0864 - Karas grausame Schwester
zu.«
»Warum?«
»Sie war gefährlich, Kara. Sie stand auf der falschen Seite, das war mir bekannt. Sie hat versucht, die Menschen hier aufzuwiegeln. Die hat mich gesehen, ich habe mit ihr gesprochen, und sie ahnte, warum ich gekommen war.«
»Warum denn?«
»Ich werde zu den anderen gehen. Dort ist meine Welt. Ich werde mich den Kräften in den Bergen anschließen, denn sie sind diejenigen, zu denen ich mich hingezogen fühle. Jeder muß sich entscheiden, um seinen Weg zu gehen. Du hast dich entschieden, ich ebenfalls.«
»Und mein Pferd? Was hat es dir getan…?«
»Nichts.«
»Dann hättest du es nicht zu töten brauchen.«
»Doch, meine Liebe, doch. Ich mußte es töten, denn ich wollte dir den Rückweg verbauen.«
Kara wußte nun, wie die Sache enden würde. Sie, Kara, sollte an diesen Ort gefesselt bleiben, um hier ihr Grab zu finden.
Ihr wurde kalt bei soviel Rücksichtslosigkeit und Brutalität der anderen Person, die sich früher nie gewehrt hatte, als man sie als Karas Schwester bezeichnete.
Das war sie nicht.
Sie war zu einer Feindin, zu einer Todfeindin geworden, und es würde ihr nichts ausmachen, Kara zu töten, denn ihre Waffe beherrschte sie traumhaft sicher.
Auf der Insel hatte sie ihr noch einmal eine Chance gegeben und ihr geholfen, aus den Resten des Schiffes ein Floß zu bauen. Mit dem war sie dann geflohen und auch durch die gefährlichen Untiefen der Klippen gelangt. Sie war dann von anderen Seefahrern gefunden und an Bord genommen worden. Das lag zurück, aber die Warnung hatte sie nicht vergessen. Die nächste Begegnung, die dritte, würde tödlich verlaufen.
»Du haßt mich, nicht wahr?«
Roya nickte.
»Warum? Was habe ich dir getan?«
»Du nicht viel. Es war das Umfeld, das ich bei euch erlebt habe. Dieses Tun, diese Menschlichkeit, die mir überhaupt nicht gefiel. Alles war nur darauf ausgerichtet, den Menschen zu helfen und ihnen den Mut zu geben, um ihr Leben…«
»Ist das denn etwas Schlechtes?«
»Ich sehe es anders.«
»Das kann man nicht. Wer mehr hat, so wie mein Vater, der muß von diesem Mehr etwas abgeben. Ob es nun etwas von seinem Wohlstand ist oder geistige Güter sind. Ich bin so erzogen worden, und ich werde mein ganzes Leben über so denken.«
»Wie du gedacht hast, ist mir egal.« Royas Stimme klang jetzt böse. »Ich jedenfalls habe einen derartigen Weg gehaßt. Ich denke an mich, ich will leben, ich will die Macht, und ich sage dir, daß ich auch dazu fähig bin, die Macht in meine Hände zu bekommen. Alles andere interessiert mich nicht. Du hättest auch dein Leben so weiterführen können, wie du es dir vorgestellt hast, aber du hast einen Fehler begangen, denn unsere Wege haben sich wieder gekreuzt. Wenn ich jetzt keinen Schluß mache, werden sie sich immer und immer wieder kreuzen, und das genau ist es, was ich nicht will, Kara.«
»Ja, das habe ich gehört.«
»Deshalb werde ich dich hier sterben lassen, aber ich gebe dir eine Chance, weil wir einmal für eine gewisse Zeit zusammengelebt haben. Du kannst dein Schwert nehmen und gegen mich kämpfen. Der Sieger des Kampfes wird überleben und sich auch weiterhin in diesem Land wohl fühlen.«
Kara dachte nach.
Sie wußte genau, daß sie im Kampf mit dem Schwert gut war. Aber war sie auch gut genug für Roya? Diese Person hatte nicht, wie Kara, nur geübt. Sie gehörte zu denen, die durch die Klinge ihrer Waffe schon zahlreiche Menschen umgebracht hatte, davon ging Kara einfach aus. Sie war böse, brutal und finster entschlossen, auch das letzte Hindernis aus dem Weg zu räumen. Und sie hatte sich der Umgebung angepaßt. Roya trug unauffällige Kleidung. Ein helles Oberteil und dünne Beinkleider. Ähnlich war auch Kara gekleidet, die sich auf das Gesicht ihrer Feindin konzentrierte und dort das Lächeln sah.
Es war das Lächeln der Siegerin. Ja, diese Person wußte genau, daß sie siegen würde. Nichts konnte sie mehr davon abhalten. In ihren Augen funkelte der Wille zum Tod. Sie wollte Kara auf dem Boden liegen sehen und zuschauen, wie sich deren Blut mit dem Staub der Erde mischte.
»Was ist?«
Kara nickte. »Ja, ich werde gegen dich kämpfen.«
Roya lachte sie scharf an. »Das habe ich auch von dir erwartet. Zudem bleibt dir nichts anderes übrig, sonst hätte ich dich getötet. So einfach ist das.«
Kara nickte zurück.
Sie nickte dabei und bekam mit, wie Roya eine locker wirkende Kampfhaltung einnahm. So reagierte nur jemand, der sich seiner Sache sicher war.
»Und jetzt?« rief
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