0856 - Treffpunkt Totenwelt
überlegte Vanne. Ob das eine Erkenntnis war, die Gutes verhieß, hielt er aber für fraglich.
Sein Körper spürte die Bewegungen seines Trägers, und die Außenmikrophone seines Druckhelms übermittelten ihm das monotone, langsame Stampfen der Stummelbeine, die dem Roboter als Fortbewegungswerkzeuge dienten.
Doch er ahnte nicht, wohin es ging. Da er auf dem Rücken lag, sah er nur den violetten Himmel des seltsamen Planeten und die große rote Sonne, deren Lichtfülle von den automatisch arbeitenden Filtersubstanzen des transparenten Helmmaterials abgeschwächt wurde, bevor sie seine Augen erreichte.
Und er hörte vor, hinter und neben sich das ebenfalls monotone Stampfen zahlreicher anderer Roboterbeine.
Das Verhalten der Maschinen war für ihn undurchsichtig, obwohl er von Maschinen und auch von Robotern eine Menge verstand - oder zu verstehen geglaubt hatte. Auf diesem Ödplaneten nützte ihm sein bisheriges Wissen beschämend wenig.
Er versuchte, sich einzureden, daß ES schon wissen würde, wozu es ihn auf diese Welt geführt und in die Gewalt der seltsamen Roboter gespielt hatte. Aber er wußte nur zu gut, daß ES sich äußerst selten um Details kümmerte, sondern nur den Rahmen absteckte, innerhalb dessen seine Beauftragten - oder auch Sklaven, dachte Vanne grimmig - agieren konnten. Wer unvorsichtig war und Fehler beging, der konnte in diesem Fall genauso sterben, als wenn ES überhaupt nichts von seiner Existenz ahnte.
Nach Vannes Schätzung waren ungefähr drei Stunden vergangen, als sein Träger abrupt anhielt. Die Stahlplastikbänder öffneten sich. Vanne wollte sich vom Rücken des Roboters wälzen und merkte, daß seine Glieder steif geworden waren, so daß er seinen Sturz nicht würde abfangen können.
Doch da waren die drei Roboter wieder an seiner Seite und unterstützten ihn hilfreich.
Sekunden später stand er auf den eigenen Füßen, spürte die zerrende Schwerkraft des Planeten und kämpfte gegen das Schwindelgefühl an, das ihm Schwärze vor die Augen legte.
Er erholte sich relativ schnell, denn aus seinem früheren Leben als Geheimagent der aphilischen Regierung war er es gewöhnt, mit Extremsituationen fertig zu werden. Auch die Schwerkraft von 1,34 Gravos warf ihn nicht um. Eine höhere Schwerkraft als die der Erde - beziehungsweise als die von 1 Gravo - wirkte sich längst nicht so schlimm aus, wie manche Menschen, die ihren Heimatplaneten niemals verlassen hatten, glaubten.
Bei seinem 1-Gravo-Körpergewicht von 81,5 Kilogramm bedeutete eine Schwerkraft von 1,34 Gravos eine zusätzliche Gewichtsbelastung von 27,71 Kilogramm. Das war ein Wert, den mancher Übergewichtige zeit seines falsch verstandenen Lebens mit sich herumschleppte.
Als sein ins Stocken geratener Kreislauf sich erholt hatte, blickte Kershyll Vanne sich aufmerksam um.
Die Roboter hatten ihn losgelassen und umstanden ihn in einem weiten Halbkreis, dessen Öffnung den Blick auf einen der kreisrunden Seen freigab, die Vanne schon vor der Landung ausgemacht hatte. Der Durchmesser der völlig unbewegten kristallklaren Wasserfläche betrug zirka zweihundert Meter. Der Rand bestand aus sauber geschnittenem und glattgeschliffenem natürlichen Felsgestein.
Langsam klappte Vanne den Druckhelm zurück, atmete die Luft des Planeten ein, die irgendwie abgestanden schmeckte und aktivierte das Translator-Armband. Die Roboter verhielten sich abwartend.
Kershyll Vanne wünschte sich, die Führung des Körpers und die Initiative an Albun Kmunah abgeben zu können. Das Bewußtsein des Alpha-Mathematikers war das einzige des Konzept-Teams, das in der Lage war, über den Rahmen der normalen ndimensionalen Mathematik hinaus absolut verfremdete Begriffe zu verarbeiten, die Verhaltensweisen extrem fremdartiger Intelligenzen und ihrer Roboter rechnerisch zu erfassen und auf ihre Logik einzugehen.
Aber Albun Kmunah meldete sich ebenso wenig wie die übrigen Bewußtseine.
Kershyll Vanne mußte allein mit der Situation fertig werden - und wieder einmal begriff er, wie sehr er bereits daran gewöhnt war, sich als Teil eines Kollektivs zu verstehen, und wie leer und schal er sich fühlte, wenn er auf sich allein gestellt war.
„Ich heiße Kershyll Vanne und strebe eine Kommunikation mit euch an", sagte er langsam und deutlich. Der Translator sprach nicht an, denn noch hatte er keine Gelegenheit erhalten, die fremde Sprache - falls die Roboter überhaupt eine eigene Sprache besaßen - zu analysieren.
Dennoch fühlte sich Vanne
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