088 - Die Sumpfhexe
Zweifel“, sagte Dean düster. „Mein Vater ist einem Vampir zum Opfer gefallen. Jenem bleichen Toten, den ich im Sarg an Bord der Galeone liegen sah. Eine andere Erklärung gibt es nicht.“
„Das ist doch hirnverbrannt, Dean“, wandte Corell ein. „Laß Taits Leichnam hier genauestens untersuchen. Dann wird sich herausstellen, wie er das viele Blut verlor und woran er starb.“
„Nichts wird sich herausstellen. Machen wir uns doch nichts vor. Wir haben mit der Schatzsuche etwas geweckt, was besser für alle Zeiten auf dem Grund des Meeres geblieben wäre. Vater soll auf Deer Key begraben werden, in der Nähe der Stelle, wo er den Schatz fand, den größten Triumph seines Lebens erfuhr und sein schönster Traum in Erfüllung ging. So hätte er es sich gewünscht. Wir werden das Ungeheuer zur Strecke bringen, das seinen Tod auf dem Gewissen hat, und wir werden herausfinden, in welcher Beziehung die Sumpfhexe zu dem Mann auf dem Meeresgrund steht, den ich im Sarg liegen sah.“
„Das ist doch kompletter Unsinn, Dean. Das sind Verrücktheiten und Ammenmärchen“, rief Corell.
Aber Dean ließ sich nicht umstimmen. Ellen sagte nichts dazu. Sie wußte, wie starrsinnig Dean sein konnte, wenn er sich auf etwas festgelegt hatte, und wie wenig Sinn es hatte, ihn davon abbringen zu wollen.
Er als nächster Angehöriger hatte zu entscheiden, was mit dem Leichnam seines Vaters geschehen sollte, und er würde ihn nicht hierlassen.
Dean unterschrieb die nötigen Formulare, ehe er mit Corell und Ellen die Klinik verließ. Er rief gleich ein Beerdigungsinstitut an und veranlaßte Taits Überführung nach Deer Key. Dann fuhr er mit dem gemieteten Chevrolet zum Yachthafen.
Die drei hatten keinen Blick für die Schönheit von Miami, den Strand mit der schäumenden Brandung und den Palmen.
Dean wünschte, sein Vater wäre nie auf die Idee mit der Schatzsuche an der Floridaküste gekommen, und sie wären allesamt in New York geblieben. Aber was geschehen war, ließ sich nicht mehr ändern.
Der Tod des Vaters hatte Dean ziemlich mitgenommen, aber die Tatsache, daß Buster noch nicht zurückgekehrt war, gab ihm den Rest.
„Irgendeine Höllenbrut haben wir da auf dem Meeresgrund aufgestört“, sagte er zu Ellen. „Die Sache ist noch lange nicht ausgestanden, da bin ich sicher. Vaters Tod war erst der Auftakt.“
Das blonde Mädchen fröstelte. Es lag nicht an der frischen Brise, die vom Meer her wehte. Bisher hatten die Männer sich ihr gegenüber unbeschwert gegeben, hatten es vermieden, sie in ihre Gespräche über Taits Krankheit einzubeziehen.
Doch jetzt riß das aufkeimende Grauen auch sie mit in den Strudel der schrecklichen Ereignisse.
Dean Tait hielt es für richtig, den Sheriff von Key Largo einzuschalten.
Timothy Keyes leistete ganze Arbeit. Er ließ das Sumpfgelände mit Hubschraubern absuchen. Außerdem war ein Trupp von acht Männern unterwegs, der den Pfaden folgte, die Buster am Vortag genommen haben mußte.
Dean, Corell und Ellen empfingen den Sheriff an Bord der Yacht. Keyes war ein mittelgroßer, zäh und drahtig wirkender Mann mit grauen Haaren und grauen Augen.
Er trug eine helle Leinenhose und ein buntes Hawaiihemd, an dem seine Plakette recht deplaziert wirkte. Am Gürtel hatte er eine geschlossene Halfter mit einer schweren 45er-Colt-Government-Pistole, einem Kaliber, das durch Wände schießen und einen Bullen fällen konnte.
„Schöne Sachen, die hier vorgehen“, sagte Keyes unfreundlich. „Wie, zum Teufel, kam Buster Tait auf die Idee, ganz allein durch den Sumpf zur alten Doreen zu spazieren? Auch wenn er aus New York kommt, sollte er wissen, daß es in den Everglades von Schlangen, Alligatoren und Kaimanen wimmelt.“
„Er wollte eine Auskunft von Doreen Carlyle.“
„Wenn die alte Hexe doch endlich mitsamt ihrer Nichte in einem Schlammloch versinken wollte! Immer wieder stiftet sie Unheil. Leider kann ich ihr nicht an den Kragen, sonst säße sie schon längst im Zuchthaus von Fort Lauderdale hinter schwedischen Gardinen. Die Fischer sind abergläubisch, aber von Ihnen sollte man doch erwarten können, daß Sie den Mummenschanz nicht mitmachen!“
„Doreen hat uns einen wertvollen Tip für die Schatzsuche gegeben“, erklärte Dean. „und Buster hoffte, einen Heiltrank für meinen Vater zu bekommen.“
„Ich hörte, daß Norman Tait gestorben ist. Inzwischen sind schon über zwanzig Reporter aufgekreuzt. Und es werden noch weitere kommen.“
Keyes irrte sich
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