0864 - Karas grausame Schwester
und reite…«
Kara ließ sich nicht mehr bitten. Sie schwang sich auf den ungesattelten Pferderücken und ritt davon.
Sehr bald hatte die Nacht sie verschluckt…
***
Obwohl Kara eigentlich eine Pause gebraucht hätte, ritt sie tiefer hinein in das öde Land und lauschte dem Klappern der Hufe auf dem harten Gestein.
Das Licht wechselte.
Es gab Momente, wo der Wind die Wolkendecke aufriß, so daß große, freie Flächen entstanden, die aussahen wie dunkel poliertes Metall, auf dem sich der kalte Glanz der Sterne abzeichnete.
Dann wieder rückten die Wolken näher zusammen und verwehrten der einsamen Reiterin den Blick gegen den Himmel. Aber sie mußte weiter, sie konnte sich keine Pause erlauben, und das öde Land schluckte sie wie ein gewaltiger Schlund.
Es war trocken, es gab kein Wasser. Ihr Mund verglich sie mit einem Wüstenloch, und sie machte sich Vorwürfe, daß sie so schnell geritten war und sich keinen Proviant aus ihren Satteltaschen geholt hatte. Aber sie würde es überleben. Dieser letzte Kampf hatte sie hart und zäh gemacht.
Allmählich verließ sie die höher gelegenen Gegenden und erreichte eine gewaltige Talschüssel, die bei Wind in einem Meer von Staub gebadet wurde.
Kara konnte sich im Sternenlicht orientieren. Sie sah Schatten und mit Steinen gefüllte Inseln. Ihr Reittier war müder geworden und Kara war klar, daß sie dem Tier eine Pause gönnen mußte.
Sie selbst würde nicht ruhen oder schlafen können. Dazu war sie viel zu aufgeregt.
Kara wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, aber sie hielt das Tier an, als sie ungefähr die Mitte der Talschüssel erreicht hatte. Dort lagen Steine, die wie Sitzbänke wirkten, und Kara nahm diese Einladung gern an. Sie stieg vom Pferd, tätschelte es und ließ sich auf einem der Steine nieder. Ein etwas verloren wirkendes Lächeln umspielte ihren Mund. Sie dachte daran, daß beide, sie und das Tier unbedingt Wasser brauchten, doch bei dem spärlichen Licht war nichts zu finden.
Die Erschöpfung hatte Kara schwach gemacht. Sie sackte in sich zusammen und schief auf dem Stein ein.
Träume plagten sie.
Monströse Wesen erschienen ihr, die angriffen. Schreckliche Dämonen jagten aus der Luft auf sie zu, griffen sie an, und Kara sah sich im Mittelpunkt einer von Leichen übersäten Gegend, dabei mit zwei Schwestern zugleich kämpfend, von deren Klinge bei jeder Bewegung Blutstropfen wegflogen und gegen sie klatschten.
Tatsächlich wurde sie von Tropfen erwischt.
Etwas fuhr naß und klebrig in ihr Gesicht. Gleichzeitig hörte sie ein schrilles Geräusch.
Da hatte jemand gewiehert.
Wer?
Ihr Pferd!
Plötzlich war sie hellwach, öffnete die Augen und sah die Zunge des Tieres, die gegen ihr Gesicht fuhr. Es waren also keine Tropfen gewesen, die Zunge hatte sie berührt und ihre Träume dermaßen verändert.
Warum? Was war geschehen?
Im Moment war sie noch durcheinander und bekam nur mit, wie das Tier trampelnd und wiehernd zurücktrat und dabei den Kopf schüttelte.
Für Kara stand plötzlich fest, daß sich ihr eine gewisse Gefahr näherte oder schon da war.
Aber wo?
Sie hatte ihre entspannte Haltung verändert. Für einen Moment blieb sie starr hocken, dann stand sie auf, denn stehend konnte sie besser sehen, und sie mußte die Umgebung im Auge behalten.
Noch immer lag die tiefe Nacht über der Landschaft. Es hatte sich auch nichts verändert. Abgesehen von ihrem Pferd bewegte sich in der sichtbaren Nähe nichts.
Aber Kara war mißtrauisch. Das Tier hatte sie nicht grundlos geweckt, und auch jetzt zeigte es sich keineswegs beruhigt, denn es stampfte auf der Stelle, daß die Eisen auf den Steinen Funken sprühten.
Das Pferd bewegte hektisch den Kopf. Es warf ihn zurück in den Nacken, das Maul war dem Nachthimmel zugewandt, als wollte es Kara ein Zeichen geben.
Sie schaute auch nach oben.
Und sah die Gestalten!
Im ersten Moment hielt sie sie für Wolkenfetzen, keinesfalls für die schwarzen Vampire, aber der nächste Blick zeigte ihr, wer da oben seine Kreise zog und nicht mal sehr weit vom Erdboden entfernt war.
Es waren die Skelette des Schwarzen Tods, auf den Rücken ihrer urwelthaften Tiere. Kara hatte bisher noch nichts mit ihnen zu tun gehabt. Sie wußte allerdings, wer sie waren, und sie konnte sich vorstellen, daß Roya mit ihnen in Verbindung stand und sie der Siegerin nachgeschickt hatte.
Gegen die Vampire hatte sie gewonnen, doch die jetzt über den Himmel hinwegfliegenden Gestalten bereiteten ihr Angst.
Es waren
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