    Harzel nickte.
    „Blinizzer hat fürs Wetter ein besseres Gespür als ich."
    „Dann könnten wir doch einen Tagesausflug machen."
    „Warum fährst du nicht mit Blinizzer hinaus", schlug er ihr vor. „Er kennt diese Gegend wie kein anderer. Ihr könnt den Geländewagen nehmen, darin könnt ihr den ärgsten Sturm überstehen. Blinizzer ist ein exzellenter Fahrer. Aber erinnere ihn daran, daß er für dich eine Atemmaske mitnimmt..."
    „Ich will nicht mit Blinizzer hinausfahren, sondern mit dir, Harzel", unterbrach sie seinen Redeschwall. „Ich bin seit Tagen hier eingesperrt, habe dich kaum zu Gesicht bekommen und konnte kein Wort mit dir wechseln. Ich brauche die Aussprache mit dir.
    Was ist los mit dir, warum versteckst du dich?"
    „Ich verstecke mich nicht", erwiderte er. „Ich dachte nur, dein Platz würde an meiner Sei-te sein, Virna, habe so sehr gehofft, daß du meine Interessen mit mir teilen würdest.
    Ich habe mich nicht versteckt, Virna, sondern auf dich gewartet. Die Panzertür stand immer offen."
    Sie schüttelte sich bei dem Gedanken an diese kalte Gruft.
    „Ich gehe da nicht mehr hinein", sagte sie entschieden. „Du kannst von mir nicht verlan-gen, daß ich dieses Mausoleum eines untergegangenen Volkes betrete. Ich fühle mich dort von den Geistern der Vergangenheit

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