0860 - Rückkehr des Zeitlosen
Erregung geriet. Die Superintelligenz begann sich vor ihren eigenen Gestalten zu fürchten.
Die Entwicklung eskalierte, und der Terraner konnte sich vorstellen, daß BARDIOC allmählich das Stadium erreichte, in dem ein Mensch, der unter einem Alptraum litt, schweißgebadet erwachte.
Mit einem Schlag begriff Rhodan, daß er einen schweren Fehler begangen hatte. Der Schock, den er BARDIOC zugefügt hatte, schien seine Wirkung nicht zu verfehlen, aber es deutete sich an, daß das abrupte Erwachen der Superintelligenz nach vielen tausend Jahren unter dramatischen Umständen vonstatten gehen würde.
BARDIOC, das erkannte Rhodan ganz klar, würde von einer Sekunde zur anderen erwachen, aber er würde nicht fähig sein, zu begreifen, was geschehen war. Dazu hatte er einfach zu lange geschlafen und geträumt. BARDIOC würde nicht in der Lage sein, sich in der realen Umgebung zurechtzufinden. Er würde nicht erkennen, wo er sich befand.
Die Konsequenzen waren unübersehbar.
BARDIOC konnte den Verstand verlieren und im Zustand geistiger Umnachtung schlimmere Schäden anrichten, als er das in seinem Traum jemals getan hatte. Seine gesamte Mächtigkeitsballung war in Gefahr. Es war denkbar, daß in diesem nahezu unvorstellbar großen Gebiet ein Chaos von apokalyptischen Ausmaßen ausbrach.
Aber auch dann, wenn BARDIOC bei Sinnen bleiben sollte, war das Schicksal der in der Mächtigkeitsballung lebenden Völker in Frage gestellt.
Wie würden die Kleinen Majestäten reagieren, wenn der Kontakt zu der Superintelligenz abriß?
Wie würden sich jene Völker verhalten, die seit Jahrtausenden unter BARDIOCs Kontrolle standen und plötzlich keine Befehle mehr erhielten?
Rhodan brauchte nur an die Hulkoos zu denken. Er befürchtete, daß sie ohne BARDIOC verloren waren. Sie hatten sich daran gewöhnt, manipuliert und geführt zu werden. Ihre unerwartete Freiheit konnte tödlich für sie sein.
Der Übergang zwischen Schlaf und Wachsein hätte langsam vonstatten gehen müssen, dann wären die Gefahren weitaus geringer gewesen.
Rhodan wußte jedoch, daß es kein Zurück mehr gab.
Die von ihm an BARDIOC weitergegebenen Phantasieereignisse hatten längst einen ei-genen Mechanismus entwickelt, sie liefen ohne Zutun Rhodans in BARDIOCs Traum ab und übernahmen mehr und mehr die dominierende Rolle im Bewußtsein des gigantischen Schläfers.
Rhodan konnte die Kontrolle über seine eigenen Projektionen nicht zurückgewinnen.
Er war zum Zuschauen verurteilt.
Da er selbst die gesamte Entwicklung als eine Art Wachtraum erlebte, wurden seine Denk- und Handlungsweise von Faktoren bestimmt, die weitgehend unbewußt abliefen.
Rhodan nahm jedoch an, daß er zusammen mit BARDIOC erwachen würde.
Das bedeutete, daß sein Kontakt zu dem schlafenden Riesen im Augenblick des Erwa-chens völlig abreißen würde.
Welche Möglichkeiten blieben ihm dann noch, um sich mit der Superintelligenz zu verständigen?
Rhodan war pessimistisch. Niemand war in der Lage, BARDIOC auf die neue Situation vorzubereiten. Wenn das globale Gehirn wahnsinnig wurde, konnte dies zu einem Unter-gang dieses Planeten führen.
Rhodan versuchte sich vorzustellen, was aus der Symbiose zwischen BARDIOC und der Natur dieser Welt werden mochte. Wie würden die vielen Milliarden Tiere reagieren, die alle Symbionten BARDIOCs waren?
Der schlafende Terraner gestand sich ein, daß er all diese Entwicklungen viel zu wenig beachtet hatte. Getrieben von dem Wunsch, BARDIOC unter allen Umständen aufzuwe-cken, hatte er nicht wiedergutzumachende Fehler begangen.
Er mußte damit rechnen, daß er nicht der Retter, sondern der Mörder BARDIOCs wurde.
Und der Tod der Superintelligenz würde für die gesamte Mächtigkeitsballung eine Katastrophe werden.
Aus all diesen Überlegungen entwickelte Rhodan einen eigenen Alptraum. Sein unter dem schützenden Pflanzendach liegender Körper zitterte und bebte. Die bis unter seine Haut reichenden Ausläufer des Gehirns begannen zu zucken, als wollten sie zurückschnellen. Tiere, die sich in der Nähe aufhielten, erstarrten in ihren Bewegungen, um wenig später wie sinnlos hin und her zu laufen. Die Pflanzen in Rhodans Umgebung schlos-sen ihre Blüten und ihre Blätter rollten sich zusammen.
Es war, als sollte Rhodan aus der Symbiose, in die er sich integriert hatte, nun wieder ausgeschlossen werden.
Aber noch bestand die Verbindung zu BARDIOC, noch war der Terraner in der Lage, Ausschnitte des von ihm in Szene gesetzten Alptraums zu
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