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086 - Und nachts kam der Vampir

086 - Und nachts kam der Vampir

Titel: 086 - Und nachts kam der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank deLorca
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keine Geräusche.
    Der Reporter wollte sichergehen. Es konnte ja immerhin sein, daß er den Knecht in dem allgemeinen Durcheinander vor dem Binder-Anwesen nicht erspäht hatte und Herrman Kreger trotzdem dort gewesen war.
    Ferdy Wilkin bückte sich. Er sammelte einige kleinere Steine aus dem Rollsplitt des Straßengrabens. Einen nach dem anderen warf er hinauf. Es klackte.
    Wenn Kreger schlief, dann mußte er sich jetzt bewegen. Wenn ein Stein das Fenster traf, klackte es ziemlich laut.
    Aber es rührte sich nichts. Dem Reporter wurde es immer mehr zur Gewißheit, daß der Bursche nicht in seinem Zimmer war.
    Was aber hatte er dann draußen zu suchen?
    Ferdy Wilkin ging wieder auf den Hof zurück. Beinahe automatisch setzte er seine Schritte auf die Gerätehalle zu, von der er noch von seinem Inspektionsgang wußte, daß eine Treppe in das obere, durch einen Bretterverschlag abgeteilte Stockwerk führte.
    Die Stiege aus dünnen Fichtenbohlen knarrte. Spätestens jetzt mußte der Schläfer aufgewacht sein, wenn er nicht gerade einen Vollrausch ausschlafen mußte oder unter Drogen stand. Beides war bei Herrman Kreger mit Sicherheit auszuschließen.
    Ferdy Wilkin wußte nicht, wonach er eigentlich suchte. Es war sein Reporter-Instinkt, der ihn hierhergeführt hatte. Man kann auf einen Menschen und seinen Charakter zurückschließen, wenn man weiß, in welcher Umgebung er allein ist, wie er wohnt.
    Tatsächlich war er sich bisher über den jungen Burschen noch nicht klargeworden. Er ließ sich in keine der bekannten Schablonen pressen. Der Reporter, der sich soviel auf seine Menschenkenntnis zugute hielt — diesmal hatte ihn seine Fähigkeit, Menschen zu beurteilen und zu katalogisieren, verlassen. Um so neugieriger war er darauf, was ihn oben am Treppenabsatz erwartete.
    Er hatte mit allem Möglichem gerechnet, nur nicht mit dieser spartanischen Wirklichkeit, die nicht den geringsten Platz für eine eigene Note bot. Nicht einmal ein Bild aus einer Illustrierten hang an den kahlen Wänden.
    Ferdy Wilkin hatte sein Feuerzeug angeknipst, das er trotz seiner Zigarettenabstinenz immer noch bei sich hatte.
    Er hätte es sich sparen können, seine Hand auf den geblümten Bettüberzug zu legen, um zu fühlen, ob die Kissen warm waren. Das Bett war unbenutzt, wenn auch nicht ordentlich aufgeschüttelt.
    Ein Schrank mit zwei Jacken und zwei Garnituren Unterwäsche vervollständigte die Einrichtung neben einer Kommode, auf der eine Karaffe und eine Wasserschüssel standen. Die Fächer der Kommode waren leer.
    Ferdy Wilkin fand, abgesehen von den wenigen Kleidungsstücken, nicht einen einzigen Gegenstand, von dem man behaupten könnte, er würde der persönlichen Note seines Besitzers entsprechen.
    Der Reporter war perplex. Er war schon in zu vielen fremden Wohnungen gewesen. Es waren manche dabeigewesen, die sich geähnelt hatten, doch diese Kammer hier war unpersönlicher als ein Hotelzimmer in der billigsten Absteige. Die Kammer sah aus, als wäre sie unbewohnt, nicht von einem Menschen mit Gedanken und Gefühlen bewohnt. Es konnte unmöglich sein, daß ein Mensch es irgendwo länger als drei oder vier Tage aushielt, ohne Zeichen seiner Anwesenheit zu hinterlassen.
    Doch das war so ein Raum. Obwohl in ihm geschlafen wurde, obwohl Herrman Kreger hier einen Teil des Tages und seine Nächte verbrachte, war dieser Raum tot.
    »Tot«, murmelte Ferdy Wilkin. »Ja, das ist der richtige Ausdruck. Dieses Zimmer ist tot...«
    Er fühlte sich plötzlich unbehaglich. Er fröstelte. So ein Gefühl beschlich ihn manchmal, wenn sein Beruf ihn in die Leichenkammer eines Polizeipräsidiums oder eines Krankenhauses führte.
    Ein Hauch von Morbidität und Verwesung lag über diesem Zimmer, nistete wie getrocknetes Harz in jeder Ritze der Bretterwand, stieg als unsichtbarer Nebel aus den rissigen Bodenbrettern. Dem Reporter wurde übel. Er hielt es keine Sekunde länger mehr in diesem Raum aus. Es war ihm, als würde er keine Luft mehr zum Atmen bekommen, als würde das Dachgebälk unsagbar langsam immer weiter heruntersinken und ihn erdrücken.
    Im Licht seines Feuerzeuges tastete er sich zur Treppe zurück und erreichte den Ausgang.
    Endlich!
    Er sog tief frische Luft in seine Lungen. Das Gefühl der Beklemmung wich — er hob den Blick hinauf zu den Sternen.
    »Warum spionieren Sie mir nach?«
    Ferdys Herz setzte eine Sekunde lang aus. Er stand, als wäre neben ihm der Blitz in ein Stück Metall gefahren, als hätte ein Stromstoß ihn

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