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0867 - Emily

0867 - Emily

Titel: 0867 - Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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das Zimmer. Wir aber konnten hineinschauen und sahen die Patientin am Tisch sitzen und malen.
    »Hi, Emily!«
    Als sie die Stimme des Arztes hörte, drehte sie den Kopf. Ein Lächeln huschte über ihren Mund.
    »Oh, Sie sind's, Doktor.«
    »Wie du siehst.«
    »Finde ich toll.«
    Er trat an sie heran, strich über ihren Wuschelkopf und schaute zu uns. »Ich habe Besuch mitgebracht, Emily. Sehr nette Leute, die sich gern mit dir unterhalten wollen.«
    Sie blickte zu Prudomme hoch. »Mit mir?«
    »Ja.«
    »Aber warum?«
    »Das werden sie dir selbst sagen.«
    Auf Prudommes Wink hin betraten wir den Raum. Ich als letzter, und ich schloß auch die Tür.
    Emily schaute uns an. Die Stirn hatte sie gerunzelt, die Augen waren ein wenig schmaler geworden, und sie machte den Eindruck eines Menschen, der überlegte, ob er das, was er sah, nicht schon einmal gesehen hatte. Auf ihrem Stuhl blieb sie sitzen, nahm dabei jedoch eine Haltung ein, als wollte sie jeden Moment hochschnellen und verschwinden.
    »Das sind meine Bekannten, Emily.«
    »Ja, sehe ich.«
    »Möchtest du, daß ich sie dir vorstelle?«
    »Egal.«
    Sie bekam die Namen gesagt. Ich ließ sie dabei nicht aus den Augen, doch sie reagierte äußerlich nicht, sondern blieb stumm. Dennoch ging ich davon aus, daß wir ihr so fremd nicht waren.
    Ich suchte nach einer Möglichkeit, das Eis zwischen uns zu brechen und fragte sie: »Du malst gern?«
    »Ja.«
    »Was denn?«
    »Ist doch egal.«
    »Bitte, Emily«, mischte sich Prudomme ein. »Sei doch nicht so abweisend. Meine Bekannten interessieren sich für deine Bilder. Ich habe ihnen auch deinen von dir gemalten Freund gezeigt.«
    »Ach - hast du?«
    »Ja.«
    »Er gefällt uns«, sagte ich, weil weder Shao noch Suko Anstalten trafen, mit dem Mädchen zu sprechen. Sie hielten sich zurück, sogar bewußt, was mich mißtrauisch werden ließ. Anscheinend gab es doch keinen Draht zwischen ihnen und Emily.
    Sie hob die Schultern, beugte sich dann nach vorn und legte beide Arme auf ihre neueste Zeichnung, damit wir sie nicht sehen konnten. Sie kam mir vor wie jemand, der etwas zu verbergen hatte. Ich wollte sie auch nicht quälen, wunderte mich aber nur, daß Shao und Suko das Zimmer verließen und im Flur warteten.
    Danach entspannte sich Emily wieder. Es hatte den Anschein gehabt, als hätten Suko und Shao sie gestört.
    »Einen so tollen Freund wie du möchte ich auch mal haben«, nahm ich den Faden wieder auf.
    »Heißt er wirklich Zebulon?«
    »Ja.«
    »Ist ungewöhnlich, der Name.«
    »Aber toll.«
    »Liebst du ungewöhnliche Namen?«
    »Meiner ist es doch auch«, sagte sie.
    »Klar, da hast du recht. Auch ich kenne Menschen mit ungewöhnlichen Namen.« Ich zählte einige auf, und vor dem letzten legte ich eine kleine Pause ein. »Absalom gehört noch dazu.«
    Jetzt war ich gespannt auf ihre Reaktion, und Emily tat zunächst nichts. Sie saß einfach nur da, starrte auf ihre halbfertige Zeichnung und suchte nach den passenden Worten. »Wie kommst du gerade auf ihn?«
    »Ich kannte mal einen Mann, der so hieß. Er lebt nicht mehr. Er hat in Paris gewohnt. Er kam gut mit Ratten aus, und er ist auf einem Friedhof gestorben, zwischen Ratten.«
    Sie hob die Schultern.
    »Du kennst ihn nicht zufällig.«
    »Warum sollte ich?« Die Frage klang aggressiv.
    »Nun ja, er hat, bevor er starb, ein paarmal den Namen Emily gesagt. Das hat er tatsächlich getan.«
    »Meinte er mich?« Sie lachte etwas unmotiviert, als wollte sie die Szene entspannen. »Das glaube ich nicht, denn es gibt viele Emilys, das kannst du dir denken.«
    »Glaube ich auch.«
    Sie konnte denken, das bewies ihre nächste Frage. »Glaubst du denn, daß er mich gemeint hat?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Aber du bist gekommen, um mich das zu fragen.«
    »Auch.«
    »Warum noch?«
    »Um mit dir über deinen tollen Freund zu reden. Kannst du dir vorstellen, daß auch ich ihn kenne?«
    Emily überlegte. Sie schüttelte den Kopf, dann drehte sie sich auf dem Stuhl sitzend zur Seite.
    »Du… du… kennst ihn?«
    »Ich denke schon.« Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie der Arzt die Augenbrauen anhob. Das Gespräch lief seiner Meinung nach in eine falsche Richtung, aber ich würde trotzdem am Ball bleiben. Es war nur wichtig, daß er sich nicht einmischte.
    Jetzt wußte Emily nicht, was sie noch sagen sollte. Sie schaute zu Boden. Meine Worte hatten sie irritiert. Es konnte wohl nicht sein, daß noch jemand anderer ausgerechnet ihren Freund Zebulon kannte, der doch nur für sie

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