0855 - Spektrum des Geistes
rühmen und sprachen andeutungsweise von einer gewissen „Wetterfühligkeit". Ob er das Wetter voraussagen oder beeinflussen konnte, darüber gingen die Meinungen auseinander.
Zwei hintereinander folgende Ereignisse waren allerdings dazu angetan, daß Boyt die zweite Möglichkeit für wahrscheinlicher hielt.
Einer seiner Paratender berichtete ihm, Bran Howatzer und Dun Vapido in einem Außenbezirk von Soltown gesehen zu haben. Boyt bestieg seinen Gleiter und ließ sich in dieses Gebiet fliegen. Es war ein lauer Abend, das Flimmern der Staubhohlkugel und die wenigen Sterne erhellten den Himmel. Kaum ein Wölkchen war zu sehen. Boyt ließ sich absetzen und nahm die Spur der beiden Männer auf.
Plötzlich brach jedoch ein Sturm los. Ein kalter Luftsog zerrte an Boyt so stark, daß er ihn fast von den Beinen gerissen hätte.
Während er sich noch haltsuchend an einem Alleebaum festklammerte, fiel dichter Nebel ein, so daß er nicht einmal die Hand vor den Augen sehen konnte.
Minuten später war alles wieder vorüber. Das Klima normalisierte sich. Die Spur der bei-den Männer fand Boyt allerdings nicht mehr. Als er zum Gleiter zurückkehrte, versicherte ihm der Paratender, der in dem Gefährt zurückgeblieben war, daß die ganze Zeit über bestes Wetter geherrscht hätte.
Tags darauf schlug auf unerklärliche Weise ein Blitz in den Dachgarten des Hochhauses der „Apollo Forschungsgemeinschaft" ein. Die grüne Pracht verkohlte förmlich, sonst ent-stand kein Schaden.
Da war Boyt sicher, daß Dun Vapido eine Art „Wettermacher" war und den Blitz gesteu-ert hatte. Es war nicht auszuschließen, daß es sich dabei um ein Attentat auf ihn gehan-delt hatte. Bran Howatzer konnte natürlich nicht wissen, daß Boyt es tunlichst vermied, sich in der „Apollo Forschungsgemeinschaft" zu zeigen und die meiste Zeit in einem ge-heimgehaltenen Versteck verbrachte, von wo aus er seine Fäden zog.
Danach bekam Boyt von Bran Howatzer zwölf Jahre lang kein Lebenszeichen. Erst im Jahre 3579 stießen die Paratender auf eine Spur von ihm. Sie führte zu einer Insel im Ganglos-Archipel, der einer Bucht von Mittel-Fatron vorgelagert war.
*
Die Insel schien unbewohnt zu sein. Boyt hatte jedoch eine Vorhut geschickt, die die La-ge sondieren sollte. Die Paratender wußten von einer Festung im Norden zu berichten und hatten Anzeichen dafür gefunden, daß sie bewohnt war. Gleichzeitig hatten die Para-tender einen Materietransmitter errichtet, durch den Boyt auf die Insel gelangte.
Boyt unterschätzte Howatzer nicht. Er vermutete sogar, daß er eine Spur gelegt hatte, um ihn, Boyt, herzuführen. Deshalb ging Boyt kein Risiko ein.
Er übernachtete auf der Insel. Am nächsten Tag landete ganz offiziell ein Gleiter, und es wurde alles so arrangiert, als entsteige Boyt ihm.
Dann machte er sich in Begleitung zweier Paratender zur Festung auf. Er erreichte sie nie. Auf halbem Wege tauchte Bran Howatzer mit zwei Begleitern auf.
Es handelte sich um ein kleines Mädchen von vielleicht zwölf Jahren, das leicht verwahr-lost wirkte; das über die Knie reichende Kleidchen schlotterte um ihren mageren Körper - und um einen an die zwei Meter großen schlaksigen Mann, der beim Gehen mit den Ar-men schlenkerte.
„Sie haben uns also doch gefunden, Boyt", sagte Howatzer mit schiefem Grinsen, „Ich interpretiere es so, daß Sie unsere Herausforderung annehmen."
Boyt hob beschwichtigend die Hände.
„Warum gleich so scharf schießen, Bran", sagte er begütigend. „Ich bin gekommen, um mit Ihnen Frieden zu schließen. Ich halte mein Angebot zur Zusammenarbeit noch immer aufrecht - und erweitere es auf Ihre beiden Gefährten. Ich gehe wohl nicht fehl in der An-nahme, daß sie beide von der gleichen Art sind wie wir beide."
„Das kommt darauf an, was man darunter versteht", erwiderte Bran. „Es sind beide Mut-anten wie ich - aber mit Ihnen haben wir alle drei nichts gemeinsam."
„Ich hoffe dennoch, daß wir uns gütlich einigen", sagte Boyt überzeugt. „Ich verstehe Sie nicht, Bran.
Wie kann sich ein Mann mit ihrem Talent auf eine so abgelegene Insel verkriechen!
Aber nicht damit genug, daß Sie Ihre Gaben verkümmern lassen, verschleppen Sie auch noch zwei weitere begnadete Mutanten in diese Einöde ..."
„Geben Sie sich keine Mühe, Boyt", unterbrach Howatzer ihn. „Dun und das Relais wis-sen alles über Sie. Beide verabscheuen Sie ebenso wie ich. Sie vergeuden an ihnen Ihre Überredungskunst. Unsere stärkste Waffe ist es
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