087 - Das Daemonenauge
Dämonenbanner, die sie aufgestellt hatte, waren zwecklos gewesen.
Es gab für sie keine Möglichkeit, zu helfen.
Dorian fühlte sich müde und völlig zerschlagen. Gemeinsam mit Dembus Familie nahmen sie das Frühstück ein. Dembu hatte vier Brüder und zwei Schwestern, die alle festlich gekleidet waren. Es war Sonntag. Das Essen war einfach. Es gab gesüßten Maisbrei und dazu wurde Kakao getrunken. Dembus Familie blickte immer wieder verstohlen Vali an, die so tat, als würde sie die heimlichen Blicke nicht bemerken.
Dorian hatte dem Mädchen von ihrem seltsamen Verhalten während der Nacht berichtet, doch sie hatte sich nicht daran erinnern können.
Dembu kam dem Dämonenkiller verändert vor. Das schwarze Gesicht des jungen Negers war aufgedunsen, die dunklen Augen lagen tief in den Höhlen, und seine Hände zitterten, während er den Maisbrei appetitlos löffelte.
„Wir gehen jetzt in die Kirche“, sagte Dembu, und dabei blickte er Vali offen an.
„Wir kommen mit“, sagte das Mädchen.
„Die Kirche ist im nächsten Dorf“, sagte Dembu. Er schwitzte stark. „Danach findet ein Hahnenkampf statt.“
Valis Augen leuchteten auf.
„Das will ich unbedingt sehen“, sagte sie. „Wir gehen doch?“ wandte sie sich an Dorian, der nickte. „Der Hahn ist Revels ganzer Stolz“, erklärte Dembu. „Er trainiert jeden Tag vor der Arbeit mit ihm. Er nennt ihn Marcel. Heute soll er seinen ersten Kampf bestreiten. Das ist ein großer Tag für meinen Bruder.“
Dorian nickte. Ein Hahnenkampf war für die einfachen Bauern Haitis eine der wenigen Abwechslungen und Aufregungen in ihrem monotonen Leben.
Sie gingen zwanzig Minuten lang, bis sie das Nachbardorf erreicht hatten. Es war etwas größer als Dembus Dorf. Aus allen Nachbardörfern strömten die Eingeborenen zusammen. Dorian Hunter und Jeff Parker, aber vor allem Vali erregten einiges Aufsehen.
Die Kirche war ein einfacher Bau mit wenigen Bänken und einem primitiven Altar.
Dorian hielt sich während der Messe im Hintergrund der Kirche auf. Der Priester, ein junger Farbiger, las die Messe. Er hielt eine ziemlich lange Predigt, deren Inhalt Dorian nur bruchstückweise verstand, während Parker kein Wort mitbekam.
Dorian war kein gläubiger Mensch, aber er fand es ergreifend, mit welcher Inbrunst diese armen Leute beteten und sangen. Die Menschen wurden getröstet durch die Worte des Priesters. Die meisten hatten kaum genug zum Leben.
Nach der Messe versammelten sich alle auf dem Hauptplatz des Dorfes. Sie lungerten um den Kampfplatz herum, klatschten, tranken Tafia und aßen mit Honig bestrichene Maisfladen.
Dembu zerfiel zusehends. Er sah krank aus und konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten.
Revel, sein Bruder, konnte seine Aufregung kaum zügeln.
Dorian blickte Revels Hahn an. Der Kamm des Tieres war abgeschnitten, und die Federn am Hals und an den Schenkeln ausgezupft. Die Sporen waren zugespitzt.
Der Hahn, gegen den Marcel kämpfen mußte, war ein alter, erprobter Kampfhahn, siegesreich in einem Dutzend harter Kämpfe.
Auf einem Stuhl saß der Schiedsrichter, der auch die Wetten annahm.
„Ich wollte schon immer einen Hahnenkampf sehen“, sagte Parker fasziniert.
Die Menge schrie durcheinander.
Revel löste die Kapuze von Marcels Kopf, und der Hahn wollte in seine Hand hacken. Er hob den Hahn hoch und leckte die Sporen ab zum Beweis, daß sie mit keinem Gift beschmiert waren. Dann führte er Marcel einige Male auf dem Kampfplatz hin und her. Marcel wollte sich augenblicklich auf seinen Gegner stürzen. Er sträubte sein Gefieder und gab seltsame glucksende Laute von sich. Die Wetteinsätze waren nicht hoch. Es wurden nur wenige Gourdes auf Marcel gesetzt, während sein Gegner, der von seinem Besitzer Claude genannt wurde, das Vertrauen der Eingeborenen besaß.
Revel trank einen Schluck Schnaps, dann besprühte er seinen Hahn damit. Danach fettete er die dünne Leine und die Sporen des Hahnes mit Fett ein.
Und dann war es endlich soweit. Der Schiedsrichter gab das Zeichen, und der Kampf begann.
Die Spannung hatte den Höhepunkt erreicht. Alles schrie wild durcheinander. Der Lärm erinnerte an Donnergrollen. Federn flogen durch die Luft.
Dorian wandte sich ab. Er fand an Hahnenkämpfen genauso wenig Spaß wie am Stierkampf. Jeff Parker und Vali sahen jedoch fasziniert zu.
Alkoholdunst und Schweißgeruch hingen in der Luft. Die Hähne hackten wie verrückt aufeinander ein. Revel führte sich wie ein Wahnsinniger auf.
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