0867 - Emily
mir sonst brechen können.
Der Treffer hatte der Person mit dem Beil nichts getan. Nach wie vor stand Shao vor mir, die Waffe in der rechten Hand.
Sie kam wieder.
Locker schwang sie ihr Beil.
Auf und nieder, dann schwungvoll den rechten Arm in die Höhe gerissen.
Sie kämpfte wie ein Automat und versuchte erneut, mich zu treffen.
Mein Schädel wurde nicht gespalten, denn ich war schneller, griff mit beiden Händen nach ihrem Waffenarm und umklammerte ihn an ihrem Handgelenk.
Die Person war für einen Moment dermaßen überrascht, daß sie nicht reagierte. Deshalb fiel es mir leicht, sie herumzuschleudern. Sie geriet dabei in den Kreisbogen. Ich hebelte ihr noch die Beine weg, ließ sie dann fallen und wartete genau den Zeitpunkt ab, als sie sich mit einer schnellen Drehung erhob, um den neuen Angriff zu starten.
Diesmal hatte ich den Eindruck, daß sie das Beil werfen wollte. Ich war zu dicht in ihrer Nähe, sie würde immer treffen, deshalb mußte ich blitzschnell reagieren.
Diesmal erwischten sie beide Füße. Ich war katzenhaft gewandt gegen sie gesprungen, hatte sie zwischen Brust und Unterleib so hart getroffen, daß sie nach hinten geschleudert wurde. Mit den Armen ruderte sie vergeblich. Der Stacheldraht fing sie auf.
Ich hebelte sie über den Draht hinweg, und wieder hatte ich den Eindruck, es mit einer Puppe zu tun zu haben. Der Schwung war groß genug. Da ich sie letztendlich an den Beinen festhielt, gab ich ihr noch einen harten Stoß mit auf die Reise.
Die Person Shao durchbrach die Büsche, prallte dann auf den Rücken, rutschte noch weiter, weil der Boden nahe des Teichs doch ziemlich feucht war, und einen Augenblick später hatte sie den Rand erreicht.
Da war das Wasser.
Es schnappte zu.
Die schwere Person tauchte unter. Mit dem Kopf zuerst verschwand sie in der trüben Brühe und war zunächst einmal nicht zu sehen. Das Wasser geriet in heftige Wellenbewegungen, es schwappte gegen das Ufer. Das Schilf schwankte, die Blätter auf der Oberfläche tanzten, und auch die Beine wurden verschluckt.
Der ruhige Teich war in Aufruhr geraten. Die Wellen bildeten ein wirres Muster. Lichtreflexe verirrten sich auf den Kämmen, es war unmöglich, in den Teich hineinzuschauen.
Ich sah die Person nicht.
Noch trennte mich der Stacheldraht und das Buschwerk von meinem Ziel. Ich kletterte auch nicht über die Umrandung hinweg, denn ich rechnete damit, daß etwas geschehen würde. Diese Person war noch nicht erledigt. Ich glaubte einfach nicht daran, daß sie ertrinken würde. Die nicht!
Sie würde wieder hochkommen, und wenn ich sie dann sah, würde ich sie erwarten.
Womit?
Kreuz oder Beretta?
Ich entschied mich für das Kreuz. Ich wollte sehen, ob ihr seine positive Aura etwas ausmachte. Für mich war sie ein Geschöpf, das sich nach anderen Regeln bewegte. Sie war das Grauen pur, sie gehorche den Gesetzen der Finsternis, und dagegen stand ich nun einmal.
Das Wasser bewegte sich wieder. Anders als beim Eintauchen der Person, was mir wiederum sagte, daß sie auf dem Weg nach oben war. Ja, sie würde erscheinen, sie sollte es, ich lauerte darauf.
Der Kopf tauchte auf.
Er mußte im Schlamm gesteckt haben, denn er hatte sich der Farbe des Wassers und des Ufers angepaßt.
Mund und Augen waren weit geöffnet. Ich ging davon aus, daß sie keine Luft holen mußte, dafür hob sie den Arm, und ich bekam mit, daß sie den Griff des Beils nicht losgelassen hatte.
Aber ich besaß das Kreuz.
In der linken Hand hielt ich es. Mit der rechten hatte ich den Griff der Beretta umfaßt und zielte ebenfalls auf die aus dem Wasser steigende Person.
Sie kümmerte sich nicht darum. Mit keiner einzigen Bewegung gab sie zu erkennen, daß sie gestört wurde.
Wieder hob sie den Arm.
Ich stellte mich darauf ein, ihr eine Kugel in den Schädel zu schießen.
Aber es kam anders, denn wieder erlebte ich diesen unheimlichen Vorgang, den ich auch vom Friedhof her kannte…
***
Der Kampf!
Emily keuchte heftig. Sie war in Schweiß gebadet. Ihr Gesicht hatte sich auf eine ungewöhnliche Art und Weise verändert. Die Haut war nicht nur bleich geworden, sondern auch sehr dünn, so dünn, daß sich dahinter schattenhaft etwas abmalte.
Ihre Gestalt kämpfte.
Sie tat ihr Bestes.
Aber da war der andere.
Emily spürte seine feine Ausstrahlung. Dieser Mensch hatte etwas an sich, mit dem sie nicht zurechtkam. Sie wollte nicht eben behaupten, daß sie sich vor ihm fürchtete, aber geheuer war er ihr nicht. Niemals war ihr eine
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