0871 - Der silberne Tod
zusammensetzen und reden.«
Damit war ich einverstanden. Zuvor aber schaute ich nach Suko. Ramona war noch immer bei ihm.
Sie kümmerte sich sehr sorgfältig um ihn, und sie hörte mich auch kommen.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte sie und lächelte. Das Licht der Lampe streute gegen ihr Gesicht und fing sich in den kirschdunklen Pupillen. »Sie können ganz beruhigt sein…«
»Ich glaube Ihnen, Ramona«, sagte ich, fing noch ein Lächeln von ihr auf und verließ den Raum.
Ich war gespannt darauf, was dieser Joseph Lacombe dem Abbé und mir zu berichten hatte…
***
Joseph Lacombe hatte uns in einen Raum geführt, der zu seinen Privatzimmern gehörte. Er lag in der ersten Etage, war spartanisch, eingerichtet, aber mit zahlreichen Büchern bestückt, und auf eine Hausbar hatte der Mann nicht verzichten wollen. Die Flaschen standen in einem Globus, von dem die obere Hälfte fehlte. Wir alle konnten einen Schluck vertragen, und Lacombe holte Gläser.
Der Abbé entschied sich für einen Pastis, ich wollte Cognac trinken, ebenso wie der Hausherr.
»Auch Wasser dazu?«
»Ja, gegen den Durst.«
Aus einem kleinen Kühlschrank holte er eine große Flasche Mineralwasser.
Wir tranken zuerst den Alkohol, dann schenkten wir Wasser in die Gläser. Lacombe nahm zwei Tabletten gegen die Kopfschmerzen ein und schob den Schwenker zur Seite. Er hatte auch nur einen sehr kleinen Schluck genommen.
»Ich möchte mich noch einmal bei Ihnen entschuldigen, Monsieur Sinclair«, sagte er, »aber ich befinde mich in einer Lage, die nicht gut für mich ist.«
»Vergessen wir die Sache.«
Wir saßen im Kreis, und der Abbé legte eine Hand auf Lacombes Unterarm. »Es wird am besten sein, wenn du berichtest, Joseph. Beginne mit dem, was dich bedrückt. Du kannst offen sprechen. John Sinclair ist ein guter Freund von mir, ebenso wie Suko. Ich habe die beiden nicht grundlos kommen lassen. Sie sind weder Richter noch Ankläger. John wird zuhören und bestimmt die richtigen Schlüsse ziehen.«
Lacombe sah nachdenklich aus. »Was bestimmt nicht einfach ist«, murmelte er.
»Das wissen wir. Aber auch wenn etwas irrational erscheint, so kannst du mit John reden, obwohl er kein Psychotherapeut ist, aber er hat Erfahrungen sammeln können. Er fängt oft genug dort an, wo andere aufhören.«
Joseph trank einen Schluck Wasser. »Ja, das brauche ich jetzt.«
»Dann gib dir den Ruck.«
Durch die Nase holte er tief Luft. »Sie werden sich darüber gewundert haben, John, wie es hier aussieht, aber ich leite die Nebenstelle eines Kinderheims. Im Moment bin ich allein, abgesehen von Ramona, aber sobald die Ferien vorbei sind, wird es hier wieder mehr Leben geben. Es sind besondere Kinder, die sich hier versammelt haben. Ohne näher darauf eingehen zu wollen, möchte ich sagen, daß es Kinder von katholischen Priestern sind, für die ich sorge, ich, ein ehemaliger Abbé, der seinen Orden verlassen hat, wie einige andere auch.«
»Gehörten Sie zu den Templern?«
»Ja.«
»Und Sie wollen nicht mehr mitmachen?«
»So ist es.«
»Aber es ist keine Schande, wenn es sich jemand anders überlegt, Joseph.«
»Das weiß ich auch. Nur verlief bei mir der Fall anders.« Er senkte den Kopf und knetete die Haut an seiner Stirn. »Mein Gott, warum fällt es mir denn so schwer, darüber zu reden?« Er gab sich selbst die Antwort. »Es sind die Schuldgefühle, die verfluchten Schuldgefühle. Nur sie tragen die Verantwortung an meinem Dilemma.«
»Jeder macht Fehler, Joseph.«
»Da haben Sie vollkommen recht, John. Aber mein Fehler war zu schwerwiegend.«
»Inwiefern?«
»Ich habe meine Freunde verraten.«
»Die Templer?«
»Ja.«
Ich warf dem Abbé einen fragenden Blick zu, und Bloch nickte mir zu. Es war also so gewesen, er hatte die Templer verraten, und es mußte ein schwerwiegender Verrat gewesen sein. »Wollen Sie darüber in Einzelheiten mit uns sprechen?« fragte ich ihn.
»Warum nicht? Ich habe mich blenden lassen. Ich bin ausgestiegen. Andere haben mich gelockt. Ich geriet an die Gruppe der Templer, die so völlig anders lebten. Sie dienten nicht mehr den Idealen, wie ich sie gekannt habe. Sie schlugen einen anderen Weg ein, und ich erfuhr von der Faszination Baphomets. Er war plötzlich mein Gott oder Götze. Ich habe alles vergessen, was mir einmal hoch und heilig gewesen ist, und so geriet ich in den Mahlstrom des Bösen und kam einfach nicht daraus hervor. Baphomet bestimmte mein Leben, Baphomet war die Person, um die sich alles
Weitere Kostenlose Bücher