087 - Bei Vollmond kommt der Tod
sollte.
Es gab Landstreicher, Tramps, die keinen festen Wohnsitz hatten, mal hier unterkrochen, mal da schliefen.
Vielleicht hatte so einer die Höhle für diese Nacht entdeckt.
»Wer ist da?« fragte Harper scharf.
Er zog sein langes Fahrtenmesser.
»Junge, ich rate dir zu antworten! Tu nicht so, als wärst du nur schlechte Luft. Ich weiß, daß du da bist. Ich spüre dich!«
Nichts regte sich, aber aus der Dunkelheit schwebten Leon Harper kaum wahrnehmbare Geräusche entgegen, die ihm bestätigten, daß der Kerl ganz in der Nähe war.
»Zu deiner Information, ich habe ein Messer in der Hand«, knurrte Harper. »Die Klinge ist so lang, daß ich dich damit durchbohren und hinten einen Hut aufhängen kann.«
Er fürchtete um seine Beute. Er hatte all das Zeug nicht geklaut, damit es ihm ein anderer wegnahm. Nein, der Dieb war er, und ein Dieb läßt sich nicht bestehlen.
»Dies ist meine Höhle«, behauptete er. »Ich bin nicht bereit, sie mit jemandem zu teilen. Also pack deine Siebensachen, so du welche hast, und verdufte, bevor ich ungemütlich werde.«
Als alles Reden nichts nützte, zündete Harper sein Feuerzeug an. Das Flämmchen flackerte und zuckte nervös. Es duckte sich, als hätte es Angst.
Der Lichtschein, der sich ständig bewegte, fiel auf einen Mann, der ebenso groß und kräftig war wie Leon Harper.
Harper störte es, daß der Bursche überhaupt keine Furcht zeigte. Nicht den geringsten Respekt hatte der Kerl vor ihm, obwohl er ein Fahrtenmesser in der Hand hielt.
Der nimmt mich nicht ernst! dachte Leon Harper, und das ärgerte ihn.
Der Mann hatte einen hohen, schmalen Kopf und eng beisammenstehende dunkelbraune Augen. Er war gekleidet wie ein Waldläufer aus vergangenen Tagen, als in Kanada noch der Pelzhandel blühte.
Scheinbar gelassen lehnte der Unbekannte an der grauen Felswand und musterte sein Gegenüber.
» Deine Höhle, hm?« sagte er kalt.
»Allerdings!« erwiderte Harper rauh.
»Ich beobachte dich seit einiger Zeit.«
Harper schluckte. Das war ihm nicht aufgefallen. War der Kerl am Ende ein Bulle? Eines stand für Harper fest: Ins Gefängnis würde er nicht gehen. Da sollte lieber dieser verrückte Polizist, der es gewagt hatte, ihm hier aufzulauern, dran glauben.
»Du bist Leon Harper«, sagte der Fremde.
»Und?« erwiderte Harper und hob trotzig den Kopf.
»Du wirst von der Polizei gesucht, weil du wie ein Rabe stiehlst.«
Leon Harper kniff die Augen zusammen. »Du hast einen ganz großen Fehler gemacht, Freund. Leon Harper zu fangen, ist nicht so einfach, wie du dir das vorgestellt hast. Ich gehe keinen Schritt mit dir. Wenn du's genau wissen willst, hängt dein Leben nur noch an einem seidenen Faden.«
Der Fremde grinste eisig. »Du willst mich umbringen?«
»Man würde irgendwann mal dein Skelett finden. Daß es Leon Harper getan hat, ließe sich nicht nachweisen. Kannst du mir einen Grund nennen, warum ich dir nicht die Gurgel durchschneiden sollte?«
»Ich bin unbewaffnet.«
»Das macht es mir um so leichter.«
Der Mann spreizte die Arme ab und kam zwei Schritte näher. Obwohl er nicht bewaffnet war, wirkte er ungemein gefährlich.
Das beunruhigte Harper. Er ließ die Messerspitze auf und ab wippen, damit der Unbekannte sie registrierte.
»Du hättest einen Zweiten mitbringen sollen«, sagte er drohend. »Allein bist du mir nämlich nicht gewachsen.«
Der Fremde lachte rauh. »Wenn ich wollte, könnte ich dich jederzeit töten.«
»Du nimmst den Mund ganz schön voll, was?« Erste Zweifel kamen Leon Harper. Hatte er es wirklich mit einem Bullen zu tun? Ein Polizist redete nicht vom Töten, sondern vom Einsperren.
»Ganz schön, was du da zusammengestohlen hast«, sagte der Unbekannte.
»Wenn du dir Hoffnungen machst, daß ich mit dir teile, muß ich dich bitter enttäuschen«, gab Harper zurück. »Das Zeug gehört jetzt mir und wird von mir zu Geld gemacht.«
»Stehlen«, sagte der Fremde verächtlich. »Ist das der einzige Sinn deines Daseins? Ein großer, starker Mann in der Blüte seines Lebens vergeudet seine Kraft mit lächerlichen Diebereien. Ich habe etwas Besseres, Größeres mit dir vor.«
»Und wenn ich nicht interessiert bin?«
Der andere lachte frostig. »Dann müßte ich dich zu deinem Glück zwingen.«
Harper hob sofort sein Fahrtenmesser etwas höher. »Das versuch mal. Noch nie gelang es jemandem, mich zu etwas zu zwingen. Ich lasse mir von keinem andern seinen Willen aufzwingen.«
» Mir wirst du gehorchen!«
»Jetzt weiß
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