0865 - Auf ewig verflucht?
und klebrig. Er stöhnte in seine Handtrichter hinein. Er spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigt hatte. In seinem Kopf kreisten die Gedanken. Alles ging den Bach hinunter. Er kam mit dem normalen Leben nicht zurecht. Dieser Vorgang hatte ein gewaltiges Loch gerissen, und er sah, daß er die Hände zum Gebet faltete. Das brauchte er jetzt, er wollte um die Kraft des Allmächtigen bitten. Er wußte auch, daß er nicht allein auf der Welt stand. Es gab immer wieder Hilfe, auch vom Himmel, das stand für ihn fest.
Tief atmete er durch. Seine Hände rutschten von der glatten Gesichtshaut ab.
Der junge Priester starrte durch die Windschutzscheibe. Sein Herz klopfte nicht mehr so stark. Wo Licht ist, da gibt es auch Schatten, nach diesen Regeln lebte er. Das Leben war eben nicht nur sonnig, es gab auch finstere Tage, und jeder Mensch mußte irgendwann einmal durch einen Tunnel gehen.
So auch er.
Aber es gab Licht an seinem Ende.
Er hatte dank seiner Bekannten etwas in die Wege leiten können, und er wußte auch, daß der Mann aus London bei ihm eintreffen würde. Den genauen Flugplan hatte er nicht im Kopf, aber er rechnete mit diesem John Sinclair am Nachmittag.
Jetzt war fast Mittag.
Normalerweise spürte er um diese Zeit immer einen gewissen Hunger. Diesmal nicht, dazu war er zu nervös.
Tief durchatmen, sich auf das Leben und auf die alltägliche Umgebung konzentrieren.
Dazu gehörte auch der kleine Wagen. Im Zündschloß steckte der Schlüssel. Dorani griff nach ihm und drehte ihn um. Der Motor sprang sofort an.
Rückwärts rangierte der Priester den Fiat aus der Lücke und fuhr viel zu schnell den Weg wieder hinab. Der Wagen schleuderte sogar einige Male.
Auch als er das Dorf erreicht hatte, fühlte er sich kaum wohler. Hier stand die Hitze. Er kümmerte sich nicht um die wenigen Menschen, die vor ihren Häusern saßen und ihm nachwinkten. Er wollte so schnell wie möglich zurück zur Kirche. Er brauchte deren Ruhe und Kühle, nur dort konnte er wieder zu sich selbst finden.
Das kleine Gotteshaus grüßte ihn vom Hügel herab. Die weißen Mauern strahlten das Sonnenlicht ab und wirkten deshalb noch heller. Wie eine in der Luft schwebende Heiligenerscheinung. Dieser Anblick gab ihm wieder Trost, und er dachte daran, daß es nicht nur Schlechtes auf der Welt gab.
Beinahe hätte der junge Geistliche den Jungen übersehen, der mitten auf der Straße stand und winkte. Er war urplötzlich aus einer der schmalen Gassen erschienen, und Dorani mußte hastig auf die Bremse treten.
Der Junge klopfte gegen die Scheibe, die der Priester hastig nach unten kurbelte.
»Was ist denn los, Pedro?«
»Sie haben Besuch bekommen, Signore.«
»Oh.« Die Augen des Mannes leuchteten. »Das ist toll. Hast du es genau gesehen?«
»Si.«
»Dann danke ich dir.«
Der Junge wollte noch etwas sagen, aber Ernesto hatte es plötzlich eilig. Er wunderte sich schon darüber, daß der Mann aus London so früh bei ihm eingetroffen war, aber das gehörte eben dazu. Er war ein Profi. Außerdem lagen die beiden Städte Neapel und London so weit nicht voneinander entfernt. Mit dem Düsenclipper fast ein Katzensprung.
Der junge Pfarrer fuhr bis vor die Kirche, sah aber kein Fahrzeug und dachte, daß John Sinclair wohl ein Taxi genommen hatte. Seinen Wagen stellte Dorani hinter der Kirche ab.
Und dann sah er den Mercedes!
Dunkel, schwarz und durch die abgedunkelten Scheiben drohend aussehend, stand er auf dem Fleck, beschienen von der Sonne, die auch ihn aufheizte.
Im Magen Doranis ballte sich etwas zusammen. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, und der Schweiß strömte aus. Er schwitzte auch im Nacken, und er überlegte, ob er aussteigen sollte.
Das war bestimmt nicht der Mann aus London. Er fuhr keinen Wagen mit einem Kennzeichen, das der Priester schon einmal gesehen hatte. Allerdings in der Nacht. Da war der Mercedes die Serpentinen hochgefahren und hatte vor dem Haus gehalten.
Von der rechten Seite kam jemand. Der Priester drehte den Kopf in diese Richtung.
Darauf hatte der an der linken Seite nur gewartet. Mit einer glatten Bewegung riß er die Tür auf, und plötzlich schrie Dorani vor Schmerz auf, denn da hatte die Hand in sein Haar gegriffen und bereits den Kopf zurückgezogen.
»Aussteigen, Pfaffe, ab jetzt geben wir den Ton an…«
***
Neapel!
Mein Gott, ich war wieder da und dachte abermals daran, was über diese Stadt nicht alles geschrieben worden war und was darüber noch immer geschrieben wurde.
Das alles
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