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0869 - Der Affengott

0869 - Der Affengott

Titel: 0869 - Der Affengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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flogen heran. Diesmal sehr viel kleinere Exemplare. Von der Menschenmenge auf dem Boulevard Mao Tse Toung und dem angrenzenden Toul Tom Pon Market schien niemand auf diese kleinen, teilweise gerade handgroßen Flieger zu achten, die ziemlich hoch über ihnen hinwegjagten.
    Einige der kleineren Lemuren flogen einfach zwischen den Gitterstäben hindurch. Die größeren hatten erstaunlich biegsame Körper. Sie quetschten sich einfach durch das Gitter hindurch. Dabei waren sie jedoch so langsam, dass sie leichte Beute der Nagas wurden. Ihre Schlangenköpfe zuckten hin und her, schnappten sie zielsicher aus der Luft. Manche dieser Schutzgeister verschossen platinfarbene Strahlen, die die Eindringlinge verschmoren ließen. Ein verbrannter Geruch mischte sich mit dem Hauch der Fäulnis.
    Valerie konnte kaum atmen.
    Sie wäre wie erstarrt stehen geblieben, wenn François Lon sie nicht zurückgerissen hätte.
    »Vorsicht!«, rief er.
    Die Schlangenköpfe der Naga vernichteten einen Lemuren nach dem anderen.
    Aber letztlich waren es zu viele, um sie alle aufzuhalten. Von draußen war ein unheilvolles Rauschen zu hören, und Valerie brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass es durch das Schlagen von Lemurenflügeln verursacht wurde.
    Die ersten Schreie des Entsetzens drangen jetzt auch vom Boulevard herauf. Offenbar waren Passanten auf den Schwärm der Schattenkreaturen, der über ihnen schwebte, aufmerksam geworden.
    Da gelang es dem ersten Lemuren, die Abwehrfront der Nagas zu durchbrechen.
    Es war ein Lemure, der kaum größer als eine Faust war.
    Er schnellte durch die Luft. Seine Flügel bewegten sich schnell, dass man sie kaum sehen konnte. Mit aufgerissenem Maul und ausgestreckten Krallenhänden stürzte er sich auf François Lon.
    Und im nächsten Moment wurde Valerie klar: Sie haben es gar nicht auf mich abgesehen - denn meine Seele besitzen sie schon! Sie sind wegen François hier!
    ***
    Zamorra und Nicole hatten sich schon ziemlich die Füße platt gelaufen, als sie am Sivutha-Boulevard in der Nähe des Olympia-Sportzentrums endlich ein Taxi fanden. Sie hatten sogar die freie Auswahl, denn mindestens zwanzig Wagen der unterschiedlichsten Typen warteten hier. Sie hatten Besucher zum Wat Moha Montei gebracht, einem bedeutenden Kloster. Dem Schicksal anderer Sakralbauten, deren Steine während der Herrschaft der Roten Khmer als Baumaterial verwendet wurden, entging das Kloster dadurch, dass es als Kornspeicher Verwendung fand.
    Etwa eine halbe Stunde später erreichten Zamorra und Nicole den Boulevard Mao Tse Toung. Sie stiegen aus und bezahlten den Fahrer, der sich mit seinem Wagen - einem roten Toyota - durch das Getümmel am Toul Tom Pon Market quälen musste. Zamorra und Nicole kamen hier zu Fuß schneller voran.
    Die Hausnummern standen häufig nicht an den Häusern, was die Suche aber nur geringfügig erschwerte. Auf die Routenplanerfunktion des GPS-tauglichen TI Alpha war jedenfalls mehr Verlass als auf die amtlich lizenzierten Schildermaler von Phnom Penh.
    »Das muss es sein!«, deutete Zamorra auf ein dreistöckiges Gebäude.
    »Na, Gott sei Dank!«, stieß Nicole vor. »Meine Schuhe bringen mich um!«
    »Du hättest dir etwas Bequemeres anziehen können!«
    »Pass auf - dass kann ich nachholen!«
    »Bloß nicht! Hier in Asien ist man sehr züchtig, und ich möchte jetzt ungern riskieren, dass man dich auf der Stelle verhaftet!«
    Zamorra griff mit der Rechten an sein Amulett.
    Nicole sah bereits an seinem angespannten Gesichtsausdruck, was los war.
    »Kommen wir noch rechtzeitig?«, fragte sie.
    »Das weiß ich nicht…«
    Eher aus dem Augenwinkel heraus hatte er flüchtig etwas daherfliegen sehen, das vielleicht ein Lemure war…
    Suchend ließ er den Blick schweifen.
    Im nächsten Moment verdunkelte sich der Himmel.
    Wie aus dem Nichts flogen plötzlich mindestens zweihundert Lemuren unterschiedlichster Größen über die Köpfe der Marktbeschicker hinweg. Das Rascheln, das dabei entstand, wirkte gespenstisch. Es mischte sich mit den panischen Schreien der Marktbesucher.
    Kreischend flogen die geflügelten Affen auf das Haus von François Lon zu.
    Manche von ihnen klatschten einfach gegen die Fassade und krallten sich in den Mauerfugen fest oder hingen an Fenster und Türen. Einige von ihnen stießen nichtmenschliche Schreie aus.
    Der größte Teil dieser grausigen Brut konzentrierte sich auf ein Fenster im dritten Stock. Diejenigen Lemuren, die keinen geeigneten Landeplatz fanden, flogen einen

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