0856 - Leas Hexenladen
»Sagen Sie es, wie Sie wollen. Ich kenne mich da sowieso nicht aus. Irgendwo werden Sie schon recht haben, Mister. Meine Spur ist das nicht.«
»Danke sehr.«
»Bitte. Ansonsten aber ist unser kleiner Ort ein richtiges Schmuckstück, und er wird noch schöner werden, darauf können Sie sich verlassen, Mister.«
»Das denke ich auch.«
Ich verabschiedete mich. Da betrat Maureen den kleinen Laden. Sie kaufte noch Zigaretten. Der weibliche Tankwart schaute meine Begleiterin an und nickte. »Sie wäre etwas für Lea.«
»Was meinen Sie damit?«
»Bei ihrem Aussehen.« Sie lachte laut. »Würde ich daran glauben, könnte ich sie schon für eine schöne Hexe halten.«
Maureen hob die Schultern. »Ich verstehe nicht«, sagte sie und blickte mich fragend an.
»Ist auch nicht nötig. Komm.«
Schon auf dem kurzen Weg zum Wagen wollte sie wissen, was die Frau mit ihrer Bemerkung gemeint hatte.
»Es scheint so zu sein, daß Männer in diesem Hexenladen nicht sehr willkommen sind.«
»Ach.«
»Ich habe so einiges gehört.«
»Da bin ich aber gespannt.«
Wir stiegen ein, rollten los, ich suchte den Weg zum alten Ortskern und berichtete Maureen, was ich erfahren hatte. Sie bekam große Augen, und auf ihre Handflächen legte sich ein Schauer.
»Das paßt zusammen, John. Diese drei alten Weiber, der Angriff auf uns. Ich habe das Gefühl, als läge das Netz bereits über unseren Köpfen. Können wir davon ausgehen, daß wir bereits erwartet werden?«
»Ist nicht auszuschließen.«
»Wie schön.«
Ich mußte sie etwas aufheitern. »Denk immer daran, daß eine erkannte Gefahr nur eine halbe ist. Wir werden das schon schaukeln, Maureen, verlaß dich drauf.«
»Wenn du das sagst.«
Den Weg in den alten Ortskern hatten wir gefunden und rollten durch sehr enge Gassen, die von windschiefen Häusern flankiert waren. An vielen waren die Jahreszahlen ihrer Erbauung über den Türen eingemeißelt worden, und an ebenso vielen Häusern wurde renoviert. Man deckte die Dächer neu, werkelte an den Fassaden herum, und manche Mauer bekam auch einen neuen Anstrich. Selbst Blumenbänke wurden an den Fenstern angebracht.
»Hier tut sich was«, sagte ich und stoppte neben einer Leiter, auf der ein Mann stand.
Ich fragte ihn nach dem Hexenladen.
Die Antwort klang brummig. Anscheinend war das Geschäft auch bei ihm nicht sehr gelitten. Nahezu hastig wandte sich der Mann wieder seiner Arbeit zu.
Maureen sagte: »Da stimmt eine ganze Menge nicht. Lea und ihr Geschäft scheinen hier nicht akzeptiert zu sein. Was würde geschehen, wenn ich nach meinem Bruder frage? Ob er hier auch bekannt war?«
»Willst du es versuchen?«
»Nein.«
»Ist auch besser so.«
Wir mußten um einen kleinen Brunnen herumfahren und nicht mehr in eine Gasse oder Straße hinein, denn der kleine Platz inmitten der Altstadt lag vor uns wie aus einem Bild geschnitten. Es war genügend Platz vorhanden, wir konnten den Jaguar bequem abstellen, so daß seine Schnauze direkt auf die Front des Hexenladens wies.
»Das ist er also«, sagte Maureen. Sie war ausgestiegen und wunderte sich. »Sieht eigentlich ganz normal aus.«
Da konnte ich ihr eigentlich nur zustimmen. Zumindest die äußere Fassade hatte sich dem allgemeinen Aussehen angepaßt. Hier war noch nicht renoviert worden, wahrscheinlich konnte man darauf verzichten, die Häuser sahen nicht baufällig aus. In den zahlreichen kleinen Fensterscheiben spiegelten sich die auf dem Platz wachsenden Bäume. Vögel hockten auf den grauen Dächern oder kleinen Gauben, und mein Blick glitt von oben nach unten auf den Eingang des Hauses zu.
Er fiel auf. Ebenso wie das Schaufenster, denn beide waren von dunkelgrün gestrichenen Säulen umrahmt. Durch die Scheibe konnten wir kaum etwas erkennen, da sie abgedunkelt war. Als Auslagen sahen wir zumeist Bücher. Diese Lea hatte ihrem Geschäft einen nach außen hin harmlosen Anstrich gegeben.
Es war ruhig. Nicht, daß die Menschen den Laden gemieden hätten, in der Umgebung selbst hörten wir kein Geschrei. Das roch beinahe nach einer Arbeitspause.
Einige Radfahrer rollten vorbei und schauten uns kurz an. Auf den Gesichtern sahen wir kein Lächeln. Uns hatte man wohl als Fremde erkannt, und um den Hexenladen kümmerte man sich sowieso nicht gern.
»Sollen wir?«
Maureen nickte. »Aber immer. Du glaubst nicht, wie es mich interessiert, dieser Lea gegenüberzustehen.«
»Kannst du dich eigentlich noch an sie erinnern?«
Maureen dachte nach. »Ich bin jünger als mein
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