0879 - Das Erdmonster
geraten. »Vor der Einsamkeit hier. Du lebst allein, wie ich mir denken kann, und du bist eine Frau, abgesehen von allen Emanzipationsgedanken, da ist…«
Sie winkte mit beiden Händen ab. »Nein, Jill, du liegst nicht richtig. Diese Einsamkeit ist wunderbar. Ich habe sie selbst gewählt, sie fasziniert mich, und ich bin akzeptiert worden von den Menschen, die mir hin und wieder begegneten oder noch immer begegnen. Ich fahre manchmal in den nahegelegenen Ort, um etwas einzukaufen, und ich fühle mich hier wohl, auch wenn mein Haus nicht komfortabel ist, aber es paßt zu mir und meinen Tieren.«
»Du hast Tiere?«
»Ja, einige Schafe noch.«
Jill hatte den düsteren Tonfall bemerkt. »Warum sagst du das in dem Ton, Delphi?«
»Weil ich traurig bin, denn die meisten von ihnen sind umgekommen. Es war ja nicht das erste Beben, das diese Gegend hier erschüttert hat, und es hat meine Tiere erwischt.«
Jill McCall holte Luft. »Sind sie auch verschlungen worden?«
»Verschlungen und ertrunken. Sie rannten in ihrer Panik ins Wasser, einige stürzten auch über Felsen hinweg und wurden zerschmettert. Es war furchtbar für mich.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Jill mit leiser Stimme. »Aber dann hast du nicht recht, wenn du dich auf die Seite der Erde oder dieses Lichts stellst.«
»Wie meinst du das?«
»Ich bin keine Expertin, doch ich frage mich, warum sich die Erde auch an dir rächen will. An dir und deinen Tieren? Du hast ihr nichts getan, im Gegenteil, du willst den Frieden, du willst endlich, daß die Menschen aufhören, diesen Planeten zu plündern. Aber man hat es dir nicht gedankt, wenn ich dich so höre.«
»Das stimmt nur bedingt«, gab Delphi zu. »Ich stehe nicht unbedingt auf der Seite der Erde. Oder nicht mit Haut und Haaren. Ich weiß schon um die Gefahren, und ich denke auch, daß man sie wieder in die Schranken weisen muß.«
Jill kam mit der Antwort nicht zurecht. »Das hört sich aber seltsam an. Du betrachtest die Erde als Gegner…?«
»Nein, nicht die gesamte. Ich bin dafür, daß dieser Raubbau gestoppt wird, aber ich will nicht, daß Menschen zu Tode kommen. Unschuldige Personen wie dein Kollege. Deshalb muß etwas getan werden. Es muß sich jemand aufraffen und gegen die Mächte stemmen, die frei wurden und im Prinzip nicht anders sind, als diejenigen, die ihren Profit aus der Erde ziehen. Verstehst du?«
»Nur unvollkommen«, gab Jill zu.
»Dann will ich konkreter werden. Wir müssen das Licht zerstören.«
Die Reporterin saß unbeweglich auf ihrem Platz. Die Augen geweitet, den Mund nicht ganz geschlossen, und sie atmete heftig durch die Nase ein. »Das ist ein Schlag«, gab sie flüsternd zu. »Für dich ist das Licht ein Feind?«
»In jedem Fall.«
»Warum?«
»Weil es nicht gut ist.«
Jill hob die Schultern. »Das mußt du mir erklären. Wie kannst du merken, ob etwas gut ist oder nicht?«
»Ich spüre es.« Delphi deutete auf ihre Herzgegend.
»Akzeptiert.« Jill nickte. »Ja, ich akzeptiere es. Ich bin es durch meinen Beruf gewohnt, nachzufragen. Wie ist es möglich, daß du es spürst?«
»Weil es Menschen gibt, die mehr oder weniger mit der Natur verbunden sind. Ich gehöre zur ersten Kategorie. Ich habe gemerkt, daß auch die Erde nicht nur gut ist. Daß in ihnen etwas wohnt oder lauert, daß wir durchaus als eine Gefahr ansehen können, und dieses Licht ist für mich eine Gefahr. Also muß es zerstört werden.«
»Das verstehe ich«, murmelte Jill nach einer Weile. Sie schaute auf die graue Decke, die ein wenig von ihrem Oberkörper nach unten gerutscht war. »Aber warum versuchst du es allein? Weshalb suchst du dir keine Helfer, die ebenso denken wie du.«
»Das habe ich in Angriff genommen, meine Liebe. Seit ihr nicht gekommen? Wolltet ihr mir nicht helfen? Meine Berichte, die ich abschickte, waren im Prinzip Hilferufe. Hier oben in der Einsamkeit des schottischen Hochlandes nimmt etwas seinen Anfang oder hat etwas seinen Anfang genommen, das wir stoppen müssen, bevor es sich auf dem gesamten Globus ausbreiten kann.« Sie lächelte.
»Wenn ich mal ganz pathetisch werden soll, dann kann ich sagen, daß von dieser Stelle aus die Rettung der Welt beginnen muß. So und nicht anders ist es zu verstehen.«
»Und das willst du schaffen?«
»Ich nicht allein.«
Jill hatte den Blick der Freundin sehr wohl bemerkt, der ihr galt, und sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich weiß, was du meinst, aber ich fühle mich einfach zu schwach, um an deiner
Weitere Kostenlose Bücher