0858 - Missgeburt
dich.
***
Zurück blieb ein vor Angst halb wahnsinniger Mann, der zitternd zum Rand des Kraters kroch, um nach den Abgestürzten zu sehen.
Aus der Tiefe drang herzzerreißendes Kinderweinen.
Es gab eine Aufgabe für ihn… dieses Wissen klärte seine Gedanken. Er machte sich daran, die Überlebenden zu retten.
***
Professor Zamorra blieb keine andere Wahl, als sich den Plan des Zwitters anzuhören und ihn nach Kräften zu unterstützen. So konnte er vielleicht Nicole und Johannes retten, wenn er auch selbst das Leben verlor…
Kooperierte er allerdings nicht, würde das den Tod von ihnen allen dreien bedeuten. Er überlegte fieberhaft, wie er den Zwitter austricksen könnte, der sich zu einem erbarmungslosen Feind entwickelt hatte.
»Kein Feind«, widersprach dieser, gerade so, als habe er Zamorras Gedanken gelesen. »Ich bin nicht dein Feind. Ich hege gegen dich persönlich nicht den geringsten…«
Der Parapsychologe wirbelte herum, starrte in die Augen, die einst Andrew Millings gehört hatten. »Sei still! Ich kann deine Beteuerungen nicht mehr hören! Wenn du nicht mein Feind bist, dann gib Nicole frei! Sie hat nichts mit alldem zu tun. Schick sie ins Château zurück. Lass uns diese Sache unter uns ausmachen!« Einen Augenblick glaubte Zamorra, in den Augen seines Gegenübers so etwas wie Zweifel und Mitgefühl zu lesen. Doch der Moment verging.
»Sie hat sehr wohl etwas mit dem allem zu tun. Ohne sie wäre mein Plan nicht durchführbar. Ich benötige sie als Druckmittel, um dich gefügig zu machen.«
Zamorra lachte bitter. »Und dann behauptest du, du wärst nicht mein Feind. Wenn nicht du, wer dann?«
Er packte den Zwitter an der Schulter. »Soll ich dir etwas sagen? Willst du wirklich die Wahrheit hören? Jeder Dämon ist mir lieber als du! Jedem Vampir hätte ich schon längst einen Pfahl ins Herz gerammt, denn keine schwarzmagische Kreatur hätte mich je in eine solche Situation bringen können. Ich hätte ihr niemals vertraut. Das war mein Fehler! Ich habe dir vertraut, weil ich dachte, du würdest den richtigen Weg gehen oder es zumindest versuchen.« Der Meister des Übersinnlichen stieß den Zwitter von sich. »Aber ich habe mich getäuscht. Also bleibt nur eins. Bringen wir unser Geschäft hinter uns. Sag mir, was ich tun muss, damit du das Experiment durchführen kannst. Versprich mir nur eins - gib hinterher Nicole frei und bring sie zurück zur Erde. Ebenso Johannes. Zieh dann deiner Wege und kreuze nie wieder bei Nicole auf. Lass sie in Ruhe, hörst du? Wage es nicht, dich noch einmal Château Montagne zu nähern.«
Unendlicher Seelenschmerz wütete in ihm, und Enttäuschung, die tiefer saß als je zuvor in seinem Leben. Er blickte zu seiner noch immer starr in der Luft hängenden Geliebten.
Nicole… er würde sie nie wiedersehen. Das schmerzte stärker als die Aussicht auf den eigenen Tod.
Er streckte die Hand zu ihr aus.
Der Zwitter saugte geräuschvoll Luft ein. »Ich verstehe dich, Zamorra, und ich kann deinen Schmerz nachvollziehen. Ich werde Nicole nichts antun, wenn du mich nicht dazu zwingst.«
»Gar nichts verstehst du«, erwiderte Zamorra leise. »Gar nichts. Weißt du auch, warum? Weil du kein Mensch mehr bist. Andrew hätte mich verstehen können, sogar Torre Gerret. Vielleicht auch das Langka, ich weiß es nicht. Aber du… du bist eine Kreatur, die nicht fähig ist, meine Emotionen zu verstehen. Deine Gefühle und deine Ethik sind von den meinen so unterschiedlich, dass du es nicht wagen solltest, dich mit mir zu vergleichen. Also schweig endlich. Oder rede nur noch über das, was wichtig ist. Wie wird das Experiment genau aussehen? Was muss ich tun?«
Er konnte sich vom Anblick der reglosen Nicole nicht losreißen. Ihre Augen waren geschlossen, der Mund hingegen leicht geöffnet. Die rechte Hand hielt sie vor der Brust, den linken Arm ausgestreckt. Ihre Gesichtszüge wirkten nicht angespannt, eher als träume sie.
»Kann sie denken?«, fragte Zamorra unwillkürlich. »Weiß sie, in welcher Lage sie sich befindet?« Leidet sie unter Angst?
Mit schweren Schritten näherte sich der Zwitter Nicole. Er umging dabei Dianas toten Körper, der steif auf dem Fleck stand und außer einem unregelmäßigen Stöhnen kein Lebenszeichen von sich gab. »Für sie ist die Zeit stehen geblieben. Deshalb hängt sie schwerelos in der Luft. Sie bekommt nichts mit. Es wird dich freuen zu hören, dass sie sich also nicht fürchten kann.«
Wenigstens das. Zamorra ließ sich die
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