0870 - Tabitas Trauerhalle
Bewegungen festzustellen. Der Bau lag da, als wäre er eingefroren.
Kein Bewegung. Eine kompakte Stille, in der sich das Böse gut verbergen konnte.
Ich geriet in die Nähe des Hauses. An der Rückseite entdeckte ich eine schmale, leider verschlossene Tür. Ich sah schiefe Fenster, in denen das Glas alter und im Laufe der Zeit schmutzig gewordener Scheiben düster schimmerte.
Das Haus war in der unteren Hälfte stabil, denn man hatte damals Steine aufeinander gepreßt. Weiter oben zeigte es eine Holzkonstruktion, in der auch die Fenster ihren Platz gefunden hatten.
Wenn ich an der Rückseite nicht hineinkam, wollte ich es an der Vorderseite versuchen. Der Weg dorthin war schnell zurückgelegt, und es hatte mich auch niemand gestört. Ich konnte schalten und walten, wie ich wollte, war aber sehr vorsichtig. Obwohl mir Tabita nicht bekannt war, mußte ich davon ausgehen, daß sie eine Falle aufgebaut hatte, in die ich hineintappen sollte.
Noch war es nicht soweit.
Die Stille vor dem Haus unterschied sich in nichts von der an der Rückseite. Bis auf das Singen der Vögel war nichts anderes mehr zu hören.
Ich wartete.
Schaute mich dabei um.
Keine Spur von Jane, keine von Tabita, aber in dieser jetzt klaren Luft lag ein gewisses Unheil, das war für mich zu spüren. Es lauerte dort wie hingeklebt, und die Härchen auf meinen Armen stellten sich aufrecht. Irgend etwas stimmte nicht, da kam einiges zusammen, das in mir diesen Druck auslöste.
Auch an der Frontseite zeigten die Fensterscheiben einen schmutzigen Film. Wer hier lebte, der hatte kein Interesse daran, irgend etwas besonders sauber zu halten, was mich aber nicht störte, denn das Innere des Hauses war wichtiger.
Eine alte Holztür, farblich eine Mischung zwischen Grau und Schwarz, war nicht verschlossen. Mit dem hochkant gestellten Fuß drückte ich die Tür nach innen, und das Innere des Hauses gab mir auf seine Art und Weise eine Antwort.
Es begrüßte mich mit einer Luft, mit deren Geruch ich zunächst nicht zurecht kam. Es stank irgendwie verbrannt, es roch nach alten, schwarzen Dochten und nach dem Schein ausgeblasener Kerzenflammen. Mein Blick fiel in einen großen Raum. Er war direkt von der Eingangstür aus zu erreichen, es gab keinen Flur, keinen Korridor, diese Aufteilung war für ein altes Bauernhaus typisch.
Alt und leer.
Niemand empfing mich. Weder ein Mensch noch ein Tier. Ich trat allein in die Stille hinein und gleichzeitig in ein graues Licht, das durch die Scheiben sickerte und sich auf dem Boden verteilte, als hätte jemand helles Wasser ausgeschüttet.
Die Helligkeit war nicht überall, dafür zeigte der Raum zu große Ausmaße. Ich sah auch die Einrichtungsgegenstände: die beiden Regale, den Tisch, einige Stühle, und selbst bei diesem schlechten Licht fiel mir der Staub auf, der alles bedeckte wie Puderzucker. Ich ging weiter, schaute zu Boden und erkannte, daß nicht nur meine Füße in der Staubschicht Spuren hinterlassen hatten. Auch andere waren zu sehen, kleinere, die zwar in den Raum hineinführten, dann aber nach links abknickten, wo sie sich mit einer zweiten Spur trafen und dort zu einem wirren Muster wurden.
Es war also jemand hier gewesen. Und aller Wahrscheinlichkeit nach war dieser Jemand noch immer da.
Kleinere Abdrücke - Frauenspuren.
Tabita war eine Frau!
Wartete sie auf mich?
Hinter mir schloß sich die Tür. Ich warf einen kurzen Blick zurück. Es war keiner da, der sie berührt hätte, sie fiel von ganz allein wieder zu.
Ich holte tief Luft.
Allmählich hatte ich mich an den Geruch gewöhnt. Zwischen den Wänden lag eine Spannung, die sich auf mich übertrug. Daran zu merken, wie es auf meiner Haut kribbelte.
Ich ging weiter.
Bis ich das Lachen hörte. Es traf mich von der Seite, und ich drehte mich um.
Aus dem Dunkel im Hintergrund des Hauses löste sich eine Gestalt, die ganz in Schwarz gekleidet war und aussah, als wäre sie einem Gespensterreich entsprungen.
Das mußte Tabita sein!
***
Ich tat nichts und wartete auf sie. Furcht vor mir zeigte sie nicht, denn sie schob sich näher heran, aber mir entging auch nicht ihre Vorsicht, mit der sie sich bewegte.
Von ihrem Gesicht sah ich so gut wie nichts. Erst als sie ziemlich nahe an mich herangekommen war, erkannte ich den Grund. Ein Schleier bedeckte die Gesichtszüge. Diese Person sah aus wie eine Witwe, die sich noch in tiefer Trauer befand.
Sie blieb stehen und nickte. »Also doch«, sagte sie leise. »Ich habe es gespürt.«
»Was
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