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0867 - Emily

0867 - Emily

Titel: 0867 - Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Shao.
    »Natürlich.«
    »Wie interessant?«
    »Wissen Sie, Madame, das ist nicht mit einem oder zwei Sätzen zu sagen. Da ist mehr hinzugekommen. Da ballt sich etwas zusammen, das müssen Sie mir glauben. Ich habe schon viele Patienten gehabt, aber diese Emily ist etwas Außergewöhnliches.«
    »Inwiefern?«
    Er nickte vor sich hin. »Jetzt ist sie sechzehn Jahre alt. Was ist sie dann, frage ich Sie? Ein Kind? Nein. Ein Teenager? Okay, das akzeptiere ich. Aber Emily ist auch kein Teenager. Sie ist auf der einen Seite, eine erwachsene Person, auf der anderen aber noch ein Kind geblieben. In ihr befinden sich also zwei Seelen, zwei Zustände, und diese beiden unter einen Hut zu bekommen, ist mehr als schwierig. Wenn nicht sogar unmöglich. Emily ist ein Zwitter, die zwischen zwei Personen hin und herschwingt. Man kann sie nicht fassen, sie ist einmal so, dann wieder so. Immer wenn ich gedacht habe, ihr nähergekommen zu sein, ist sie mir wieder blitzschnell entglitten.«
    »Was heißt das?« fragte Suko.
    »Es ist schwer für mich, es zuzugeben, aber ich will ehrlich sein. Ich kam mit dieser Patientin nicht zurecht. Ich mußte zugeben, daß sie mir über war. Ich bin nicht an sie herangekommen. Sie tauchte mir immer weg. Wie ich es auch versuchte, welche Tricks ich auch anwandte, ich konnte den Panzer nicht durchbrechen. Der war dick wie das Eis am Pol. Sie hatte ihn um sich gelegt. Sie ließ keinen Menschen an sich heran. Da war sie stur.«
    »Welches Motiv hatte sie denn für ihre Taten?« fragte Shao. »Haben Sie das herausfinden können?«
    »Es war wohl Haß. Sie hat ihre Eltern unwahrscheinlich gehaßt. Sie kam mit ihnen nicht zurecht. Soviel mir bekannt ist, war sie ein sehr aufgewecktes Kind, das aber seinen eigenen Weg gehen wollte. Emily war sehr kreativ, sie sah gewisse Dinge anders als wir normalen Menschen, und ihre Eltern kamen nicht mit ihr zurecht. Sie hielten sie für eine Spinnerin, für aggressiv, für aufsässig…«
    »Das sind viele Kinder«, sagte Shao. »Deshalb steckt man die Tochter doch nicht in ein Heim.«
    »Da haben Sie recht. Aber Emily war eben doch anders. In ihrer Umgebung ereigneten sich Todesfälle. Es gab tote Katzen, tote Hunde, und sie hatte ihren Spaß daran.«
    »Moment«, mischte ich mich ein. »Hat Emily diese Tiere denn auf dem Gewissen? Hat sie sie umgebracht?«
    »Das ist die Frage. Ich habe versucht, dies herauszufinden.« Prudomme hob die Schultern. »Es ist mir nicht so recht gelungen, und ich sehe Emily auch nicht als eine direkte Mörderin an, sondern mehr als eine indirekte.«
    »Das ist schwer nachzuvollziehen«, gab ich zu.
    »Stimmt, es ist nicht einfach. Aber wir müssen uns damit abfinden, Monsieur Sinclair.«
    »Sie umgibt also ein Geheimnis«, sagte Suko.
    »Richtig.«
    »Hat man denn herausgefunden, weshalb sie ihre Eltern tötete?«
    »Das schon. Sie wollte nicht mehr zurück in dieses Heim. Es muß für sie die Hölle gewesen sein. Alles - nur kein Heim mehr. Aber ihre Eltern zeigten kein Pardon. Es war so beschlossen, und danach hatte sich ihre Tochter zu richten. Was damit angerichtet worden war, muß ich Ihnen ja nicht extra sagen.«
    »Natürlich«, murmelte ich. »Darf ich fragen, was Sie mit Emily Craton vorhaben?«
    »Ich werde sie beobachten. Ich habe ihr zudem einen Gefallen getan«, erklärte der Arzt und lächelte.
    »Einen sehr großen Gefallen sogar. Ich habe sie in ein Zimmer gelegt, wo sie isoliert ist. Sie hat keinen Kontakt zu den anderen Patienten.«
    »Und das war richtig?« wollte Suko wissen.
    »In Emilys Fall schon. Sie ist einfach nicht der Typ, der mit anderen zusammen sein kann. Ich meine nicht einmal, daß sie mit ihnen das Zimmer teilt. Sie muß allein bleiben, und Sie werden es kaum nachvollziehen können, ich habe das Richtige getan. Ich will nicht sagen, daß sie glücklich ist, sie zeigte sich sehr zufrieden. Sie hat alles, was sie braucht, und sie ist auch mir gegenüber nicht aufsässig. Ich habe nicht erlebt, daß sie mir Haßgefühle entgegenbringt. Nein, wir unterhalten uns beinahe wie Vater und Tochter. Wir können über alles reden, und ich kann dabei ihre Reaktion studieren. Oft, zu oft für meinen Geschmack, handelt sie noch wie ein Kind, dann macht sie wieder den Sprung und ist plötzlich die Erwachsene.« Er breitete die Arme aus und streckte die Hände. »Aber dazwischen fehlt etwas. Sie hat eine Entwicklungsstufe übersprungen.«
    »Ist sie begabt?« fragte Shao.
    »Ja…« Ein Zögern. »Auf eine gewisse Art und

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