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0871 - Der silberne Tod

0871 - Der silberne Tod

Titel: 0871 - Der silberne Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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oder auf eine Liege zu betten, mich erst einmal um ihn zu kümmern und würde mich dann mit dem Abbé in Verbindung setzen, wobei mir plötzlich einfiel, daß ich einen Frauenschrei gehört hatte.
    Auf dem Weg blieb ich stehen. Starr, so starr, daß mir Suko beinahe abgerutscht wäre.
    Eine Frau im Haus!
    Sie mußte noch dort sein, es sei denn, sie wäre heimlich aus dem Fenster geklettert.
    Der Gedanke an sie hatte auch meine Kräfte mobilisiert, denn ich ging jetzt schneller, weil ich unbedingt eine Lösung haben wollte. Ich mußte mehr über die Person wissen - und sah sie, als ich das Haus betreten hatte.
    Sie gab sich auch nicht die Mühe, sich zu verstecken. Sie stand im vollen Licht der Lampe, und beim ersten Hinsehen hatte ich den Eindruck, eine Zigeunerin zu sehen, eine verdammt hübsche Zigeunerin mit dunkler Haut, großen, schwarzen Augen, einem herrlichen geschwungenen Mund und einer schwarzen Lockenpracht, die bis zu den Schultern reichte.
    Ich nickte ihr zu.
    Sie atmete heftig. Der feste Busen wogte unter dem dünnen Pullover. Sie trug schwarze Jeans, die hauteng saßen, und ihre Füße steckten in roten Leinenschuhen, auf deren Oberfläche Straßschmuck schimmerte.
    »Bonjour«, grüßte ich.
    Sie schwieg, schaute nur auf Suko, und als ich in ihre Nähe kam, streckte sie den rechten Arm aus.
    »Ist er tot?«
    »Zum Glück nicht.«
    Sie drehte den Kopf zur Seite. Es war ihr wohl peinlich, weitere Fragen zu hören, aber ich wollte mehr von ihr wissen. »Wo kann ich meinen Freund hinlegen?«
    Sie schaute hoch, ich sah für einen Moment in ihre großen Augen, dann flüsterte sie: »Kommen Sie mit, bitte.«
    Ich ging hinter ihr her.
    Sie öffnete die zweite Tür auf der rechten Seite des Gangs. An der Tür hing Schweinchen Dick, und sie machte mir auch Licht, so daß ich feststellen konnte, in welcher Umgebung ich mich befand, in einem Kinderzimmer. Also hatte sich mein Verdacht bestätigt.
    Das Bett war lang genug. Ich legte Suko auf die bunte Decke nieder und bemerkte, daß die Frau neben mir stand. »Ich heiße übrigens Ramona«, sagte sie. »Ramona Lacombe.«
    »Wie bitte? Sind Sie die Tochter?«
    »Nein, die Nichte.«
    »Er ist also Ihr Onkel?«
    »Ja.«
    Ich wollte sie jetzt nicht fragen, was sie hier im Haus tat, dazu war später noch Zeit, für mich kam es darauf an, andere Zusammenhänge zu erfahren, und zwar von Lacombe selbst.
    »Pardon, Monsieur…«
    »Sinclair, John Sinclair.«
    »Ja, Monsieur Sinclair.« Sie lächelte scheu und schob dabei die Ärmel des Pullovers hoch. »Ich… ich… will mich ja nicht aufdrängen, aber ich könnte mich um Ihren Freund kümmern, da ich etwas von der Krankenpflege verstehe. Wäre Ihnen das recht?«
    Gern ließ ich Suko nicht in fremden Händen zurück. Ich schaute in ihre Augen. Oft stand darin zu lesen, wie ehrlich oder vertrauenswürdig der Mensch war. Jedenfalls las ich darin nichts Negatives.
    Bisher hatte ich keinen Grund gehabt, ein Lächeln zu zeigen, das holte ich nun nach. »Ja, Ramona, wenn Sie diese Freundlichkeit hätten, wäre ich Ihnen sehr verbunden.«
    »Danke, John, ich werde mich bemühen. Wissen Sie, ich habe nichts tun können. Ich lebe hier seit zwei Tagen bei meinem Onkel. Ich habe seine Angst gespürt, die schon keine Angst mehr war, sondern der reine Horror. Irgend etwas ist mit ihm vorgegangen, so kannte ich ihn nicht, und dann hat er plötzlich auf einen Menschen geschossen. Ich habe es mitbekommen, ich mußte schreien, ich sah den Menschen fallen und dachte, er wäre tot.«
    »Zum Glück lebt er. Mein Freund hat einen Streifschuß abbekommen, leider hat die Kugel eine Furche in die Kopfhaut gerissen und…«
    Sie berührte mich leicht mit ihren Fingern. Ich spürte die Wärme ihrer Haut. »Keine Sorge, ich werde vorsichtig sein«, murmelte sie.
    »Danke.«
    Ich ließ sie zurück. Nun wußte ich, daß sich Suko bei ihr in guten Händen befand.
    Im Flur war es still geworden. Deshalb hörte ich auch das Rauschen des Wassers. Mir fiel ein, daß ich im Zimmer auch ein Waschbecken gesehen hatte, und Ramona würde versuchen, die Wunde des Inspektors behutsam auszuwaschen.
    Joseph Lacombe hockte auf dem Boden. Einen Arm ausgestreckt, den Stahlring um das Geländer gelegt. Er schaute mich nicht an, sondern stöhnte leise, und mit der freien Hand fuhr er immer wieder über die Wunde an seiner Stirn hinweg.
    »Wie schlimm sind Sie verletzt?« fragte ich.
    »Es geht.«
    »Nichts gebrochen?«
    »Nein.«
    »Verstaucht?«
    »Weiß nicht.

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