0856 - Leas Hexenladen
den Raum gehen. Dort finden Sie einige Bücher, die Ihnen sicherlich weiterhelfen werden.«
»Nein, nein. Ich bin bereits über das Stadium hinaus. Ich möchte mehr in die Praxis gehen. Ich suche Talismane, die mich beschützen, und ich suche auch Gegenstände, dich mich auf dem Weg in die andere Erkenntnis begleiten.«
»An was dachten Sie?«
Maureen hob die Schultern. »Kräuter, Düfte, Salben, die helfen, mein Bewußtsein zu erweitern und mich in andere Sphären oder Regionen führen. Das ist es eigentlich, was ich suche.«
»Dann schauen Sie sich bitte in Ruhe um.«
»Danke, Lea.« Maureen lächelte knapp, schaute mich noch einmal an, bevor sie sich abwandte.
»Wenn ich Ihnen etwas erklären soll, meine Liebe, Sie brauchen sich nur zu melden.«
»Gern, danke.«
Lea schaute ihr einen Moment nach. Funkelten ihre Augen? Ich war mir nicht sicher. Ich schaute zu, wie sie sich langsam drehte und sich mir zuwandte.
Ich stand vor dem Schreibtisch, sie dahinter. Ihr Taxieren dauerte nicht lange, dennoch hatte ich den Eindruck, als wären aus Sekunden Minuten geworden, und ich stand wie unter einem Druck, als ich die Blicke aufnahm. Diese Frau war etwas Besonderes, in welch einem Sinn auch immer, und sie war gefährlich. Außerdem konnte es durchaus sein, daß sie über mich Bescheid wußte, da brauchte sie erst gar nichts zu sagen, so etwas spürt man eben.
»Wollen Sie ebenfalls ihr Leben überdenken?« fragte sie mich.
»Ich überlege noch.«
Sie lachte. »Das hätte mich auch gewundert.«
»Wieso?«
Wieder taxierte sie mich. Dabei bewegten sich nicht nur ihre Augen, sondern auch ihr Kopf. Sie versuchte, mich von den Füßen bis zur Stirn zu erfassen. Dann schüttelte sie den Kopf. »Sie passen nicht hierher, Mister. Sie sind hier falsch.«
»Das wissen Sie genau?« erkundigte ich mich spöttisch.
»Ja, sehr genau.«
»Woher?«
»Wir kennen uns!«
Jetzt hatte sie die Katze zumindest teilweise aus dem Sack gelassen. Ich war nicht sprachlos, nicht einmal überrascht. Schon bei meinem Eintritt hatte ich festgestellt, daß es zwischen uns ein Band gab, das nicht eben als positiv bezeichnet werden konnte. Ich holte durch die Nase Luft, dachte nach und blickte dabei in ihr Gesicht, das angespannt und trotzdem lächelnd wirkte.
»Sie sind gut, Lea.«
»Das bin ich.«
»Sie haben auch nichts vergessen?«
»Nein.«
»Dann könnten Sie mir erklären, woher wir uns kennen. Ich müßte da wohl lange zurückdenken.«
Mit einer lässigen Bewegung nahm sie auf der Schreibtischkante Platz. »Wissen Sie eigentlich, daß jeder Mensch eine Aura hat?«
»Davon hörte ich.«
»Eine sehr allgemeine Antwort.« Sie griff nach einer Feder und hob sie an. Es war dieselbe Feder, mit der man nach mir geworfen hatte, da war sie nur noch nicht eingefärbt. Die Spitze schimmerte gefährlich, aber Lea setzte sie nicht ein. Sie schaute sich diese ungewöhnliche Waffe nur an, als sähe sie diese zum erstenmal. Dann legte sie das Instrument zur Seite und kam wieder zum Thema zurück. »Wie gesagt, die Auren der Menschen sind vorhanden, aber sie sind auch sehr verschieden. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte, daß keine Aura der anderen gleicht. So ist es, mein Freund. Ihre Aura unterscheidet sich von der Ihrer Begleiterin und auch von der jedes anderen Menschen. Ich habe Ihre Aura schon einmal wahrgenommen, und ich habe sie nicht vergessen. Dieser Geruch hat sich bei mir gespeichert, ich kann somit jeden Menschen wiedererkennen, der mir schon einmal begegnet ist.«
»Sehr schön, auch ungewöhnlich. Dann sind Sie der Meinung, daß wir uns schon gesehen haben.«
»Ja.«
»Wo?«
»Überlegen Sie!«
»Nein, warum ich? Sie haben damit angefangen.«
Ihr leises Lachen wehte mir entgegen. Im Hintergrund des Raumes stand Maureen an einem Regal.
Sie tat, als würde sie sich für bestimmte Dinge interessieren. Nahm mal ein Armband in die Hand, dann wieder einen Stein oder ließ eine Kette mit leisem Klirren durch ihre Finger gleiten: »Es ist schon eine Weile her. Sie waren jung, sehr jung. Sie standen an einer Phase des Übergangs, Mister. Sie waren weder Kind noch ein Erwachsener. Ein halber Jugendlicher, würde ich sagen, aber Sie hatten schon Ihre Aura, als Sie durch das Fenster meines ehemaligen Londoner Hauses schauten, um so etwas wie eine Mutprobe zu erleben. Ich habe Sie gesehen, ich weiß auch, daß Sie nicht allein gewesen sind. Ein anderer Junge hat sich in Ihrer Nähe aufgehalten, ein Freund von
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