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087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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mehrere Stunden, und als Leslie schließlich aufstand und sich streckte, machte er eine Bemerkung, der ein gewisser Wahrheitsgehalt nicht abzusprechen war.
    »Wie die Sache auch läuft, wir müssen miteinander schwimmen oder untergehen.«
    Leslie kehrte in seine Wohnung zurück, wo ihn ein stämmiger grauhaariger Schiffskapitän erwartete. Captain Tiggerly war kein anständiger Mann, selbst wenn man die großzügigsten Maßstäbe der rauhen Seefahrt anlegte. Seine erste Expedition hatte unter der Unzufriedenheit seiner Mannschaft gelitten, worauf er ganz auf sich gestellt Ordnung schaffte, nicht ohne dabei einer Anklage wegen Totschlags nur mit Mühe zu entrinnen.
    Seine Bereitschaft, eine zweite Expedition zu unternehmen, hatte jedoch in keiner Weise nachgelassen.
    »Der alte Kasten ist wieder im Schuß, Mylord« - mit diesem Titel pflegte er sich für die ihm erwiesenen Wohltaten zu bedanken -, »und ich könnte binnen einer Woche alle erforderlichen Vorräte verladen ...«
    »Finden Sie denn überhaupt eine Mannschaft?« fragte Leslie.
    Tiggerly grinste. »Nichts leichter als das«, erwiderte er. »Ich habe schon so eine Art Mannschaft beisammen - ich mußte Zement aufnehmen -«
    »Wo liegt das Schiff?«
    »Im Pool«, erwiderte der Kapitän schnell. »Sie können hinkommen und es sich ansehen, wenn Sie wollen.«
    Leslie verließ das Zimmer und sprach mit dem Dienstmädchen.
    »Nein, Sir«, erklärte es. »Miss d'Orton ist zum Essen ausgegangen. Ein Herr hat sie abgeholt. Er wollte Sie übrigens sprechen.«
    Leslie nickte und begab sich wieder ins Arbeitszimmer, wo er sich an den Schreibtisch setzte und Tiggerly anstarrte.
    »Es gibt da einen Mann namens Mortimer«, begann er. »Man findet ihn häufig in einem Jugendklub in Wapping .«
    Nahezu einen Monat später ereigneten sich in der Nähe von Dartmoor merkwürdige Dinge. Am Morgen des 23. Dezember hörten die Einwohner der Dörfer in dem näheren Umkreis von Princetown einen Böllerschuß. Der dumpfe, unheimliche Knall konnte nur eines bedeuten. Die Farmer riefen ihre Leute zusammen und wiesen sie an, alle Scheunen abzusperren und sämtliche Fenster gut zu verschließen. Einige Zeit später rollten Autos mit Polizisten und Zuchthausbeamten durch den Nebel, der über dem Moor lag, und man erfuhr von der Flucht eines Sträflings, der wegen Mordes eine lebenslängliche Zuchthausstrafe zu verbüßen hatte. Aus dem Nebel wurde Regen, und vom Kanal her kam ein Sturm auf.
    Die folgende Nacht sah einen Mann, der sich nur im Schutz der Dunkelheit vorwärts wagte, auf dem Weg nach Exeter. Er erreichte einen Hügel und ließ sich auf einem Felsblock nieder, um zu verschnaufen. Er war in ausgezeichneter Verfassung, hatte aber an diesem Tag noch nichts gegessen, dafür jedoch seit Sonnenuntergang sechzehn Meilen in einer Gegend zurückgelegt, die vorwiegend unbekannt für ihn war. Inzwischen war es längst dunkel geworden; er befand sich auf einem schmalen, steinigen Weg. Der Mann hatte keinen trockenen Faden am Leib; seit ihm die Flucht geglückt war, hatte es nicht zu regnen aufgehört.
    Der Himmel schien sämtliche Schleusen geöffnet zu haben. Die linke Ferse des Flüchtlings war mit Blasen bedeckt, er hatte sich beide Hände an Dornen aufgerissen, und die kleinen Kratzer verursachten mehr Schmerzen, als man ihnen zugetraut hätte. Aber es gab auch angenehme Dinge: den würzigen Geruch des Rauchs aus dem Kamin eines Bauernhofs, das Lachen eines Kindes, ins Freie dringend, bevor die Mutter das Fenster schloß, die fernen Lichter eines winzigen Dorfes im Moor.
    Er sehnte sich nach einer Zigarre - sogar mit einer Zigarette oder einer Pfeife wäre er zufrieden gewesen. Aber Wünsche sind schweres Gepäck. Der Mann erhob sich steif und schritt auf der anderen Seite den steilen Abhang hinunter.
    Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß hier Gefahr lauerte, daß man ihn beobachtete. Einmal glaubte er Hufschlag zu hören ...
    Der Hügel fiel scharf nach rechts ab, und der Mann mußte bei jedem Schritt achtgeben. Er sah und hörte nichts als den Regen. Weit oben im Norden nahmen die tiefhängenden Wolken einen rötlichen Schimmer an. Eine große Stadt, dachte er - Exeter. Oder vielleicht ... Nein, es mußte Exeter sein. Aber war das nun Norden oder Osten? Der Wind verhalf ihm zur Lösung. Diese Stürme drehten sich stets vom Atlantik herein - Südwest. Das Glühen am Himmel zeigte sich links vorne, während der Wind von hinten herankam. Also Norden.
    Er hastete den Pfad hinunter,

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