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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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offensichtlich zielgerichtete Handlung.
    So intelligent Rabenvögel auch sein mögen, so etwas können sie nun doch nicht , schoss es Zamorra durch den Sinn. Er sah darin ein weiteres Indiz für dämonische Beeinflussung.
    Eine junge, hübsche Frau mit violett gefärbten Haaren trat aus dem Aufzug. Sie wurde grausam getötet. Danach verschwanden die Vögel wieder. Wohin, entzog sich dem Zugriff des Amuletts.
    Dazu hätte Zamorra nun den Weg der Tiere verfolgen müssen. Er hätte es wahrscheinlich auch getan, doch die nachfolgende Szene erschien ihm wesentlich interessanter.
    Der Aufzug öffnete sich erneut. Eine Gruppe Jugendlicher trat heraus. Die blonde Frau gehörte anscheinend nicht dazu. Sie hielt sich im Hintergrund.
    »Was macht sie da?«, murmelte er kurz darauf. »Das ist ja hochinteressant.«
    ***
    14.Dezember 1678, Hofburg Wien:
    Gräfin Theresia Maria von Waldstein starrte durch die Fenster ihrer Gemächer in das anhaltende Schneetreiben hinaus. Sie spielte gedankenverloren in ihren schulterlangen, weißblonden Haaren herum. Seit Tagen schon machte sich der gesamte Hof heimlich über sie lustig. Und als sei dies noch nicht genug, hatte diese bodenlose Impertinenz auch noch auf das gemeine Volk übergegriffen. In den Wiener Schänken, die sie regelmäßig in Verkleidung und daher unerkannt besuchte, wurden die ersten Spottlieder auf sie gesungen.
    Die Gräfin brauchte sich keinerlei Gedanken zu machen, woher Hof und Volk von diesem an und für sich diskreten Vorgang wussten. Hofmeisterin Maria Sidonia Stürckh von Plankenwarth hatte sicherlich das ihre dazugetan, um die Zurückweisung öffentlich werden zu lassen.
    Damit hätte die Gräfin durchaus leben können. Theresia Maria musste sich aber eingestehen, dass sie die Umstände völlig falsch eingeschätzt hatte und damit ihr wirkliches Ziel last unerreichbar wurde. Sie war sich völlig sicher gewesen, dass man der Tochter des Kaisers, und sei sie zehnmal unehelich, die Aufnahme in den Orden nicht verwehren werde. Denn Kaiserin Eleonora hatte Ferdinand wirklich geliebt und wusste darum, wie gerne er die kleine Theresia Maria gehabt hatte. Mehr noch als seine ehelichen Kinder hatte er das kleine Mädchen mit seiner Zuneigung bedacht. Nach einigem Hin und Her würde ihr die Kaiserin ihren an und für sich bescheidenen Wunsch schließlich doch gewähren, dessen war sie sich völlig sicher gewesen.
    Lag es vielleicht daran, dass Eleonora Gonzaga von ihrem geheimen Leben Kenntnis erlangt hatte?
    Wahrscheinlich. Und nun, da die Dinge einmal ausgesprochen waren, erlangten sie eine gefährliche Eigendynamik. Heute Morgen hatte sich ein Augustinermönch bei ihr vorgestellt und ein wenig mit ihr geplaudert. So nett er sich gab, hatte er ihr doch äußerst unangenehme Fragen gestellt. Bruder Theobaldus gehörte, wie sie nur zu genau wusste, der Heiligen Inquisition an. Gut, normalerweise hatten höhergestellte, vor allem adelige Persönlichkeiten, keinen Inquisitor zu fürchten; die hochnotpeinliche Befragung mussten fast ausschließlich Angehörige niederer Stände erdulden. Doch Bruder Theobaldus hatte mit ausdrücklicher Genehmigung der Kaiserin vorgesprochen.
    Was sollte sie nun tun?
    Burli auf ihrer Schulter krächzte leise. Er pickte sie zärtlich am Ohrläppchen, so, als wolle er sie beruhigen, weil er ihre Angst spürte.
    Plötzlich stank es intensiv nach Schwefel. Mit einem panischen Schrei flatterte Burli an die Decke. Theresia Maria fuhr herum. Ihre Augen weiteten sich. Mitten im Zimmer stand ein groß gewachsener Kavalier von düsterer Schönheit. Stechend schwarze Augen, in denen es gleichzeitig rötlich glühte, sahen sie aus einem melancholisch wirkenden, gut geschnittenen Gesicht an. Die schwarze Lockenperücke verstärkte den Eindruck des Düsteren noch, ebenso die prachtvollen, schwarzen Federn auf dem Dreispitz. Der Kavalier hatte sich in ein Wams und eine Rheingrafenhose gehüllt, einem mit Bandschiuppen übersäten Hosenrock, der seit Neuestem die Mode an den Höfen Europas bestimmte. Zudem war der Düstere nach aktueller Art geschminkt, ohne allerdings so übertrieben weibisch wie momentan die meisten Männer bei Hofe zu wirken.
    »Asmodis«, hauchte Theresia Maria und fiel auf die Knie. Als der Fürst der Finsternis nähertrat, kroch sie zu ihm hin und begrüßte ihn mit dem obszönen Kuss auf seinen Hintern, den er gnädigerweise für sie freilegte. So bezeugte sie ihm Liebe und Unterwerfung gleichzeitig.
    Asmodis stieß sie von sich.

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