0876 - Der Dämon von Nigeria
Jeder gute Heiler wird sich freuen, dir zu Diensten sein zu können, wenn du ihn damit bezahlst. Wer weiß, vielleicht heilt der Schenkel wieder so weit, dass du gehen kannst.«
Awale hatte sein Angebot mit aller Beiläufigkeit im Tonfall gemacht, derer er mächtig war. Tatsächlich fühlte er Zeitdruck. Was immer Ekeke vorhatte, er musste ihn daran hindern, ehe er es vollbrachte. Sein Vorschlag verfehlte seine Wirkung nicht. Es kam seinem Gegenüber nicht in den Sinn, dass Awale ihn anlügen könnte. Ein Eso setzte taktische Tricks ein und griff auch zur Kriegslist, rühmte sich aber normalerweise einer hohen persönlichen Integrität. Awale hatte durch den Tod seiner Männer einige überzählige Pferde, er konnte eines abgeben, obgleich es ein wertvoller Besitz war. Für ihn waren aber die möglichen Informationen wertvoller.
»Du willst das wirklich tun - mich gehen lassen?«
»Ja, wenn du meine Fragen beantwortest.«
»Aber ich kann zurück zu Ekeke fliehen!«
Awale machte ein überraschtes Gesicht.
»In der Tat! Und was soll das Problem sein? Du wirst ein Problem haben, denn ich denke nicht, dass Ekeke seine unangenehme Angewohnheit, gescheiterte Krieger für seine widerwärtigen Rituale zu missbrauchen, abgelegt hat. Oder irre ich mich da?«
Der Gesichtsausdruck des Verletzten war Antwort genug. Awale hatte ins Schwarze getroffen. Es hätte ihn auch sehr verwundert, wenn der finstere Priester lieb gewonnene Angewohnheiten einfach so abgelegt hätte…
Der Widerstand seines Gefangenen war gebrochen.
»Ich will dir alles erzählen, was ich weiß!«, erklärte er schließlich leise.
»So ist es richtig. Oweulo, bring noch Wasser! Als erstes will ich Folgendes von dir erfahren…«
Und das Verhör begann.
***
Als Zamorra wieder erwachte, hatte er diesen pelzigen Geschmack im Mund wie nach einer durchzechten Nacht mit zu wenig darauf folgendem Schlaf. Er fühlte Schmerzen in seinem Brustkorb, vor allem dann, wenn er Luft holte, und die brütende Hitze lag wie ein schwerer Mantel auf seinem Leib. Er musste sich gar nicht bewegen, um zu bemerken, dass seine Hände an den Handgelenken aneinander gefesselt waren, offenbar mit Plastikklebeband. Als er seine verklebten Augen öffnete, gewöhnten sie sich rasch an das Halbdunkel des Raumes, in dem er auf einer harten Pritsche lag. Die Wände waren kahl. Ihm gegenüber hockte ein Gecko an der Wand und starrte scheinbar teilnahmslos auf den Professor. Zamorra war für die Anwesenheit des Tiers dankbar, schnellte doch bisweilen die Zunge der Echse hervor und schnappte sich einen der umherschwirrenden Moskitos. Zamorras Gesicht war zerstochen, und er hoffte, sich hier keine Malaria zu holen. Es gab noch keine wirklich effektive Impfung gegen diese heimtückische Krankheit, die in ihrer stärksten Form, der Tropica, oft tödlich war und in Afrika jedes Jahr immer noch Hunderttausenden das Leben kostete.
Zamorra hustete. Er hatte brennenden Durst.
Der Raum verfügte über so gut wie keine Einrichtung. Ein Tisch stand an der Wand, und Zamorra konnte eine mit einem Tuch abgedeckte Karaffe entdecken. Wasser, nahm er an. Er raffte sich auf, schwang die Beine zur Seite und setzte sich auf. Alles drehte sich um ihn. Er schloss die Augen und öffnete sie wieder. Seine Beine waren nicht gefesselt. Er erhob sich, ging vorsichtig zum Tisch, nahm das Tuch von der Karaffe. In der Tat, Wasser, und es sah sauber aus. Zamorra war kaum in einer Situation, wählerisch zu sein. Er packte die Karaffe und führte sie zum Mund. Das Wasser war unangenehm warm, aber es spülte den schlechten Geschmack davon und löschte seinen Durst.
Zamorras Blick klärte sich. Er musste nicht an der Tür rütteln, um herauszufinden, dass sie verschlossen war. Erst jetzt realisierte er, dass etwas sehr Vertrautes, ja Selbstverständliches fehlte: Der sanfte Druck von Merlins Stern auf seiner Brust. Seine Gegner hatten ihm das Amulett abgenommen, natürlich ebenso den E-Blaster.
Der Professor unterdrückte eine lautstarke Profanität. Obwohl es dumm war, trat er an die Tür heran, griff zum Hebel und drückte ihn herunter. Überrascht merkte er, wie die Tür nach innen aufging. Er lugte durch den Spalt und sah unter einer nackten Glühbirne einen seiner Entführer in stoischer Gelassenheit in einem tanzenden Schwärm Moskitos sitzen, den nackten Oberkörper von einem feinen Schweißfilm bedeckt. Vor der Malaria schien er jedenfalls keine große Angst zu haben.
»Professor?«
Eine sanfte, weibliche
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